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Die Unterstützung für die KPRF erreicht ein Maximum seit den letzten zehn Jahren


Die finale Vorwahl-Umfrage des Zentrums für Untersuchungen der politischen Kultur Russlands (ZUPKR) hat gezeigt, dass die jüngsten Auszahlungen an die Rentner und Vertreter der bewaffneten und Rechtsschutzorgane, die durch Wladimir Putin initiiert worden waren, die Kremlpartei „Einiges Russland“ bis auf einen Stand von 23 Prozent Unterstützung gebracht haben. Die halbe Billion Rubel aus dem Staatshaushalt haben jedoch nur einen Zuwachs von drei Prozent beschert. Für die KPRF bleibt ungeachtet der bescheidenen Wahlkampagne die Dynamik des Ratings eine positive. Auf dem zweiten Platz hinsichtlich des Tempos des Anstiegs liegt die Partei „Neue Leute“, die mit zwei Dutzend Abgeordnetensitzen rechnen kann.

Das elektorale Rating von „Einiges Russland“ von 23 Prozent im September, das von einer angenommenen „Gesamtzahl der Wähler“ berechnet wurde, hat den Augustwert um drei Prozent überstiegen. Dies ist aber dennoch weniger als der Wert für den Mai (26 Prozent) und umso mehr für den April (32 Prozent). Die Kommunisten haben einen Stand von 20 Prozent erreicht, die Entwicklung ihrer Werte war hinsichtlich der gleichen Monaten solch eine – 14, 10 und 11 Prozent.

Das ZUPKR, das eine analytische Abteilung der KPRF ist, hat seine Initiativumfrage vom 6. bis 9. September in Form von Telefoninterviews durchgeführt, für die 1500 Personen aus 128 Ortschaft von 80 Subjekten der Russischen Föderation befragt wurden. Die Auswahl ist hinsichtlich der Struktur der Altersgruppen und Zusammensetzung nach dem Geschlecht sowie in Bezug auf die Wohnorte (auf dem Lande oder in Städten bzw. Großstädten) repräsentativ, als maximale Fehlerrate wurde 3,5 Prozent ausgewiesen. Ab dem 12. September sind Veröffentlichungen jeglicher Untersuchungen und Prognosen bezüglich der anstehenden Staatsduma-Wahlen laut Gesetz verboten.

Aus der soziologischen Untersuchung ergibt sich, dass die beiden anderen bisherigen Parlamentsparteien – die LDPR und „Gerechtes Russland – Für die Wahrheit“ – als geschwächte zu den drei Wahltagen kommen. Die Partei von Wladimir Schirinowskij hat ein weiteres Mal zwei Prozent verloren. Im September lag ihr Rating bei sieben Prozent. In der letzten Wahlkampfwoche kann jedoch der Faktor der Fernsehauftritte des Parteiführers die Situation verändern. Was aber „Gerechtes Russland – Für die Wahrheit“ angeht, so ist hier scheinbar keine grundlegende Wende zum Besseren abzusehen. Die Partei von Sergej Mironow, Gennadij Semigin und Sachar Prilepin bleibt bisher in der Zone des Überwindens der Sperrklausel, indem sie eine elektorale Unterstützung von fünf Prozent hat, was im Grunde genommene auch den bisherigen Werte entspricht, die bei sechs bis sieben Prozent lagen.

Auf der Grundlage aller Daten zieht das ZUPKR drei Hauptschlussfolgerungen. Die erste betrifft die Effektivität der operativen Entscheidungen des Kremls, die im Verlauf der Kampagne getroffen wurden und werden. Die Putinschen zusätzliche einmaligen Auszahlungen an die Rentner (10.000 Rubel, umgerechnet etwa knapp 116 Euro) und Angehörigen der Sicherheits-, bewaffneten und Rechtsschutzorgane (15.000 Rubel, umgerechnet etwas mehr als 173 Euro) kurz vor den Wahlen haben doch ihr Ergebnis gebracht. Der Anstieg des Ratings der Kremlpartei „Einiges Russland“ um drei Prozent ist allem nach zu urteilen gerade dadurch verursacht worden. Das zweite Fazit hängt mit der Taktik der Wahlkampagne der KPRF an sich – mit dem Sich-Darstellen als einzige oppositionelle Machtpartei – zusammen. Hier scheint auch alles zu funktionieren. „Im Verlauf der Agitationskampagne erfolgt eine Aggregation der Wählerstimmen um die zwei Antagonisten – die KPRF und „Einiges Russland“. Vom Wesen her kann man von einer Tendenz zur Herausbildung eines realen 2-Parteiensystems bei Vorhandensein von Parteien der zweiten Ebene sprechen“. Ja, und die dritte Schlussfolgerung ist bereits eine strategische: Die „Erosion des Wählerkorps von „Einiges Russland““ dauere angeblich selbst ungeachtet der Hilfe seitens Putins für sie beim Akkumulieren von Stimmen der „früher über die Vertreter von „Einiges Russland“ enttäuschten Menschen“ an.

