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Kiew wird türkische Drohnen bauen


Die Ukraine sei bereit, die Verhandlungen der Trilateralen Kontaktgruppe nach Istanbul zu verlegen, die früher in Minsk und dann online durchgeführt wurden. Dies sagte gegenüber Journalisten der ukrainische Verteidigungsminister Alexej Resnikow, der bis zur Ernennung in diese Funktion stellvertretender Leiter der ukrainischen Delegation bei den Minsker Verhandlungen gewesen war. Diese Frage wurde neben anderen am Donnerstag während des Kiew-Besuchs des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan erörtert.

Das türkische Staatsoberhaupt, der mit seiner Gattin Emine gekommen war, empfing die ukrainische Seite mit besonderen Ehrenbezeigungen, da der Besuch den Status eines offiziellen Staatsbesuches trug. Auf dem Flughafengelände reichten Mädchen in Nationaltrachten einen Karawai (einen runden Brotlaib mit einem figürlichen Muster auf der Oberseite – Anmerkung der Redaktion). Und am Eingangsportal des Marienpalasts begrüßten die Gäste Präsident Wladimir Selenskij mit Ehegattin Jelena, die die achtende Haltung unterstrich, indem sie ein geschlossenes langes Kostüm trug und die Haare verhüllt hatte. Vor dem Abflug nach Kiew sagte Erdogan Journalistin, dass sein Besuch aus Anlass des 30. Jahrestages der Herstellung diplomatischer Beziehungen zwischen beiden Ländern erfolge. „Deshalb hat dieser Besuch für uns eine besondere Bedeutung“. In Kiew wandte er sich als Zeichen einer besonderen Freundlichkeit an die Angehörigen der Ehrenwache mit dem Gruß auf Ukrainisch: „Ruhm der Ukraine!“.

Der Besuch des türkischen Präsidenten hat sich vor dem Hintergrund der anderen ausländischen Besuche der letzten Tage nicht nur äußerlich, sondern auch hinsichtlich des Inhalts abgehoben. Nach den Vier-Augen-Gesprächen der Staatsoberhäupter, die nach 12.00 Uhr Ortszeit begonnen hatten. Danach fand die zehnte Tagung des Strategischen Rates auf höchster Ebene statt. Im Anschluss daran unterzeichneten die Seiten zwölf internationale Abkommen. Das erste von ihnen ist das Abkommen über eine Freihandelszone zwischen der Ukraine und der Türkei. Die Arbeit an diesem Dokument hatte bereits 2011 begonnen und war eine sehr schwierige. Schließlich haben sich die Seiten über alles geeinigt. Der ukrainische Premierminister Denis Schmygal ist davon überzeugt, dass das Abkommen den Interessen des ukrainischen Business entsprechen und erlauben werde, den Handelsumfang zu steigern. Die Nachrichtenagenturen nennen dabei eine Summe von bis zu zehn Milliarden Dollar.

Wie der im deutschen Aalen geborene Fahrettin Altun, Leiter der Verwaltung für die Verbindungen mit der Öffentlichkeit des türkischen Präsidialamts, gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg mitteilte, habe im vergangenen Jahr der Handelsumfang zwischen der Türkei und der Ukraine fast um 60 Prozent zugenommen und belief sich auf über sieben Milliarden Dollar. Der ukrainische Experte Taras Sagorodnyj betonte in einer Kolumne für das Nachrichtenportal „Focus“, dass „die Türkei für die Ukraine der drittgrößte Absatzmarkt nach China und Polen ist. Im ukrainischen Export dominieren aber Rohstoffe – Metall, Weizen…“. Die Situation könne sich nur im Zusammenhang mit der Unterzeichnung des bilateralen Abkommens über eine Freihandelszone ändern, aber auch aufgrund der Bildung regionaler Bündnisse. „Für uns gestaltet sich eine Bündnisachse mit der Türkei, mit Großbritannien, Polen sowie den Ländern des Baltikums und Skandinaviens… Es sind aber auch wirtschaftliche Kettenverbindungen mit diesen Ländern zu schaffen, und nicht beispielsweise mit Deutschland. Je mehr Verbindungen wir in der Wirtschaft, in der Verteidigung haben, desto stabiler wird die Region sein“.

