Heute vertreten im Westen wenige der angesehenen Spezialisten die Meinung, dass die westlichen Sanktionen imstande seien, mit den Worten des britischen Premiers Boris Johnson sprechend „die russische Wirtschaft zu zerstören“. Zweifellos, die Sanktionspolitik übt eine empfindliche (und möglicherweise langfristige) negative Wirkung auf die Wirtschaft und besonders einige Branchen von ihr, die gewaltsam aus den internationalen Produktionsketten ausgeschlossen worden sind, aus. Wie jedoch die Geschichte zeigt, sind sie in der mittelfristigen Perspektive in der Lage, der wirtschaftlichen Entwicklung Russlands auch einen neuen Impuls in Gestalt einer sektoralen Importsubstitution sowie einer Entwicklung des Binnenmarkts und eigener neuer Technologien zu vermitteln. Die Sanktionen müssen Russland gleichfalls zu einer aktiveren Wende nach Osten anstoßen.
An die Stelle des künstlich aufgeplusterten Euros und Dollars kommt ein neues Währungssystem. China und die Eurasische Wirtschaftsunion haben den Beginn der Ausarbeitung eines Projekts für ein unabhängiges internationales Währungs- und Finanzsystem bekanntgegeben, das auf einer neuen internationalen Währung beruhen soll, die als ein Index aus den nationalen Währungen der Teilnehmerländer und Preisen für an den Börsen gehandelten Waren berechnet wird.
Dabei befürchten die Vereinigten Staaten an sich bereits, dass China zum Einkaufen von Erdöl in Yuan übergehen werde. Die Lieferungen nach China sichern ein Viertel des gesamten Ölexports aus Saudi-Arabien. Und ein Übergang der Zahlungen in der chinesischen nationalen Währung werden China erlauben, den Anteil des Yuans im internationalen Zahlungsverkehr zu erhöhen, berichtete das Wall Street Journal. Für die USA ist die eine Bedrohung für die Stellung des Dollars und eine Demonstration der Annäherung von Saudi-Arabien mit den Partnern in Asien. „Die Dynamik hat sich drastisch verändert. Die Beziehungen der USA mit Saudi-Arabien haben sich verändert, während China weltweit der größte Importeur von Erdöl ist und dem Königreich eine Vielzahl vorteilhafter Stimuli offeriert“, konstatiert eine der Quelle des amerikanischen Blattes.
Die Beziehungen der USA und Saudi-Arabiens verschlechtern sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt. In dem arabischen Königreich ist man ungehalten über die Politik von US-Präsident Joseph Biden. Aber ein Abgehen von den Verrechnungen mit China in Dollar kann auch die saudische Wirtschaft gefährden, da die Währung des Königsreichs – der Rial – an den Dollar gekoppelt ist. Derweil ist früher bekannt geworden, dass Indien und Russland zum Yuan als Basiswährung für die Schaffung eines Mechanismus für die Handelszahlungen in den nationalen Währungen entsprechend dem Schema Rupie-Rubel übergehen könnten, erinnert das Moskauer Nachrichtenportal www.gazeta.ru.
Eine Schwächung der amerikanischen nationalen Währung nehmen selbst Verbündete der USA an. Der deutsche Wirtschaftsexperte Henrik Müller bezeichnete die Inflation, die Sanktionen gegen die Russische Föderation und die Veränderungen auf den Märkten als Anzeichen für einen Niedergang des Dollars. Der Experte vermutet, dass die Dollar-Inflation das internationale Vertrauen in den Wert der Währung untergraben werde. Der Preisanstieg in den Vereinigten Staaten erreicht acht Prozent. Und der weitere Verlauf der Ereignisse wird von den Entscheidungen des Federal Reserve Systems des Landes abhängen. Negativ wirken sich auf den Zustand des Dollars auch die Sanktionen aus, die gegen Russland verhängt wurden.
„Die gefährlichste Waffe im Arsenal der antirussischen Sanktionen ist das Einfrieren der Moskauer Devisenreserven in anderen Zentralbanken“, schreibt der Spezialist in einer Kolumne für den „Spiegel“. „Zu solch einem Schritt ist man bisher nicht im allumfassenden Maßstab übergegangen. Wenn aber im Ergebnis solch eines Umgangs mit den Geldern des souveränen Russlands die Befürchtungen aufkommen, dass Washington zu jedem beliebigen Zeitpunkt Devisenvermögen auch anderer Länder konfiszieren kann, wird solch eine Untergrabung des Vertrauens dem Dollar ernsthaft schaden“.
Vor diesem Hintergrund verlässt die westliche Wirtschaft den russischen Markt. Für sie ist dies aber ein schwerer Schritt, auf den man sich unter politischem Druck einlassen musste. Die westlichen Unternehmen spüren einen gewaltigen politischen Druck. Wirtschaftlich aber suchen sie nach Möglichkeiten, in Russland zu bleiben. So beabsichtigt der weltweit viertgrößte Tabakkonzern Imperial Tobacco, sein Business in Russland an eine einheimische Rechtsperson zu übergeben. Bald wird diese Praxis eine weite Verbreitung finden.
Der Wirtschaftsfachmann Jegor Klopenko erklärte gegenüber der Agentur PRIME, dass die meisten westlichen Unternehmen nach dem „Weggang“ eine Möglichkeit finden wollen, um in Russland zu bleiben. Viele Hersteller versuchen, die Fertigung zu bewahren, Service-Unternehmen – die Kunden und den Umfang der Dienstleistungen, selbst unter einem anderen Markennahmen. „Natürlich, das Business an sich möchte nicht weggehen. Und ganz bestimmt möchte es dies nicht für immer tun“, ist sich Klopenko sicher, wobei er hinzufügte, dass man sich darüber bei einem entsprechenden Wunsche der russischen Offiziellen und unter der Bedingung einer Bewahrung der Belegschaften sowie Löhne und Gehälter durch die Unternehmen einige könne. Die Entscheidung hinsichtlich einer Nationalisierung des Eigentums der weggegangenen Unternehmen bezeichnete der Wirtschaftsexperte als eine strategisch richtige. Dabei müsse sie aber in Form einer Stimulierung, sich nicht von den Beschäftigten zu trennen, vorgenommen werden, meint der Experte.
Die europäischen Staats- und Regierungschefs wollen auch keinen Weggang der europäischen Unternehmen aus Russland. Den selbstmörderischen Charakter solch einer Entwicklung der Ereignisse hat schon lange Frankreichs Präsident Emmanuel Macron begriffen, der Anfang April seine Wiederwahl erreichen will. Er rief das Business auf, Russland nicht zu verlassen. Und die französische Wirtschaft bleibt. „Auchan“, „Leroy Merlin“ und andere Unternehmen aus Frankreich setzen die Arbeit in Russland fort, erklärte der Chef des französischen Unternehmerverbands Medef, Geoffroy Roux de Bézieux.
Der ungarische Öl- und Gaskonzern MOL kann auch diesen Weg beschreiten. Der ungarische Außenminister Péter Szijjártó erklärte, dass das letzte Sanktionspaket der Europäischen Union gegen Russland die Lieferungen von Energieträgern in sein Land nicht beeinflusse. Nach seinen Worten habe Ungarn seine eigene „rote Linie“ – die Sicherheit der Energieversorgung. Das russische Hauptaktiv der MOL Group ist eine Lizenz für die Ölförderung auf dem Baitugan-Feld im Verwaltungsgebiet Orenburg.