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Umfrageergebnisse demonstrieren zunehmende Unzufriedenheit in Russland


Neue Umfrageergebnisse des staatlichen Allrussischen Meinungsforschungszentrums (VTsIOM) und der kremltreuen Stiftung für öffentliche Meinung (FOM) über die Haltung gegenüber den Herrschenden haben gezeigt, dass die Stimmungen in der Gesellschaft beginnen, sich stark zu verschlechtern. Innerhalb einer Woche ist nicht so sehr das Vertrauensrating als vielmehr der Grad der Zufriedenheit über die Arbeitsergebnisse der staatlichen Organe zurückgegangen. Vom negativen Trend erfasst wurden sowohl der Präsident und Premier als auch die Regierung zusammen mit den Parlamentsparteien. Obgleich die offiziellen Soziologen versuchen, solch eine Wende ein wenig zu retuschieren, verweisen aber gerade die von ihnen zusammengetragenen Daten darauf.

Auf die VTsIOM-Frage, ob man die Tätigkeit von Wladimir Putin, Michail Mischustin und der Regierung insgesamt billige, antworteten die Befragten; weniger als früher. Im Ergebnis dessen ist das nunmehrige Rating des Präsidenten von 60,4 bis 58,5 Prozent gesunken. Beim Regierungschef wies der Rückgang einen geringeren Wert auf – 1,3 Prozent. Und jetzt liegt sein Rating bei 38 Prozent. Das Ministerkabinett erlebte einen Rückgang von 33,4 auf 31,1 Prozent. Es ist klar, dass die Werte für eine Nichtbilligung aller drei um etwa die vergleichbaren Größen in die Höhe gegangen sind.

Der Hauptparameter der VTsIOM-Umfrage – das Vertrauen gegenüber den Machtorganen – hat sich jedoch bisher nicht ernsthaft verändert. Beispielsweise vertrauen nach wie dem Staatsoberhaupt etwas mehr als 64 Prozent der Befragten. Hier ist es lediglich zu einer geringen Abschwächung der Positionen gekommen. Freilich hat Mischustin bereits mehr als ein Prozent verloren (47,8 Prozent). Dagegen kommen aber auf anderthalb und gar auf zwei Prozent Vertrauensverlust die Führer der LDPR und von „Gerechtes Russland – Für die Wahrheit“, Wladimir Schirinowskij und Sergej Mironow.

Beim staatlichen Meinungsforschungsinstitut ist dies der verdächtigste Teil seiner Wochenumfrage, da das informationsseitige Bild nicht allzu sehr solchen Daten entspricht. Aber der geringe Einbruch des Vertrauensratings von KPRF-Chef Gennadij Sjuganow sieht durchaus logisch angesichts der staatlichen Propaganda aus. Im Übrigen erneut im Unterschied zum Vorsitzenden der Partei „Neue Leute“ Alexej Netschajew, dem man im Grunde für nichts 1,3 Prozent zugeschlagen hat. Die potenziellen elektoralen Ratings der Duma-Parteien hat VTsIOM übrigens praktisch ohne irgendwelche spürbaren Bewegungen noch oben oder nach unten belassen.

Als zweifelhaftester Teil der Meinungsumfrage von FOM könnte derweil die große Diskrepanz zwischen den Antworten der Befragten auf zwei verschiedene Fragen zu einem Thema erscheinen. Die erste war: Haben Sie Kritik an den Offiziellen von anderen Menschen gehört? Die zweite: Haben die Handlungen der Offiziellen bei Ihnen persönlich Empörung ausgelöst? Das Ergebnis zur ersten Frage war solch eines: eine Zunahme der negativen Wertungen um drei Prozent (von 45 bis auf 48 Prozent) und dementsprechend ein Rückgang der positiven. Was aber die zweite Frage angeht, so waren die Befragten scheinbar vorsichtiger (gegenüber den kremlnahen Soziologen – Anmerkung der Redaktion). Die Anzahl der Empörten hat lediglich um ein Prozent zugenommen, die derjenigen, die solche Gefühle nicht empfanden, verringerte sich um zwei Prozent. Als wirklich manipulative muss man jedoch augenscheinlich die Versicherungen anerkennen, dass 13 Prozent der Befragten die Situation um die Flüchtlinge an der weißrussisch-polnischen Grenze als das wichtigste Ereignis der Woche angesehen hätten – und nicht die Pläne der Mischustin-Regierung zur Einführung von QR-Codes (11 Prozent) oder der Verlauf der Coronavirus-Pandemie (9 Prozent).

Dabei stimmt FOM bisher nicht dem VTsIOM zu, wonach die Umfragen einen negativen Trend in den Bewertungen für die Tätigkeit der Herrschenden demonstrieren würden. Bei diesem Teil der offiziellen Soziologen ergibt sich, dass diese Ratings ohne eine signifikante Bewegung geblieben sind, obgleich selbst anhand der von FOM vorgelegten Daten doch ungefähr zu bemerken ist, dass sie zu bröckeln beginnen.