Die Parlamentswahlen, die am vergangenen Sonntag in der Republik Moldowa stattfanden, hat Präsidentin Maia Sandu gewonnen. Die Partei PAS, deren formeller Anführer sie ist, hat 63 der 101 Mandate erhalten. Diese parlamentarische Mehrheit wird bis zum August eine neue Regierung wählen, die, wie auch das Parlament, Sandu unterstehen wird; sagte der „NG“ der Chef der Sozialdemokratischen Partei der Republik Moldowa, Victor Șelin. Er betonte, dass den Sieg Sandus auch Moskau gefördert hätte. Die Russische Föderation, die früher den moldawischen Sozialisten sympathisiert hatte, distanzierte sich von dieser Partei. Und die prorussischen Wähler in der Republik Moldowa haben entweder überhaupt nicht abgestimmt oder die Stimmen Sandu gegeben.
Das neue Parlament Moldawiens werden zwei Parteien – die präsidententreue PAS und die Partei „Schor“ – sowie der Block der Kommunisten und Sozialisten bilden. Laut vorläufigen Angaben der Zentralen Wahlkommission der Republik wird die PAS 63 Sitze im Parlament erhalten, die Kommunisten mit den Sozialisten 32, die Partei „Schor“ 6.
Erstmals in der Geschichte des unabhängigen Moldawiens seien im Land die Rechten an die Macht gekommen, konstatierte gegenüber der „NG“ der Leiter des Kischinjower Zentrums für strategische Forschungen und politisches Consulting Anatol Țăranu. „Früher waren die Rechte mit in den Machtstrukturen präsent, aber in einer Koalition mit anderen Parteien, darunter auch den linken. Dieses Mal aber wird die Mehrheit im Parlament durch die Abgeordneten von der rechten Partei PAS gestellt. Wenn man berücksichtigt, dass der informelle Anführer der PAS die Präsidentin ist, so ist klar, wer real die parlamentarische Mehrheit leiten wird. Wie auch die Regierung, die diese Mehrheit bilden wird. Sandu hat somit die absolute Macht in der parlamentarischen Republik erhalten. Doch zusammen mit ihr auch eine gewaltige Verantwortung, erläuterte Țăranu.
Dass Sandu und die neue Regierung unter den Bedingungen einer Wirtschaftskrise arbeiten müssten, sagte der „NG“ der Anführer der moldawischen Sozialdemokraten Victor Șelin. Er betonte, dass das Haushaltsdefizit (700 Millionen Euro) heute durch Kredite moldawischer Geschäftsbanken gedeckt werde. „Die Renten sowie Löhne und Gehälter werden gerade mit diesen Geldern ausgezahlt. Und die Regierung ist bereit, neue Kredite bei ihren Banken aufzunehmen, da eine äußere Kreditversorgung fehlt. Es müssen die Abkommen mit dem IWF und der EU wirken, doch sie sehen eine Anhebung der Tarife für Brennstoffe, Alkohol, Zigaretten usw. vor. Dies wird eine Preissteigerung und verständlicherweise den Unmut der Bevölkerung nach sich ziehen. Also muss die Regierung unter schwierigen Bedingungen arbeiten. Die Regierung wird wahrscheinlich Natalia Gavrilița, die einstige Finanzministerin, anführen. Gavrilița hatte Präsidentin Sandu dem alten Parlament als Kandidatin für das Amt des Premierministers vorgeschlagen, doch die Abgeordneten hatten sie nicht unterstützt“, erzählte Victor Șelin. Er betonte gleichfalls, dass es bei den nunmehrigen Parlamentswahlen „keine Geopolitik gab, erstmals in der ganzen Geschichte der Wahlen in der Republik Moldowa“.
„Die Wähler haben weder für Russland noch für die EU abgestimmt. Sie haben in Gestalt der Partei PAS Präsidentin Maia Sandu unterstützt, da sie ihrem Versprechen geglaubt haben, die Diebe aus dem Parlament und überhaupt aus den Machtorganen zu entfernen. Das russischsprachige Elektorat, dass früher für die Sozialisten stimmte, ist, nachdem es gesehen hatte, dass sich Moskau vom Anführer der Sozialisten-Partei Igor Dodon distanziert hatte, entweder überhaupt nicht abstimmen gegangen oder votierte für Sandu. Und dies sind 200.000 Bürger“, erläuterte der moldawische Politiker.
Șelin sagte der „NG“, dass „Dodon und seine Partei nicht Russland finanzierte, wie viele in Kischinjow sagen, sondern Vertreter der russischen Wirtschaft, die Interessen in Transnistrien haben“. Unter anderem „hat man Dodon wahrscheinlich mit Bitcoins von Mining-Stätten in Transnistrien geholfen“.
