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Die Opposition hat man auf Verkehrswege gestoßen


Der kurz vor Ende vergangenen Jahres aktualisierte Artikel 267 des russischen Strafgesetzbuches „Unbrauchbarmachung von Transportmitteln oder Transportwegen“ wird allmählich zu einem „Meetings-“ Artikel. In diesem Jahr hat man ihn bereits häufiger als in den vergangenen zehn Jahren zusammen angewandt, erklären Experten des Projekts „OVD-Info“ in einem Bericht. Sie lenkten die Aufmerksamkeit auf die erweiterte Auslegung dieses Artikels, und zwar des Terminus „Bedrohung“, der erlaubt, die Rechtsnorm für die Ausübung von Druck auf Aktivisten anzuwenden.

Bei „OVD-Info“ betont man, dass der Artikel 267 des StGB für eine Diskriminierung von Teilnehmern der Protestbewegung angewandt werde. Die uneindeutigen Formulierungen der neuen Fassung hätten den Geltungsbereich der Strafrechtsnormen erweitert. Und man könne die Aktivisten selbst bei Nichtvorhandensein realer materieller Konsequenzen von Straßenaktionen zur Verantwortung ziehen.

Es sei daran erinnert, dass im Dezember vergangenen Jahres der Artikel korrigiert wurde. In ihm tauchten Verweise auf eine „Bedrohung für das Leben“ aufgrund einer „vorsätzlichen“ Blockierung von Straßen auf. „OVD-Info“ erklärt, dass die Änderungen nicht nur übereilig, sondern unter Verstoß gegen das Reglement der Staatsduma (das Unterhaus des russischen Parlaments – Anmerkung der Redaktion) verabschiedet wurden. In dessen Artikel 105 ist von der Notwendigkeit im Erläuterungsschreiben eine motivierte Begründung für die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen zu geben, was in diesem Fall einfach nicht geschehen war.

Und ungeachtet der früheren Versprechen der Gesetzgeber, dass die Aktualisierung des StGB-Artikels nicht die Kundgebungsteilnehmer tangieren werde, belegt die Praxis das Gegenteil. Beispielsweise sind nach den Aktionen zur Unterstützung von Alexej Nawalny gemäß Artikel 267 rund 23 Verfahren gleich in mehreren Regionen eingeleitet worden. Früher hatte man die Norm über eine Bestrafung aufgrund des Blockierens von Straßen außerordentlich selten angewandt. Von 2009 bis einschließlich 2020 hat man entsprechend diesem lediglich 16 Personen verurteilt. Wobei dies Fälle aufgrund von alltäglichen Vorfällen mit einem offenkundigen Schaden – meistens an Transportmitteln – gewesen waren. Jetzt aber, betonten die Experten von „OVD-Info“, warne die Polizei die ganze Zeit die Demonstranten vor der Möglichkeit, sie gerade entsprechend Artikel 267 des StGB zur Verantwortung zu ziehen.

Im theoretischen Teil des Berichts wird die Aufmerksamkeit vor allem dem Begriff „Bedrohung“ geschenkt. Es sei angeblich unklar, ab welchen Zeitpunkt sie eintrete und worin sie sich äußere. Und wie ernsthaft und unumgänglich müsse sie sein, um gerade wegen ihr zu bestrafen. Denn im Verlauf von öffentlichen Veranstaltungen sei es schwierig, die Situation, die real eine Bedrohung für die Umgebenden schafft, von anderen zu unterscheiden. Dies ziehe das Fehlen eines klaren Mechanismus der Beweisführung nach sich. Und dies bedeute, dass dies den Boden für Missbräuche seitens der Vertreter der Rechtsschutzorgane schaffe. Die Experten von „OVD“-Info schlagen den Offiziellen vor, konkrete Kriterien für eine „Bedrohung“ für das Leben, die Gesundheit, die Sicherheit oder Beschädigung von Eigentum zu erläutern und Formen für eine Beweisführung bezüglich deren Bestehens auszuarbeiten. Oder dieser Begriff müsse aus dem Strafrechtsartikel ausgeschlossen werden.

