Der Vorsitzende des Volksrates der Lugansker Volksrepublik, Denis Miroschnitschenko, trat am 28. Juni in der Staatsduma (dem russischen Unterhaus – Anmerkung der Redaktion) auf und hat scheinbar fast die Empfehlung verletzt, nicht die Referenda über einen Beitritt von Territorien der Ukraine zu Russland zu erwähnen. Für die russische Staatspropaganda ist gegenwärtig das Thema ihres Wiederaufbaus aktueller. Das Wort an sich hatte Miroschnitschenko nicht ausgesprochen und lediglich die Hoffnung bekundet, dass Lugansk zu einem Beispiel für die neuen Subjekte der Russischen Föderation werde. Eine Gruppe von Abgeordneten der Partei „Gerechtes Russland – Für die Wahrheit“, die einen Gesetzentwurf unterbreitete, der das Prozedere für den Erhalt der russischen Staatsbürgerschaft durch Ukrainer vereinfacht, weist auch nur inoffiziell darauf hin, dass für diese somit das Verbot, im russischen Staatsdienst zu arbeiten, aufgehoben werde. Aber ein separates Referendum in der LVR wird allem nach zu urteilen doch nicht vorbereitet.
Miroschnitschenko verließ nach seinem Auftritt die zentrale Duma-Tribüne nicht ohne Grund faktisch im Paradeschritt. Im Unterschied zur Donezker Volksrepublik hat das Parlament von Lugansk, wie sich herausstellte, einen etwas informellen Chef. In seiner Rede erwähnte er beispielsweise, dass er die Mitteilung über den anstehenden Besuch an der Frontlinie erhalten hätte.
Und überhaupt, der Vorsitzende des Volksrates der LVR erklärte den Abgeordneten der Staatsduma sofort, dass die Protokollrede, die für ihn geschrieben wurde, er natürlich für eine Veröffentlichung übergeben, er aber einfacher sprechen werde. Es war zu sehen, dass es für ihn schwer war, ohne schriftliche Vorlagen zu sprechen. Er hatte aber alle nötigen Punkte tangiert. Miroschnitschenko sprach sowohl über die historische Einheit der russischen Gebiete als auch über das Bestreben der Russen nach einer Vereinigung. Die ukrainischen Attacken von 2014 und die „verlogene Propaganda des Westens“ hatte er auch nicht vergessen. Der etwas ungehobelt wirkende Parlamentschef aus Lugansk erinnerte auch an den Großen Vaterländischen Krieg, an die Vertreter der Jungen Garde jener Zeiten und die heutige Lugansker Jugend, die am 23. Februar an die Front gegangen sei.
Es ist klar, dass der Präsident der Russischen Föderation, Wladimir Putin, nicht vergessen wurde, der den Donbass gerettet habe, die Kremlpartei „Einiges Russland“ und die KPRF, die ihm (dem Donbass) geholfen hätten, wobei die Kommunisten als erste ausgewiesen wurden. Das Wort „Referendum“ hatte Miroschnitschenko nicht ein einziges Mal in den Mund genommen, er äußerte sich aber zu diesem Thema so: „Als in der Perspektive jüngstes Subjekt der Russischen Föderation werden wir ein Beispiel für die anderen künftigen Subjekte der Russischen Föderation sein, die gegenwärtig zum früheren Territorium der Ukraine gehören. Gleichfalls sei nach seinen Worten „der Donbass solch ein Vorposten der russischen Welt und ein Beispiel für alle übrigen Territorien, die bald, dessen bin ich mir sicher, befreit sein werden“.