Was aber die künftigen Beziehungen Kischinjows mit Moskau angehe, so bestehe nach Meinung von Șelin das Hauptinteresse der Republik Moldowa in Transnistrien. Nach Aussagen des Politikers „hat Moldowa 7,5 Milliarden Dollar Schulden für russisches Gas, die die Republik Moldowa nicht zahlen will, wobei sie darauf verweist, dass dies Schulden von Transnistrien sind“. Jedoch „unterzeichnet Moldowa alljährlich einen Vertrag mit Transnistrien über Gaslieferungen“, merkte Șelin an, „damit dies die nichtanerkannte Republik selbst tut. Und in Moskau weist man Kischinjow darauf hin“.
Der Politologe und frühere moldawische Botschafter in Russland Anatol Țăranu ist gleichfalls der Auffassung, dass Transnistrien das Hauptinteresse von Kischinjow in den Beziehungen mit Moskau sei. „Russland hat Einfluss auf diese Region wie auch auf die russischsprachigen Einwohner in jenem Teil Moldowas, der durch die moldawischen Behörden kontrolliert wird. Zwischen der Republik Moldowa und der Russischen Föderation besteht ein Basisvertrag über Freundschaft und Zusammenarbeit, der prolongiert wird. Die neuen Herrschenden werden ihn nicht lösen. Den vorsichtigen Äußerungen Sandus an die Adresse Russlands und Wladimir Putins nach zu urteilen, ist sie gewillt, mit den russischen Offiziellen Kontakte zu unterhalten“.
Țăranu hob noch ein nicht weniger wichtiges Detail der diesjährigen Wahlen hervor: Das Scheitern der Unionisten (die für eine Vereinigung Moldawiens mit Rumänien eintreten). Die Partei AUR kam nur auf weniger als ein Prozent der Wählerstimmen. Anatol Țăranu behauptet, dass die Unionisten nirgendwohin verschwunden seien. „Sie haben die Sandu-Partei unterstützt.“
Betont werden muss, dass die Gagausen-Autonomie (befindet sich im Süden Moldawiens) und Transnistrien die Stimmen nicht für die Rechten, sondern für den Block der Kommunisten und Sozialisten abgegeben haben.
Und noch ein bezeichnendes Element: Die Wahlbeteiligung bei der Sonntagsabstimmung war die geringste in der ganzen Geschichte der Parlamentswahlen. 1,477 Millionen der Wähler haben an der Abstimmung teilgenommen, das heißt 48,41 Prozent. Zum Vergleich: Bei den Parlamentswahlen im Februar des Jahres 2019 hatten über 50 Prozent der Wähler abgestimmt. Bei den Wahlen von 2014 lag die Wahlbeteiligung über 57 Prozent. Am aktivsten waren die Wähler bei den Parlamentswahlen von 2010, als über 63 Prozent der wahlberechtigten Bürger an die Wahlurnen kamen.
Im vergangenen Jahr lag die Wahlbeteiligung bei den Präsidentschaftswahlen im ersten Durchgang bei 48,54 Prozent. Bei den Stichwahlen übersteig sie 58 Prozent.
Die Zentrale Wahlkommission wird innerhalb von fünf Tagen nach Erhalt aller Protokolle und der anderen Materialien und Dokumente aus den Wahlbezirken eine Abschlussbilanz der Wahlen ziehen und danach die erforderlichen Dokumente und die Liste der gewählten Abgeordneten dem Verfassungsgericht zur Bestätigung vorlegen. In Moldawien hegt keiner Zweifel daran, dass das Verfassungsgericht die Wahlergebnisse anerkennen wird.
Nach Aussagen des Vorsitzenden der Zentralen Wahlkommission Dorin Cimil waren über 54 Prozent der Wähler Frauen. Die meisten Wähler – über 33 Prozent – kamen aus der Altersgruppe 56 bis 70 Jahre. In die Wahllokale im Ausland waren 212.049 Bürger der Republik Moldowa gekommen. Dies ist weniger als bei den Präsidentschaftswahlen im vergangenen Jahr. Die meisten haben für die PAS votiert. Während aber gerade die Stimmen der westlichen moldawischen Diaspora Maia Sandu geholfen hatten, Präsidentin zu werden, so war nunmehr ihre Rolle nicht die entscheidende. Den Sieg der PAS haben Wähler im Land gesichert.
Präsidentin Maia Sandu dankte jenen, die abgestimmt hatten, und versprach, dass „die schwere Ära für Moldowa zu Ende geht und ein Ende der Herrschaft von Dieben einsetzt“. Dies ist das Hauptversprechen von Sandu für das Volk Moldawiens. Ein anderes Programm, insbesondere für ein Herausführen des Landes aus der Wirtschaftskrise haben die Präsidentin und ihr Team nicht.