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Das Prozedere für amerikanische Militärhilfe kann für Kiew vereinfacht werden


Der US-Kongress kann die Frage hinsichtlich der Verleihung eines neuen Status für die Ukraine – „NATO plus“ – behandeln. Als Initiatoren sind Mitglieder des Ausschusses für internationale Angelegenheiten im Repräsentantenhaus von der Republikaner-Partei aufgetreten. Nach ihrer Meinung werde solch ein Status das Prozedere für westliche Waffenlieferungen und die Gewährung anderer Hilfe im Falle einer Aggression gegen die Ukraine vereinfachen.

Dieser Tage ist bekannt geworden, dass in der Zeit der Neujahrsferien in Washington die Bereitstellung von 200 Millionen Dollar für Lieferungen für die ukrainischen Streitkräfte beschlossen wurde. Dies meldete Kylie Atwood, Korrespondentin des TV-Kanals CNN im US-Außenministerium: „Die Biden-Administration hat ohne viel Rummel zusätzliche Hilfe für die Ukraine im Umfang von 200 Millionen Dollar Ende Dezember, vor dem Hintergrund eines Aufmarschs russischer Truppen entlang der Grenzen der Ukraine sanktioniert“. Die Zeitung „Politico“ fand heraus, dass für die Bereitstellung der Mittel eine besondere Prozedur angewandt worden war: Präsident Biden hatte die Entscheidung in den Grenzen von Vollmachten zur Gewährung kurzfristiger Hilfe für einen Staat, der sich in Gefahr befindet, getroffen. „Für die Annahme der entsprechenden Entscheidung muss das amerikanische Staatsoberhaupt den Außenminister und den Verteidigungsminister beauftragen, aus den Reserven des Pentagons einen bestimmten Umfang an Hilfe bereitzustellen, wonach der Kongress zu informieren ist, dass „eine unvorhergesehene Notsituation eine unverzügliche militärische Hilfe“ seitens der USA erforderte“, informieren ukrainische Medien.

Bis zu dieser Zeit hatte die Ukraine Lieferungen in einen Umfang von 60 Millionen Dollar erhalten, die im Sommer vergangenen Jahres bereitgestellt worden waren. Wie die nunmehr bereitgestellten 200 Millionen Dollar eingesetzt werden, ist bisher unbekannt. Laut Angaben des TV-Kanals NBC hätte die ukrainische Seite jedoch früher die USA um mobile „Stinger“-Luftabwehrkomplexe gebeten. Wie der Fernsehkanal berichtete, hätte Washington diese Frage mit den NATO-Verbündeten erörtert. Die Frage hätte hinsichtlich des Prozederes für solche Lieferungen klemmen können.

Im Juni 2020 hatte die NATO der Ukraine den Status eines Partners mit erweiterten Möglichkeiten (Enhanced Opportunities Partner – EOP) eingeräumt. Solch einen Status haben in der Allianz auch Schweden, Finnland, Australien, Jordanien und Georgien. Offiziell war mitgeteilt worden, dass die Entscheidung in keiner Weise mit der Perspektive einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine zusammenhänge und sie beeinflusse, sondern lediglich dem NATO-Partnerland einen „erweiterten Zugang zu Programmen für eine Verstärkung der operativen Kompatibilität und zu Manövern, aber auch einen aktiveren Informationsaustausch“ sichere.

Im letzten Jahr registrierte der Abgeordnete von der Poroschenko-Partei „Europäische Solidarität“ Alexej Gontscharenko in der Werchowna Rada (dem ukrainischen Parlament – Anmerkung der Redaktion) den Entwurf eines Appells an den US-Kongress mit der Bitte um die Gewährung des Status eines besonderen Partners der USA außerhalb der NATO für die Ukraine. Die regierende Partei „Diener des Volkes“ wies diesen Vorschlag zurück. Die ukrainische Botschafterin in den USA Oksana Markarowa wandte sich an die Abgeordneten mit Erläuterungen darüber, dass den Status eines besonderen Partners der USA außerhalb der NATO nur jene Länder bräuchten, die nicht beabsichtigen würden, der NATO beizutreten. „Die Ukraine hat sich festgelegt, dass ihr Ziel eine Mitgliedschaft in der NATO ist. Dies ist die einzige Systementscheidung für die Sicherheit unseres Landes. Und dies ist in unserer Verfassung verankert worden“. Markarowa betonte, dass für die Zusammenarbeit mit der NATO in der gegenwärtigen Etappe der Status eines Partners mit erweiterten Möglichkeiten ausreichend sei. Und die militärische Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten könne auf der Grundlage des im Jahr 2021 unterzeichneten Rahmenabkommens zwischen dem Verteidigungsministerium der Ukraine und dem Pentagon zu den strategischen Grundlagen der Verteidigungspartnerschaft gestaltet werden.

