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Serdar Berdymuchamedow sucht nach einer Billigung in Taschkent und Nur-Sultan


In Turkmenistan hat die Wahlkampagne für die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen begonnen, die für den 12. März anberaumt worden sind. Die Wahlkampagne an sich besteht aus drei Etappen – der Aufstellung von Kandidaten, die Registrierung und Treffen mit Wählern. Zum ersten Kandidaten für das höchste Staatsamt wurde der Vizepremier der Regierung Turkmenistans und Sohn des gegenwärtigen Staatschefs, Serdar Berdymuchamedow. Bereit, gegen ihn anzutreten, ist der bekannte turkmenische Pferdezüchter, der die Schrecken des Ovadan-Depe-Gefängnisses durchgemacht hat, und nunmehrige Emigrant Geldy Kjarisow. Zweifellos wird es auch von anderen turkmenischen Oppositionspolitikern, die im Ausland leben, Erklärungen geben.

Zum Präsidenten Turkmenistans kann der Bürger werden, der im Land geboren worden ist. Der Anwärter auf das höchste Staatsamt muss mindestens 40 Jahre alt sein, die Staatssprache beherrschen sowie im Verlauf der vorangegangenen 15 Jahre ständig im Land leben und arbeiten. Das Recht zur Nominierung von Kandidaten haben die politischen Parteien, die bis zum Tag der Ansetzung der Wahlen registriert wurden, aber auch Gruppen von Bürgern, die für die Unterstützung ihres Kandidaten mindestens 10.000 Unterschriften von Wahlberechtigten sammeln müssen.

An politischen Parteien gibt es in Turkmenistan nur ganze drei. Eine von ihnen – die Demokratische Partei – ist die Rechtsnachfolgerin der Kommunistischen Partei, deren Sonderparteitag am 14. Februar stattfand. Sie nominierte als ihren Kandidaten Serdar Berdymuchamedow. Dies ist eine Partei von Funktionären und Bürokraten. Und obgleich es in Turkmenistan kein reales politisches Leben und keinen politischen Kampf gibt, kann man diese Nominierung als eine gewisse Geste in Richtung dieser Bürokratie ansehen, deren Vertrauen Serdar Berdymuchamedow noch erringen muss, genauso wie auch dies der anderen „Elite“. Oder „er muss sie über das Knie brechen“ und nach seinem Ermessen etablieren.

Die beim Parteitag der Demokratischen Partei auftretenden Redner „betonten die herausragenden Führungs- und organisatorischen Qualitäten“ von Berdymuchamedow Jr., meldete die staatliche Nachrichtenagentur TDH. Die Parteimitglieder sind der Auffassung, dass der 40jährige Kandidat reiche Führungserfahrungen erhalten habe, indem er in einem Parlamentsausschuss arbeitete, stellvertretender Außenminister war, als Chef des Verwaltungsgebietes Ahal, Industrieminister, Vorsitzender der Obersten Kontrollkammer, als Mitglied des Sicherheitsrates und schließlich als Vizepremier tätig war. „Als ein bescheidener und offener Mann, ein guter Familienvater und Anhänger einer gesunden Lebensweise hat er die Achtung der Kollegen errungen“, betonte die Nachrichtenagentur.

Serdar Berdymuchamedow besitzt eine Ausbildung, die er im Landwirtschaftsinstitut, nicht der schlechtesten Hochschule von Turkmenistan erlangte und im Jahr 2001 beendete. Danach arbeitete er in seinem erlernten Beruf. Und danach, in der Zeit der Präsidentschaft des Vaters, studierte er in der Diplomaten-Akademie des russischen Außenministeriums und in der Internationalen Diplomatenschule von Genf. Dort arbeitete er auch in der Mission von Turkmenistan. Später ließ ihn Berdymuchamedow Sr. eine Reihe von Ämtern durchlaufen, damit er zumindest eine Vorstellung von den einen oder anderen Führungs- und Verwaltungsmethoden erhält.

Die Namen der anderen Kandidaten – von der Agrarpartei und von der Partei der Industriellen und Unternehmer – sind bisher nicht genannt worden. Wie aber Experten meinen, werden dies „Statisten“ sein. „Es kann von keinerlei Konkurrenzkampf die Rede sein. Die Wahlen erfolgen unter einer strengen Kontrolle. Und wahrscheinlich werden die (Auszähl-) Protokolle vorab ausgefüllt, sogar mit Unterschriften der Wähler, wie dies bei den Wahlen von 2014 und 2017 gewesen war“, sagte der „NG“ der Zentralasien-Experte Serdar Aitakow. Was aber die Aufrufe der turkmenischen Opposition im Ausland angehe, sich um sie zu vereinen und den heutigen Herrschenden eine Abfuhr zu erteilen, so seien dies lediglich populistische Erklärungen, die keinerlei Grundlage besitzen. Denn im Land sei das politische Feld bereinigt worden.

Die Intrige der anstehenden Wahlen besteht in den Zahlen der Wählerstimmen. Es sei daran erinnert, dass 2017 für Gurbanguly Berdymuchamedow 97,28 Prozent der Wähler gestimmt haben sollen.