Das Ausbleiben von Erwähnungen eines Referendums ist, wie es scheint, besonders bezeichnend gerade für den Vertreter der Offiziellen der LVR. Es sei daran erinnert, dass dies ein Teil des Donbass ist, der allem nach zu urteilen von den ukrainischen Truppen spätestens bis Ende Sommer gesäubert wird. Und somit kann die LVR theoretisch die Organisierung eines Plebiszits über einen Beitritt zur Russischen Föderation beginnen. Wenn man jedoch anhand des Mainstreams der propagandistischen Agenda urteilt, so ist unschwer zu bemerken, dass das Thema der Referenda offenkundig gedämpft worden ist. Und dies nicht nur im russischen Staatsfernsehen, sondern auch auf den angeblich unabhängigen bzw. eigenständigen Telegram-Kanälen. Folglich hat Miroschnitschenko scheinbar fast ein unausgesprochenes Tabu gebrochen, obgleich er auch durchaus offenkundig zu verstehen gab, dass es in baldiger Zeit offensichtlich keine Abstimmung geben wird. Und dies ist verständlich: Im Kreml wird man wohl kaum anstreben, in eine Serie von Referenda einzutauchen. Und dies mit dem Risiko, wenn nicht von deren Pleiten an sich, so doch mit einer großen Wahrscheinlichkeit der Agitationstätigkeit für sie. Dies betrifft natürlich nicht so sehr die Donbass-Republiken DVR und LVR als vielmehr die Gebiete Cherson, Saporoschje und Charkow.
Wie die „NG“ bereits geschrieben hat, werden in Vielem die Probleme organisatorischer und propagandistischer Art auf den sogenannten von den Herrschenden Kiews befreiten ukrainischen Territorien durch einen Mangel an loyalen Kräften (im Kiewer Sprachgebrauch: Kollaborateuren) ausgelöst. Die Hauptmasse der örtlichen Funktionäre ist vorsichtig, da sie die Perspektiven ihrer Gebiete nicht kennen. Die mutigsten Beamten werden zu Opfern von Anschlägen. Und die „Importe“ aus Russland können nur wenig ohne die lokalen prorussischen Aktivisten bewerkstelligen. In diesem Zusammenhang tauchen bereits Informationen über ein Anheuern von Lehrern, Rechtsschützern, Vertretern des Katastrophenschutzministeriums usw. aus Russland für einen Einsatz auf dem Territorium der Ukraine auf (wobei ungewöhnlich hohe Reisespesen und ein doppeltes Gehalt ausgelobt werden – Anmerkung der Redaktion). Und eine Gruppe von Staatsduma-Abgeordneten aus der Partei „Gerechtes Russland – Für die Wahrheit“ hat eine radikale Vorgehensweise gegen den Personalmangel vorgeschlagen.
Am 28. Juni wurde ein Gesetzentwurf im Unterhaus eingebracht, der eine Korrektur des Gesetzes über die Staatsbürgerschaft der Russischen Föderation hinsichtlich einer Vereinfachung der Prozeduren gerade für Ukrainer vorsieht. Wobei es Sinn macht, die Tatsache anzumerken, dass dies hier nichts mit einer PR-Aktion zu tun hat, da unter dem Dokument die Unterschriften von Abgeordneten stehen, die eng mit der Präsidialadministration liiert sind. Wenn man kurz sein will, so braucht der Antragsteller für einen russischen Pass aus den Reihen der Bürger der Ukraine keinen Bescheid über das Ausscheiden aus dem bisherigen Status (eines ukrainischen Staatsbürgers) vorzulegen. Ausreichen wird eine schriftliche Erklärung über den Verzicht auf die ukrainische Staatsbürgerschaft. Ein scheinbar recht gewöhnlicher Mechanismus, zumal solch einer bereits hinsichtlich der Bewohner von der Krim praktiziert wurde (und nicht nur in deren Hinsicht, wenn man sich an Südossetien oder Abchasien erinnert – Anmerkung der Redaktion). Im Erläuterungsschreiben legen jedoch die Vertreter der Partei „Einiges Russland – Für die Wahrheit“ das Hauptziel der vorgeschlagenen Lockerungen offen: „Die Annahme dieses Gesetzentwurfs wird erlauben, das Recht der ausgewiesenen Kategorie (von neuen) Staatsbürgern der Russischen Föderation auf eine ungehinderte Tätigkeit im Staats- und kommunalen Dienst und das Bekleiden von Ämtern im Staats- und kommunalen Dienst zu sichern“.