In dem Report werden die bekanntesten konkreten Beispiele angeführt, beispielsweise der Fall des hauptstädtischen Aktivisten der Bewegung „Zivilgesellschaft“ Gleb Marjasow, den man der Verschwörung zur Entsendung von Menschen auf eine Straßenfahrbahn bezichtigte, was deren Sicherheit in Gefahr gebracht, aber auch Bedingungen für eine Beschädigung von drei blockierten Bussen geschaffen hätte. Der Schaden war mit 1,2 Millionen Rubel beziffert worden. Marjasow selbst wies auf die Widersprüche in den Vorwürfen hin: Wenn die Busse aufgehört haben sich zu bewegen, hätten sie folglich den Menschen keinen Schaden zufügen können. Es gibt auch einen Fall aus Wladiwostok, wonach entsprechend der Version der Untersuchungsbehörden nichtermittelte Personen aus dem örtlichen Nawalny-Stab über das Internet Einwohner zu einer Blockierung des Straßen- und Verkehrsnetzes der Stadt angestiftet hätten.

Wie „OVD-Info“ schreibt, müsse man aus dem Artikel 267 die Möglichkeit ausschließen, Bürger „ohne reale negative Konsequenzen“ zur Verantwortung zu ziehen. Das heißt, man sollte die Verfolgungen aufgrund einer Blockierung von Bürgersteigen und Straßen nur aufgrund einer hypothetischen „Bedrohung“ verbieten. In dem Bericht wird betont, dass auch früher Aktivisten Störungen für den Straßenverkehr und das Transportwesen sowie Behinderungen für Fußgänger vorgeworfen wurden, wozu Artikel des Ordnungsstrafrechts ausgenutzt wurden – „Verstoß gegen die Straßenverkehrsregeln, der die Bewegung der Transportmittel behinderte“ (Artikel 12.30) oder „Blockierung von Transportwegen“ (Artikel 20.18). In diesem Kodex gibt es auch noch die seitens der Offiziellen und Behörden populärsten „Meetings-“ Normen aus dem Artikel 20.2.2 des Ordnungsstrafrechts über die Vornahme eines gleichzeitigen massenhaften Verweilens, darunter, wenn dies die Bewegung von Fußgängern oder Transportmitteln behinderte, und über die Veranstaltung unerlaubter öffentlicher Veranstaltungen, die den Transport oder Fußgänger behinderten. Es sei daran erinnert, dass man ihnen entsprechend sogar für eine nichtvorhandene Schädigung einer Rasenfläche eine Strafe verhängen kann. Die Dezember-Änderungen im Artikel 267 des StGB haben nur nicht das früher existierende Problem der Qualifizierung ein und derselben Handlungen gemäß verschiedenen Artikeln und Kodexen gelöst, die sich hinsichtlich des Umfangs und der Strenge der Bestrafungen signifikant unterscheiden und eher die Situation verschlimmert haben. „Das Spektrum der Artikel ist breiter geworden. Klare Grenzen zwischen ihnen sind immer noch nicht gezogen worden. Und die Auswahl der Sanktionen liegt weiterhin beim Rechtsanwender“, wird in dem Bericht von „OVD-Info“ betont.

In dem Teil des Dokuments, in dem Empfehlungen für die Offiziellen und Behörden angeführt werden, wird vorgeschlagen, sich von sich doppelnden Tatbeständen zu lösen. „Es ist wichtig, die Möglichkeit einer nichtvoraussagbaren und diskriminierenden Rechtsanwendung auszuschließen, wobei für ein und dieselben Handlungen die Teilnehmer von Protestaktionen einer größeren Bestrafung ausgesetzt werden können als andere Teilnehmer der Bewegung auf den Straßen und im Verkehr“. Vorgeschlagen wird gleichfalls, im Artikel 267 festzuschreiben, dass öffentliche Veranstaltungen kein belastender, sondern – im Gegenteil – ein strafmindernder Umstand sind. „Notwendig ist, das Gleichgewicht von Rechten und Interessen zu berücksichtigen, darunter die Wichtigkeit des Rechts auf die Freiheit friedlicher Versammlungen und der Meinungsfreiheit“, unterstreicht man in „OVD-Info“. Und dies verständlicherweise unter Berufung auf die zahlreichen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und dessen klaren Ansagen. Zum Beispiel solch eine: „Jegliche Demonstration an einem öffentlichen Ort kann zu einem bestimmten Grad an Destabilisierung des tagtäglichen Lebens führen, beispielsweise zu Störungen in der Arbeit des Transportwesens. Aber diese Tatsache an und für sich rechtfertigt keine Einmischung in das Recht auf Versammlungsfreiheit, dafür die staatlichen Machtorgane wichtig ist, ein bestimmtes Maß an Toleranz zu demonstrieren“.