Die Frage hinsichtlich einer Übergabe der Macht in Turkmenistan vom Vater an den Sohn ist de facto schon geklärt worden. Serdar Berdymuchamedow hat eine internationale Legitimierung erhalten. Auf jeden Fall von den nächsten Verbündeten Turkmenistans. Der erste Auftritt von Serdar in der mittelasiatischen politischen Arena erfolgte bereits im März 2018, als er Turkmenistan beim Gipfeltreffen der Staatschefs der Länder Zentralasiens vertrag. Später besuchte er als Leiter einer entsprechenden hochrangigen turkmenischen Delegation alle Nachbarrepubliken. Sein letzter Besuch erfolgte am 17. Januar 2022 in Taschkent. Berdymuchamedow Jr. hatte Usbekistans Präsidenten Shavkat Mirziyoyev ein Schreiben von seinem Vater mitgebracht, in dem die turkmenisch-usbekischen Beziehungen hoch gewürdigt wurden. Feinheiten des Machttransits erörterte Berdymuchamedow Sr. dieser Tage mit Kasachstans Präsidenten Kassym-Schomart Tokajew bei einem Telefonat. Experten schließen nicht aus, dass die Frage hinsichtlich der vorgezogenen Wahlen auch im Verlauf von Gesprächen Gurbanguly Berdymuchamedow mit den Staatsoberhäuptern Chinas, der Türkei und Russlands erörtert wurde.

Was aber den Westen angeht, so interessiere die USA und Europa nicht besonders die Frage nach der Thronfolge in Turkmenistan, wie Beobachter meinen, da grundlegende Veränderungen in der turkmenischen Innen- und Außenpolitik nicht abzusehen seien. Das Land befindet sich in einer völligen internationalen Isolation. Aufgrund des Coronavirus, den es dort nicht gebe, sind die Flug- und Straßenverbindungen mit der Welt unterbrochen worden. Problematisch ist es gar geworden, sich innerhalb des Landes zu bewegen. In Turkmenistan sind auch keinerlei arbeitende ausländische Unternehmen geblieben. Mit Ausnahme von zwei, drei im Öl- und Gas-Sektor. Und die Ursachen stehen hier überhaupt in keinem Zusammenhang mit der Pandemie. Die zahlreichen Versuche, ausländische Investoren nach Turkmenistan zu holen, endeten oft mit Klagen vor internationalen Gerichten. Die Investoren sprechen von einer wesentlichen Diskriminierung seitens der Behörden, einer politisierten Bürokratie, einem hohen Grad an Korruption sowie von Willkür und Maßlosigkeit seitens der Verwandten des 64jährigen Präsidenten.

Ob Serdar Berdymuchamedow in der Lage sein werde, Ordnung in seinem Umfeld zu schaffen, ist eine rhetorische Frage. Als Gouverneur von Ahal geriet er mit der einheimischen Elite in einen Clinch, deren Vertreter einen Großteil des Verwaltungsapparates im Land ausmachen. Es macht Sinn zu betonen, dass die Turkmenen eine Nation von 30 Stämmen sind, die über 5.000 Sippen bzw. Stammesgruppen vereinen. Die Achalteken – einer von ihnen – sind Bewohner der hauptstädtischen Region, die das Land in den letzten dreißig Jahren regieren. Aus diesem Stamm war auch der erste Präsident des Landes, Saparmurat Nijasow. Zu diesem Stamm gehören auch Serdar Berdymuchamedow, fast alle Vertreter der Rechtsschutz- und Sicherheitsorgane sowie die Schlüsselfiguren im Öl- und Gas- sowie Bankensektor usw. Gerade die Eliten der Achalteken waren darüber ungehalten, wie Serdar Berdymuchamedow entsprechend der Machtvertikale in den Vordergrund gerückt wurde, haben zu verstehen gegeben, dass sie nicht bereit seien, ihn als einen uneingeschränkten Staatschef zu akzeptieren. Daher wurde die Ansetzung vorgezogener Wahlen genauso wie die Wahl von Berdymuchamedow Sr. ins Amt des Vorsitzenden des Oberhauses des Landesparlaments zu einer der Entscheidungen, um so den Sohn gerade vor Erscheinungen unterschiedlichen Widerstands abzusichern. Unter anderem auch für die eigene Sicherheit und die Bewahrung seines Einflusses.

Die Haltung in der Gesellschaft zu ihm war wie zum „kleinen Buben“ des Präsidenten. Sein Image begann sich zu verändern, als es ihm gelang, die „zügellosen Cousins und Cousinen“ in die Schranken zu weisen und den Dollar-Kurs auf dem Schwarzmarkt zu stabilisieren. Dafür waren Mittel aus dem Etat und von der Zentralbank eingesetzt. Etabliert wurde ein entsprechendes Netz von Wechselstuben, das von Vertrauenspersonen kontrolliert wird. Und alle selbständigen Akteure wurden schnell ermittelt und verurteilt. Die Operation erfolgte außerhalb des Gesetzes, doch mit ihr gelang es, den Anstieg der Preise zu verringern. Es wurden gar für einzelne Warenkategorien Preissenkungen wirksam. Es gelang die Inflation zu zügeln, besonders vor den Feierlichkeiten zum Tag der Unabhängigkeit am 27. September, vor dem Jahreswechsel und – wie sich herausstellt – vor den Präsidentschaftswahlen. Dies sind offensichtlich populistische Schritte, die auf eine positive Reaktion der Gesellschaft und einen Rückgang der Anti-Rating-Stimmungen abzielen.

Außerdem schafft Serdar Berdymuchamedow schrittweise sein Team von Führungskräften und Beratern, das nicht publik gemacht wird, solang es nicht zu einer Kraft geworden ist und sich in seine „Partei“ verwandelt hat. Unklar ist, inwieweit ihm der Vater erlauben wird, Unabhängigkeit und Selbständigkeit an den Tag zu legen. Ungeachtet dessen, dass Serdar eine recht lange Zeit an der Macht war, zu sehen war, bleibt er jedoch nach wie vor ein „unbeschriebenes Blatt“, ein „stilles Wasser“. Unklar sind sein Führungsstil, seine Sicht auf die Wirtschafts- und internationale Politik.