Bezüglich dieser Schützenhilfe des Präsidenten weisen die Kommunisten darauf hin, dass eine halbe Billion Rubel für drei Prozent mehr beim Rating etwas teuer seien. Das Wichtigste aber sei, wie der Leiter der analytischen Verwaltung der KPRF Sergej Obuchow gegenüber der „NG“ sagte, dass „sie die taktischen Aufgaben für die Zunahme (des Ratings) gelöst haben, obgleich sie (die Kremlpartei) strategisch nach wie vor einbricht: Wenn man noch einmal Gelder auszahlt, wird das Rating der herrschenden Partei noch einmal ansteigen. Aber dies schafft man schon bereits bis zu den Wahlen nicht mehr. Und ohne eine Demonstration von sattsam bekannten konkreten Taten gibt es auch keine Unterstützung“. Irgendwie etwas entgegen seiner Umfrage erklärt der Kommunist: „Die Auszahlungen an die Rentner haben sich als ineffizient erwiesen. Die Menschen sind schon nicht bereit, wie früher den Worten der Herrschenden zu glauben“. Er beharrt, dass „die Zunahme für „Einiges Russland“ durch ihre enttäuschten und früher zu den kleinen Parteien abgedrifteten Wählern, die jetzt zurückgekommen sind, erfolgte“. Nach Meinung von Obuchow würden der Rückgang der regierenden Partei und die Zunahme für die KPRF eine zu große Trägheit dafür, dass sich die Situation zu den Abstimmungstagen radikal verändern könnte, aufweisen.

Bezüglich der Anstrengungen seitens „Einiges Russland“ und der KPRF, Wähler an sich zu ziehen, merkte Obuchow an, dass die Linken die Hauptunterstützung durch die alternative sozial-ökonomische Tagesordnung und die massenhafte Enttäuschung über den Kurs der Herrschenden oder durch „die Ermüdung durch „Einiges Russland““ erhalten würden. Derweil gibt es in der Umfrage des ZUPKR Daten, die man als mit solch einem Bild nichtübereinstimmende ansehen kann. Und obgleich die Kommunisten eine Reihe politischer Strukturen „der zweiten Garde der Parteien“ zugeschrieben haben, demonstriert ein Teil von ihnen eine gehörige Lebendigkeit. Beispielsweise „Neue Leute“ mit einem Rating von fünf Prozent wie auch „Gerechtes Russland – Für die Wahrheit“ oder „Jabloko“ und die Partei der Rentner, die auf jeweils 4 Prozent kommen. Diese Werte haben sie gerade im Verlauf der Wahlkampagne erreicht. Dabei hat das ZUPKR nicht nur die elektoralen Perspektiven der Parteien gemessen, sondern auch Abstimmungsergebnisse für sie vorausgesagt. Bei einer Berechnung auf der Grundlage der Zahl der Befragten, die erklärt hatten, dass sie bei den Wahlen abstimmen würden, kommt „Einiges Russland“ auf 26 Prozent, die KPRF auf 22 Prozent. Die LDPR erhält sieben Prozent und „Gerechtes Russland – Für die Wahrheit“ – fünf Prozent, während „Neue Leute“ auf sechs Prozent kommt. Wenn dem auch so sein wird, werde, wie im ZUPKR ausgewiesen wurde, diese Partei ohne Berücksichtigung der Direktmandate in der künftigen Staatsduma rund 20 Sitze einnehmen. Die Partei der Rentner und „Jabloko“ würden mit ihren vier Prozent wohl nicht ins Unterhaus des russischen Parlaments einziehen.

Die September-Umfrage des ZUPKR hat auch einen früheren Trend bestätigt: Das Rating der KPRF ist unter den Gegnern einer erzwungenen Vakzinierung gegen COVID-19 am höchsten. Von denen gibt es die meisten in den Gruppen der entweder bereits am Coronavirus erkrankten Menschen oder derjenigen, die nicht bemerkt oder erfahren haben, dass sie an COVID-19 erkrankt waren. Die gegen COVID-19 vakzinierten Russen ziehen es vor, für „Einiges Russland“ zu stimmen. Doch unter ihnen erlangen aber auch die Kommunisten immer mehr Unterstützung, freilich zusammen mit der LDPR und „Gerechtes Russland – Für die Wahrheit“. Die gleiche Umfrage belegt aber auch, dass die Gefahr, sich am Coronavirus zu infizieren, acht Prozent der Befragten beunruhigt. Der Anstieg der Preise dagegen 45 Prozent. Im Zusammenhang damit besteht für die Linken das Risiko, einen Teil der COVID-Skeptiker zu verlieren, beispielsweise wenn die Vertreter der Kremlpartei irgendwelche Aktionen zur Unterdrückung der Inflation in Bezug auf die Lebensmittelpreise starten. Allerdings erläuterte Obuchow: Obgleich das Thema der COVID-Tagesordnung im Zusammenhang mit Restriktionen gegenwärtig nicht das dominierende sei, es jedoch nicht gänzlich verschwunden sei. „Die Menschen begreifen ausgezeichnet, dass das Thema der Zwangsvakzinierung nach wie vor aktuell ist. Daher sind die COVID-Skeptiker für die Partei eine der Gruppe für eine Unterstützung“. Insgesamt aber hat die Umfrage belegt, dass die KPRF bisher nach wie vor etwas mehr eine Männer-Partei ist, während „Einiges Russland“ vorrangig eine Partei der Frauen ist. Den Linken gewähren die Wähler des höheren Alters Unterstützung, aber auch Studenten im Alter von 18 bis 25 Jahren. Die KPRF bricht aber bei den Bürgern im Alter von 25 bis 40 Jahren ein. Ja, und auch unter den Rentner bleibt die regierende Partei die dominierende.

