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Rasche Ergebnisse von den Konsultationen zu Sicherheitsgarantien für Russland sind nicht zu erwarten


In dieser Woche stehen schwierige, aber äußerst wichtige Verhandlungen zu den entscheidenden Sicherheitsproblemen bevor. Am 10. Januar führt Russland Verhandlungen zu Sicherheitsgarantien mit den USA in Genf im Format eines strategischen Dialogs auf der Ebene der Vizeaußenminister Sergej Rjabkow und Wendy Sherman. Für den 12. Januar ist ein erstes Treffen seit zweieinhalb Jahren des Russland-NATO-Rates in Brüssel geplant, und am Tag darauf sollen Gespräche im Rahmen einer Tagung des Ständigen OSZE-Rates in Wien stattfinden.

Den bisherigen Erklärungen der in die Verhandlungen involvierten Seiten nach zu urteilen, sind keine raschen Vereinbarungen zu erwarten. Derzeit kann wohl keiner einen Erfolg aller drei Formate voraussagen. Schließlich sind die Positionen der Seiten in den letzten Jahren grundlegend auseinandergedriftet, die Mechanismen für eine Rüstungskontrolle und andere internationale Rechtsakte auf dem Sicherheitsgebiet sind zerstört worden oder werden nicht eingehalten. Ganz zu schweigen davon, dass das Vertrauen grundlegend untergraben worden ist.

Und dennoch eröffnen Verhandlungen in der Regel eine Möglichkeit für Vereinbarungen, umso mehr, wenn sie unter der Schirmherrschaft von Staatsoberhäuptern erfolgen. Nach dem Gespräch von Wladimir Putin und Joseph Biden am 30. Dezember hatte es den Anschein, dass die Chancen dafür, dass der russisch-amerikanische Dialog ein produktiverer sein wird, etwas zugenommen. Wenn sich der US-Präsident auf solch ein Gespräch eingelassen hat, so hat man annehmen können, dass bestimmte Ergebnisse durchaus möglich sind. Es kann von einer Verringerung der Spannungen im Zentrum Europas, ein beiderseitiges Moratorium hinsichtlich der Stationierung von Mittel- und Kurzstreckenraketen sowie von der Schaffung irgendeiner Pufferzone zwischen der Russischen Föderation und der NATO an der Berührungslinie u. a. gesprochen werden.

Eine andere Sache ist, dass Russland mit einem raschen Ergebnis rechnen. Wie der (außenpolitische) Berater von Russlands Präsident, Jurij Uschakow, sagte: „zwei, drei Runden“. Er warnte, dass im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen eine militär-technische Antwort auf die Schaffung von Bedrohungen für die Sicherheit an den russischen Grenzen folgen werde. Das Vordringen der NATO auf das ukrainische Territorium führe dort zum Auftauchen von Raketenkomplexen mit minimalen Flugzeiten bis nach Russland und von anderen destabilisierenden Waffen.

Vor dem Abflug nach Genf erklärte Rjabkow, dass Russland nicht plane, sich auf einseitige Zugeständnisse einzulassen, die man in den USA erwarte. Nach seinen Worten ziehe Washington Manipulationen einem konstruktiven Dialog vor. Und Moskau sei über die Signale enttäuscht, die von westlichen Kollegen am Vorabend der Verhandlungen gekommen seien. So hatte die Sprecherin des Weißen Hauses Jen Psaki unterstrichen, dass die USA nicht „Punkt für Punkt“ auf die russischen Vorschläge antworten würden. Bei der Kommentierung der bevorstehenden Genfer Gespräche präzisierte am Samstag ein hochrangiger Vertreter der Biden-Administration, dass Washington nicht gewillt sei, Einschränkungen für eine Stationierung amerikanischer Militärs in den osteuropäischen NATO-Ländern zu diskutieren. Aber bereit sind die USA und ihre Verbündeten, die Möglichkeit der Einführung von Einschränkungen für die Durchführung von Militärmanövern und die Stationierung von Raketen in der Region zu erörtern, nachdem die Administration von Donald Trump aus dem Vertrag über Mittel- und Kurzstreckenraketen ausgestiegen war.

Wie könnte man aber eine Hauptvereinbarung – Garantien dafür, dass sich die Allianz nicht den Grenzen Russlands nähert – verankern? Einer der Wege wäre deren Aufnahme in die Deklaration des NATO-Gipfels, der im kommenden Juni in Madrid stattfinden soll, oder die Integrierung eines Punktes in die neue Strategische Konzeption der Allianz, dem entsprechend sich der Block nicht gen Osten ausdehnen werde. So könnte man die Erklärung des Bukarester Gipfels von 2008 mit dem Versprechen, die Ukraine und Georgien in die NATO aufzunehmen, widerrufen. Die Reaktion von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und der Mitgliedsländer der Allianz ist vorerst ein drastisch negative. Wenn es den Seiten aber dennoch gelingt, Einvernehmen hinsichtlich der Frage über eine Nichtausdehnung der Allianz zu erreichen, wird man Vereinbarungen zu den anderen sogenannten „roten“ Linien in Bezug auf die Ukraine und die Rüstungskontrolle schneller realisieren können.