Im Herbst letzten Jahres, als amerikanische Medien begannen, über eine Konzentration russischer Truppen an den Grenzen der Ukraine zu berichten, ergab sich erneut die Frage hinsichtlich der Prozeduren, die in dem einen oder anderen Format der Zusammenarbeit angewandt werden. Für die Bereitstellung der erwähnten 200 Millionen Dollar beispielsweise war eine besondere Form von Genehmigung des US-amerikanischen Präsidenten erforderlich gewesen. Vor diesem Hintergrund haben, wie „Voice of America“ berichtete, die Kongressabgeordneten von der Republikanischen Partei Mike D. Rogers, Mike Turner und Elise Stefanik eine Gesetzesvorlage (unter dem Titel „Guaranteeing Ukrainian Autonomy by Reinforcing its Defense (GUARD) Act of 2022) ausgearbeitet, die auf eine Vereinfachung der demokratischen Prozeduren im Interesse der amerikanischen Hilfe für die Ukraine abzielt. Mitgeteilt wird, dass das Dokument eine signifikante und kurzfristige Erweiterung der militärischen Unterstützung für die ukrainischen Streitkräfte vorsehe, darunter eine Aufstockung der Finanzierung für den Kauf von Waffen und für die Ausbildung von Militärs. Vorgeschlagen wird dafür, der Ukraine einen neuen Status einzuräumen, der als „NATO plus“ bezeichnet wird.

Das Dokument schlägt auch Maßnahmen zur „Zügelung Russlands“ vor, zum Beispiel Schritte gegen eine Nutzung der Gaspipeline „Nord Stream 2“ für politische Ziele. Außerdem schlagen die erwähnten republikanischen Kongressvertreter vor, die Unterstützung der USA für das Bestreben der Ukraine, Mitglied der NATO zu werden, zu bekräftigen, Russlands Vorschläge in Bezug auf Sicherheitsgarantien zurückzuweisen usw. „Dieser Gesetzentwurf hebt wesentlich die Finanzierung der Lieferung von letalen Waffen in die Ukraine, unter anderem von Luftabwehr- und Schiffsabwehrwaffen, die die Ukrainer für eine Zügelung Russlands brauchen, an. Er gibt auch klar zu verstehen, dass die Forderungen Putins – solche wie das Recht auf ein Veto bezüglich eines NATO-Beitritts von Ländern und ein Moratorium für die Stationierung von Mittelstreckenraketen in Europa – inakzeptabel sind und den nationalen Sicherheitsinteressen der USA widersprechen“, erklärte der Kongressabgeordnete Rogers.

Die Gesetzesvorlage muss eine langwierige Erörterungsprozedur durchlaufen. Doch es geht dabei aber nicht um Jahre wie im Falle mit der Frage nach einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine. Derweil hat eine Umfrage, die vom Kiewer internationalen Institut für Soziologie im Dezember durchgeführt wurde, gezeigt, dass in der ukrainischen Gesellschaft die Unterstützung für den Kurs auf eine euro-atlantische Integration zunimmt. Wenn Ende des vergangenen Jahres ein Referendum über eine NATO-Mitgliedschaft stattgefunden hätte, so hätten 59,2 Prozent aller ukrainischen Abstimmungsberechtigten dafür votiert, dagegen 28,1 Prozent. Rund 13 Prozent hätten sich nicht festgelegt oder nicht an der Abstimmung teilgenommen. Unter denen, die unbedingt abgestimmt hätten, hätten 67,8 Prozent den Kurs auf eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine unterstützt. Im Kiewer internationalen Institut für Soziologie betonte man, dass in den westlichen und zentralen Verwaltungsgebieten 69,5 Prozent die Idee einer NATO-Mitgliedschaft unterstützen würden, 18,5 Prozent seien dort dagegen, zwölf Prozent hätten sich nicht festgelegt oder würden gar nicht erst abstimmen. Im Süden und Osten des Landes herrscht eine andere Situation. Für eine NATO-Mitgliedschaft würden 42,3 Prozent stimmen, dagegen 43,7 Prozent. Und 14 Prozent hätten sich nicht festgelegt oder würden gar nicht erst abstimmen. In dieser Situation könnte das Format „NATO plus“ in der Ukraine als ein vorläufiger Ausweg aus der Lage aufgefasst werden.