Die Partei von Gennadij Sjuganow besitzt gegenwärtig ein Maximum an Unterstützung seitens der Wahlberechtigten seit zehn Jahren soziologischer Messungen. Der letzte Höhepunkt war nach der umstrittenen Rentenreform im Jahr 2018 und lag damals bei 18 Prozent, als die Partei Kundgebungen mit 100.000 Teilnehmern zusammenbekommen hatte. „Im Herbst jenes Jahres haben wir die Wahlen zu vier gesetzgebenden Versammlungen (Regionalparlamenten) gewonnen, aber auch in Chakassien und beinahe im Primorje-Gebiet“, erinnerte Obuchow. Aber das höchste Ergebnis in der Geschichte hatte die Kommunistische Partei 1999 mit 24 Prozent. Möglicherweise haben die Partei jene Ursachen daran gehindert, bis zu diesem gewissen „Gipfel des Kommunismus“ zu gelangen, die in der Umfrage deutlich wurden. Beispielsweise haben auf die Frage, wer der aktivste bei der Wahlkampfagitation sei, 28 Prozent der Befragten geantwortet, dass dies „Einiges Russland“ sei. Elf Prozent nannten die LDPR, und nur zehn Prozent erinnerten sich der Kommunisten. Und dies, obwohl das Interesse für die Agitationsmaterialien der Linken und der Vertreter der Kremlpartei fast gleich groß ist – 13 Prozent bzw. 16 Prozent. Obgleich natürlich Zahl von 24 Prozent jener, die erklärt hatten, dass „alle Agitationsmaterialien nicht interessant sind“, eine bezeichnende ist.

Der Leiter der Politischen Expertengruppe Konstantin Kalatschjow sagte der „NG“, dass die Daten des ZUPKR insgesamt objektiv aussehen würden. „Das Rating der KPRF nimmt sogar laut den kremlfreundlichen Umfragen zu.“ Und der Hinweis darauf, dass die Agitation der Kommunisten nach „Einiges Russland“ und der LDPR in dritter Linie Interesse auslöse, zeuge davon, dass die Partei zu Selbstkritik und einer Reflexion in der Lage sei. „Die Agitation der KPRF bricht aufgrund einiger Ursachen ein. Erstens ist dies das Appellieren an die Geschichte und des Kernelektorats, der fehlende Wille, nicht zu einer nostalgischen bzw. nostalgierenden und ideologischen, sondern zu einer Partei des ganzen Volkes zu werden. Zweitens wirkt die Selbstbeschränkung der Partei in Bezug auf das Einnehmen einer Gegenposition und die aktuelle Tagesordnung, während gerade das generelle Protestelektorat der Partei ein Wachstum sichert. Kurs gesagt, sie verliert, weil sie eine konservative Partei bleibt, die sich langsamer verändert als die Wähler und das Land. Die Linken wollen es sich aber nicht stark mit den Herrschenden verderben“, unterstrich der Experte. Nach seiner Meinung könne die KPRF durchaus 18 bis 20 Prozent (der Stimmen) bei den Wahlen bekommen. Aber der Anspruch auf 25 bis 30 Prozent hätte beim Kreml bereits Fragen ausgelöst. Folglich habe die Partei selbst ihre (Wahl-) Kampagne ausgebremst.

Für die regierende Partei hätten hinsichtlich der elektoralen Tagesordnung drei Momente gewirkt: die einmaligen Auszahlungen an die Rentner, die Aufhebung einer großen Anzahl von sanitärepidemischen Einschränkungen sowie die Ausnutzung des Ärztethemas im Kontext der Post-COVID-Rehabilitation. Dabei könne, wie Kalatschjow meint, für die Herrschenden noch der Faktor der Auszahlungen oder gar die Versprechen neuer, die dann freilich erfüllt werden müssten, wirken. Gegen die regierende Partei wirke jedoch jener Faktor, dass zwar das Thema der COVID-Ängste verschwunden sei, doch sich die Pläne hinsichtlich einer Zwangsvakzinierung scheinbar nirgendwohin verflüchtigt hätten. Dank diesem Thema, das freilich nicht das hauptsächlichste sei, werde die KPRF auch einen Teil an Unterstützung erhalten. Nach Meinung des Expertenwerde bei diesen Wahlen nicht einfach die Wahlbeteiligung alles bestimmen, sondern das Verhältnis der loyalen und der oppositionellen Bürger in den Wahllokalen. Daher „ist sowohl seitens der Herrschenden als auch seitens der Opposition derzeit die Hauptsache, ihre Wähler zu mobilisieren“, unterstrich Kalatschjow.