Unabhängige Zeitung

Private Tageszeitung

Der Westen empörte sich über Russlands Entscheidung, die Unabhängigkeit der DVR und der LVR anzuerkennen


Die Entscheidung von Präsident Wladimir Putin, die Unabhängigkeit der Donezker und der Lugansker Volksrepublik anzuerkennen, löste eine sofortige Verurteilung seitens der Staats- und Regierungschefs westlicher Länder aus, die Russland harte Sanktionen angedroht haben.

„Die Anerkennung der zwei Separatisten-Territorien in der Ukraine ist eine flagrante Verletzung des Völkerrechts, der territorialen Integrität der Ukraine und der Minsker Abkommen. Die EU und ihre Partner reagieren durch Geschlossenheit, Festigkeit und Entschlossenheit als Zeichen der Solidarität mit der Ukraine“, schrieb Ursula von der Leyen, die Präsidentin der Europäischen Kommission, auf ihrem Twitter-Account. Mit solch einer Erklärung trat in seinem Mikroblog auch der Vorsitzende des Europarates Charles Michel auf.

In einer Presseerklärung von Charles Michel und Ursula von der Leyen, die am Dienstagmorgen die Redaktion der „NG“ erreichte, heißt es, dass die Entscheidung des Präsidenten der Russischen Föderation „eine flagrante Verletzung des Völkerrechts, aber auch der Minsker Abkommen ist“. „Die Europäische Union wird mit Sanktionen gegen die Beteiligten dieses widerrechtlichen Akts antworten“, wird in dem Dokument unterstrichen. „Die Europäische Union erklärt erneut ihre unveränderte Unterstützung für die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine in ihren international anerkannten Grenzen“.

Die Anerkennung verurteilte auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg: „Dies untergräbt die Anstrengungen zur Konfliktregelung und verletzt die Minsker Abkommen. Die NATO unterstützt die territoriale Integrität der Ukraine. Wir rufen Moskau auf, aufzuhören, den Konflikt anzuheizen und die Diplomatie zu wählen“.

Im Weißen Haus erklärte man, dass man derartige Entscheidungen von Russland erwartet hätte und „bereit ist, unverzüglich zu reagieren“. US-Präsident Joseph Biden unterschrieb ein Dekret über ein Verbot für die Bürger der USA, in der DVR und der LVR zu investieren, sie zu finanzieren oder mit ihnen Handel zu treiben. In Washington verkündete man Dienstag zusätzliche Maßnahmen, die mit dieser Entscheidung zusammenhängen, die man als „eine flagrante Verletzung internationaler Pflichten durch Russland“ bezeichnet.

US-Außenminister Antony Blinken gab eine Erklärung ab, in der er unterstrich, dass die Anerkennung der DVR und der LVR „direkt dem von Russland erklärten Festhalten an der Diplomatie widerspricht und ein offenkundiger Angriff auf die Souveränität der Ukraine und ihrer territorialen Integrität ist“. Er wies darauf hin, dass die Länder der Welt verpflichtet seien, einen neuen Staat nicht anzuerkennen, der „mit Hilfe einer Bedrohung oder durch Anwendung von Gewalt geschaffen worden ist“.

Großbritanniens Premierminister Boris Johnson bezeichnete die Entscheidung der Russischen Föderation als eine offenkundige Verletzung der Souveränität und Integrität der Ukraine, eine Aufgabe des Minsker Prozess. „Ich denke, dass dies ein sehr schlechtes Vorzeichen und ein sehr düsteres Zeichen ist“, vermutet er. Die Chefin des Foreign Office Liz Truss beeilte sich zu erklären, dass London neue Sanktionen gegen Russland verkünden werde, was letztlich am Dienstag auch erfolgte.

„Punktuelle europäische Sanktionen“ gegen Russland forderte auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Außerdem verlangte er eine kurzfristige Einberufung des UN-Sicherheitsrates.

Der Sicherheitsrat war zu einer Sondersitzung in der Nacht zum Dienstag zusammengekommen. Die stellvertretende Generalsekretärin der Vereinten Nationalen, Rosemary DiCarlo, betonte, dass „das Risiko eines großangelegten Konflikts real ist und er um jeden Preis verhindert werden muss“. Daher sollten sich alle in den Konflikt involvierten Seiten auf eine Einstellung der Kampfhandlungen konzentrieren, unterstrich sie.

Die Fernsehansprache des russischen Präsidenten vom Montagabend bezeichnete die Ständige Vertreterin der USA bei der UNO, Linda Thomas-Greenfield, als „eine empörende verlogene Erklärung“, die auf das „Schaffen eines Vorwands für einen Krieg“ abziele. Laut ihren Worten habe Putin „die Minsker Abkommen“ in Fetzen zerrissen“. „Die Folgen aus den russischen Handlungen werden für die Ukraine, für Europa und für die ganze Welt schreckliche sein“, ist die US-amerikanische Diplomatin überzeugt.

Seinerseits rief Wassilij Nebensja, der Ständige Vertreter Russlands bei der UNO, die Kollegen auf, „zur Besinnung zu kommen und die Emotionen bei Seite zu lassen“ und nicht die Situation zu verschlimmern. Moskau sei nach wie vor für eine diplomatische Lösung offen, jedoch nicht gewillt, „ein neues Blutbad“ im Donbass zuzulassen, betonte er.

Laut einer BBC-Meldung würde es drei Varianten für die Verhängung von Sanktionen gegen Russland geben. Die erste – eine Verstärkung des Sanktionsregimes, das seit 2014 gelte, und zwar in Form eines Hinzufügens neuer Sektoren, Unternehmen und Personen zu den bereits existierenden „schwarzen Listen“, bis hin zur Aufnahme von Präsident Wladimir Putin in diese. Möglich sei gleichfalls eine Blockierung des Zugangs zu den ausländischen Konten russischer Staatsbeamter und Oligarchen.

Die zweite Variante – die Verhängung neuer Sanktion entsprechend dem härtesten Szenario. Gemeint ist eine Abkopplung Russlands vom System SWIFT, ein mögliches Verbot von Dollar-Transaktionen und der Handel mit staatlichen Schuldverschreibungen. Faktisch wäre dies eine Verwandlung der russischen Wirtschaft in eine iranische.

Möglich ist auch eine dritte, eine Mittelvariante, die Elemente des ersten und des zweiten Szenarios umfasst. Schließlich gibt es in der Europäischen Union keinen Konsens dahingehend, was gerade zu den Sanktionen führen soll. Und die Anerkennung der DVR und der LVR erklang früher nicht unter den möglichen Gründen für ihre Verhängung.