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Kirgisiens Präsident reist zwecks Geldes in die Türkei


Kirgisiens Präsident Sadyr Dschaparow bereitet sich vor, der Türkei einen Besuch abzustatten. Der Termin der Reise wird noch präzisiert, doch schon jetzt wird die Unterzeichnung eines großen Pakets von Dokumenten angekündigt. Beobachter erläutern dies mit dem Wunsch der Offiziellen, die negative Wirkung das faktisch ergebnislosen Russland-Besuchs von Sadyr Dschaparow zu verringern. In Bischkek rechnet man mit türkischen Investitionen und finanzieller Hilfe im Vorfeld der Parlamentswahlen, die für den kommenden Herbst geplant sind. Vorerst aber konfiszieren die Herrschenden Mittel ehemaliger Staatsbeamter, die in Korruptionsfällen verwickelt sind.

Kirgisien ist pleite. Die neuen Herrschenden versuchen, den Haushalt der Republik durch die Nationalisierung der größten Goldlagerstätte „Kumtor“, die durch das kanadische Unternehmen Centerra Gold Inc. ausgebeutet wird, aufzufüllen. Bischkek hat dem Unternehmen Strafen von fast fünf Milliarden Dollar „aufgedrückt“.

Zu einem anderen Posten für ein Auffüllen des Budgets wurde die Korruptionsbekämpfung. Diejenigen, die der Vornahme von „Kumtor“-Vertragsabschlüssen verdächtigt werden, werden zum Verhör vorgeladen. Einige von ihnen ziehen es vor, die Sache nicht bis zu einem Prozess kommen zu lassen, und spenden solide Summe zugunsten des Staates. Unter anderem hat der Ex-Abgeordnete des Shogorku Kenesh (des Obersten Rates – das Landesparlaments) Sergej Ibragimow nach einer Befragung im Staatskomitee für nationale Sicherheit beschlossen, freiwillig 100 Millionen Som (umgerechnet etwa 1,2 Millionen Dollar) an den Landeshaushalt zu überweisen. Nach Aussagen des Vorsitzenden des Staatskomitees für nationale Sicherheit Kamtschybek Taschijew seien vier Strafverfahren im Zusammenhang mit „Kumtor“ eingeleitet worden. Als Zeugen wurden bereits der Ex-Angeordnete Tursuntai Salimow, aber auch die früheren Premierminister Temir Sarijew und Igor Tschudinow befragt.

Es gibt auch schon erste festgenommene – der Ex-Regierungschef Omurbek Babanow, der Bruder des früheren Präsidenten Kirgisiens Sooronbai Dscheenbekow, Asylbek Dscheenbekow, und der Abgeordnete Torobai Sulpukarow. Ein Gericht sanktionierte deren Festnahme für zwei Monate.

Nach Meinung von Experten „sind dies nicht die letzten Festnahmen“. Das Internetportal 24.kg meldete, dass Strafverfahren gegen weitere fünf Abgeordnete des Shogorku Kenesh eingeleitet worden seien.

Wie das Internetportal „Eurasia Today“ informierte, haben die Rechtsschutzorgane Kirgisiens eine Bekämpfung der Korruption entsprechend einem Programm begonnen, das man im Volk als „Abspecken“ bzw. „Entrahmung“ bezeichnete. Die früheren Staatsbeamten, die dem Staat einen wirtschaftlichen Schaden zugefügt haben, machen ihn „freiwillig“ im Gegenzug für ihre Freiheit wett. Beispielsweise hat der frühere stellvertretende Zoll-Chef Raimbek Matraimow, dem man Korruptionsschemas beim Zoll vorgeworfen hatte, dem Staat zwei Milliarden Som zurückgegeben. Und der ehemalige Mitarbeiter des kirgisischen Innenministeriums Dschalil Atambajew – 100 Millionen Som.