Insgesamt erwartet man in Kiew, dass die Freihandelszone mit der Türkei erlauben wird, das ukrainische BIP um 2,2 Prozent zu vergrößern, was auch die Einkommen der Haushalte erhöhen werde. Taras Sagorodnyj lenkte die Aufmerksamkeit darauf, dass die Seiten die Möglichkeit einer Revision bzw. Veränderung des Abkommens über die Freihandelszone in zwei Jahren und nicht in fünf Jahren wie mit der Europäischen Union vereinbart hätten. „Dies wird den ukrainischen Industriellen erlauben, operativ zu reagieren und ihre Position im Handel zu entwickeln…“. Vorerst aber würden im Handel die Lieferungen von Agrarerzeugnissen und die Waffeneinkäufe den Ton angeben. Seit 2018 hat die Ukraine zweimal türkische Bayraktar-Drohnen, aber auch lenkbare Raketen erworben. Im September letzten Jahres wurde ein Abkommen zwischen dem Verteidigungsministerium der Ukraine und der türkischen Herstellerfirma über die Errichtung eines gemeinsamen Ausbildungs- und Testzentrums in der Ukraine für die Wartung, laufenden Instandsetzungen und Modernisierung von Drohnen, aber auch zur Schulung deren Verwendung unterzeichnet. Bei der Unterzeichnung des Dokuments war Präsident Selenskij zugegen, der sagte: „Wir haben sehr lange auf diesen Moment gewartet. Dies ist ein wichtiges Ereignis für uns“.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist der Standort für die Errichtung eines Betriebs zum Bau von Drohnen im Verwaltungsgebiet Kiew bestimmt worden. Verteidigungsminister Alexej Resnikow sagte dem Nachrichtenportal „Linkes Ufer“: „Wenn alles gut wird, denke ich, dass man den Betrieb innerhalb eines Jahres errichten kann. Anlagen und Ausrüstungen gibt es bereits. Man wird sie anliefern… Einen Ort haben wir ausgewählt, daneben gibt es einen Flugplatz“. Neben türkischen Entwicklungen könnten in dem Betrieb auch ukrainische Drohnen hergestellt werden: „Wir setzen große Hoffnungen in das Konstruktionsbüro „Lutsch“ („Strahl“), dass (die Drohne) „Sokil-300“ („Falke-300“) entwickelte“. Früher war mitgeteilt worden, dass für die Bayraktar-Drohnen (der Betrieb) „Motor-Sitsch“ die Motoren liefere. Im November vergangenen Jahres informierte der Pressedienst des türkischen Herstellers „Baykar Makina“ über die Unterzeichnung eines Vertrags mit „Iwtschenko-Progress“ über die Lieferung von reaktiven AI-322F-Triebwerken für Bayraktar-MIUS-Drohnen (dies ist ein unbemanntes Kampfsystem, dessen Fertigung im Jahr 2023 beginnen soll).

Gesondert sollte am Donnerstag in Kiew eine Zusammenarbeit im Bankensektor erörtert werden. Vor kurzem berichteten Medien, dass die Ziraat Bank, eine der größten türkischen Banken, auf den ukrainischen Markt kommen werde. Die Frage wurde mit dem ukrainischen Office für die Gewinnung und Unterstützung von Investitionen im Januar diskutiert. Bisher ist aber noch unklar, in welcher Phase sich das Projekt befindet.

Westliche Medien haben dem Donnerstag-Besuch von Erdogan in Kiew besonderes Augenmerk geschenkt. Das Londoner Blatt „The Guardian“ betonte, dass Erdogan eine „nicht einfache Balance zwischen einer Unterstützung für die Ukraine und der Bewahrung der Beziehungen mit Moskau finden müsse“. Das türkische Staatsoberhaupt hatte früher akzentuiert, dass er imstande sei, mit den Oberhäuptern beider Länder zu sprechen. Zur gleichen Zeit berichteten westliche Medien mehrfach von der Gefahr eines baldigen „russischen Einmarschs“ in die Ukraine. Der Sprecher des türkischen Staatschefs, Ibrahim Kalin, erklärte: „Die Türkei ist bereit, in jeglicher Rolle für eine Verringerung der Spannungen zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine aufzutreten. Präsident Erdogan führt sowohl mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin als auch mit dem Präsidenten der Ukraine Wladimir Selenskij Gespräche. Tatsächlich hat er sie beide sogar eingeladen, in die Türkei zu kommen, wenn sie sich treffen und in ihren Problemen und Widersprüchen zurechtfinden wollen“.

Ein Dialog hat bisher nicht stattgefunden. Und seit dem vergangenen Herbst haben US-amerikanische Medien begonnen, die Wahrscheinlichkeit eines militärischen Szenarios zu diskutieren. Zur Zeit des Höhepunktes des Anheizens der Situation betonte Erdogan in einem Interview für die Zeitung „Daily Sabah“: „Ich halte das Szenario für einen Einmarsch Russlands in die Ukraine nicht für realistisch… Außerdem muss Russland, wenn es sich auf solch einen Schritt einlässt, die Situation in der ganzen Welt und seine eigene Situation analysieren“. Die türkische Einladung, die an beide Präsidenten gerichtet ist, bleibt in Kraft.

Noch ein Vorschlag der türkischen Seite betrifft die Verlegung des Verhandlungsortes der Trilateralen Kontaktgruppe nach Istanbul, die bis zum Jahr 2020 in Minsk getagt hatte. Es wird angenommen, dass nach dem Kiew-Besuch der türkische Präsident mit Wladimir Putin ausführliche Gespräche führen werde. Dmitrij Peskow, der Pressesekretär des russischen Staatsoberhauptes, sagte: „Die zwei Staatsoberhäupter habe wirklich mögliche Varianten (eines Treffens – „NG“) erörtert… Bisher gibt es keine genauen Daten“.