„Die Liste der „Entrahmten“ bzw. „Abgespeckten“ wird mit jedem Tag länger. Wenn dabei der Haushalt nicht aufgefüllt wird, bedeutet dies, dass die Offiziellen keinen Kampf gegen die Korruption vornehmen, sondern eine Sammlung von Wahlkampfmitteln für konkrete Personen und verdrängen dabei die stärksten Konkurrenten vom politischen Feld“, sagte der „NG“ Prof. Alexander Kobrinskij, Direktor der Agentur für ethno-nationale Strategien. Nach seiner Meinung bleibe die Situation im sozial-ökonomischen Bereich eine schwierige. Die Erwartungen der Bevölkerung vom Machtwechsel haben sich nicht gerechtfertigt und werden wohl kaum aufgehen. „In der heutigen Welt können kleine Staatsgebilde die sozial-ökonomische Situation nicht radikal verbessern. Bei einer eigenen Hilflosigkeit versuchen die Herrschenden lediglich, die Proteststimmungen mit bewährten Methoden zu überwinden, insbesondere durch eine „Bekämpfung der Korruption“, die alle vornehmen, und keiner besiegt sie. Man muss nicht die Korruption bekämpfen, sondern man muss den Boden für die Korruption beseitigen“, meint Kobrinskij. Vorerst aber müsse man, nimmt der Experte an, die Menschen von den realen Problemen ablenken. Dafür müsse man irgendwem die Misserfolge in die Schuhe schieben. Und es sei nicht ausgeschlossen, dass man hinsichtlich des „Kumtor-Falls“ auch Ex-Präsident Sooronbai Dscheenbekow zur Verantwortung ziehen könne.

Der Experte für Zentralasien und den Nahen Osten Alexander Knjasew sagte der „NG“, dass der Kampf gegen die Korruption wie der Versuche aussehe, „sofort und viel“ zu bekommen. „Man kann eine Kuh haben, sie füttern und melken. Man kann sie aber auch schlachten, das Fleisch verkaufen und für kurze Zeit einen gewissen Nutzen haben. Die Korruptionsbekämpfung und der Kampf gegen Investoren in Kirgisien sehen gerade so aus. Dies ist aufgrund der Ausweglosigkeit und des Ausbleibens irgendwelcher Angebote von außen in Form von Krediten oder Zuschüssen so, da es kein Vertrauen gegenüber den Offiziellen gibt“, betonte Knjasew. Dies belege nach seiner Meinung aus der ergebnislose Sotschi-Besuch von Sadyr Dschaparow.

„Die Epopöe mit Centerra Gold. Inc. wird zu Ende gehen. Jedoch wird wahrscheinlich ein analoges Schicksal der Investoren geringeren Maßstabs erwarten. Das Investitionsklima in Kirgisien wird für lange Zeit auf Eis gelegt werden. Daher braucht man auf Investitionen zu für Kirgisien günstigen Konditionen im Verlauf einer langen Zeit nicht zu warten“, nimmt Knjasew an.

Türkische Investitionen könnten nach seiner Meinung keine gewaltigen und entscheidenden für einen Durchbruch in der Wirtschaft sein. Dies können lediglich kurzfristige Geldspritzen sein. Die Türkei werde, wie der Expert meint, seinen Einfluss in Zentralasien verstärken. „Kirgisien ist in diesem Fall ein schwaches Kettenglied in der Region und imstande, sich aufgrund der Ausweglosigkeit auf eine Allianz mit der Türkei einzulassen“, unterstrich Alexander Knjasew.

Alexander Kobrinskij ist ebenfalls der Auffassung, dass die Kirgisen wegen Geldes in die Türkei reisen. „In Russland hat man kein Geld gegeben, da es nichts gibt, was als Sicherung dienen kann. Die kirgisische Führung hat keine Bereitschaft demonstriert, richtig über eine große Finanzhilfe zu verfügen. Es ergibt sich der Eindruck, dass es riskant ist, in Kirgisien Mittel zu investieren. Andererseits, wenn die neuen Offiziellen beweisen, dass sie wirklich darauf eingestellt sind, Ordnung zu schaffen und der Wirtschaft einen neuen Impuls zu verleihen, so wird man mit ihnen sprechen können“, ist Kobrinskij überzeugt. Nach seinen Worten könne die Türkei durchaus Geld geben, um Kirgisien stärker an sich zu binden und insgesamt den Zugang zur Region zu erleichtern.