Auf der Internetseite des Minsker Stadtexekutivkomitees sind neue „Materialien für die Informations- und Propagandisten-Gruppen“ veröffentlicht worden, die von der Akademie für Verwaltung auf der Grundlage der Schulunterrichtsstunde, die Alexander Lukaschenko durchgeführt hatte, vorbereitet wurden. In ihnen wird die Rolle des Präsidenten bei der Entwicklung des Landes betont, der sich stets vom Willen des Volkes beim Treffen von Entscheidungen leiten lasse. Derweil ist Weißrussland im Rating des Indexes für die menschlichen Entwicklung (Human Development Index), das von der UNO veröffentlicht wurde, um sieben Punkte abgerutscht.
„Bei der Überwindung der Folgen des Zusammenbruchs der UdSSR und der Aufwärtsentwicklung des unabhängigen Belarus gehört die führende Rolle dem Staatsoberhaupt Alexander Grigorjewitsch Lukaschenko, der sich beim Treffen verantwortungsvoller staatlicher Entscheidungen stets vom Willen des Volkes leiten lässt. Die Ideen des Volkswetsche (eine Versammlung der Bevölkerung in russischen und polnischen Städten und ein Organ der Mitbestimmung oder der Selbstverwaltung – Anmerkung der Redaktion) und der Herrschaft des Volkes, deren Prototyp in den Fürstentümer der Kiewer Rus geboren wurde, haben ihr Leben in den Gesamtweißrussischen Kongressen und Räten fortgesetzt und sind in den unseren Tagen in die Gesamtweißrussische Volksversammlung transformiert worden“, wird in den Materialien hervorgehoben, die durch das Minsker Stadtexekutivkomitee „für die Informations- und Propagandisten-Gruppen“ empfohlen worden sind. Betont wird, dass das Dokument die Akademie für Verwaltung auf der Grundlage der offenen Unterrichtsstunde, die Alexander Lukaschenko für Schüler gegeben hatte, vorbereitete.
Derweil ist im Rating des Human Development Index, der von der UNO regelmäßig veröffentlicht wird, Weißrussland um sieben Punkte herabgestuft worden. Während Belarus im Jahr 2019 den 53. Platz zwischen Russland und der Türkei eingenommen hatte, so ist es jetzt das Land auf dem 60. Platz. Im Rating haben es Uruguay, Costa Rica, Trinidad und Tobago, die Bahamas-Inseln, Oman, Kuweit und die Türkei überholt. Die Top 3 des Ratings bilden die Schweiz, Norwegen und Island. Polen, das Alexander Lukaschenko so oft einen Anlass für Irritationen gibt, lässt Weißrussland recht erheblich hinter sich. Es liegt auf dem 34. Rang.
Der Human Development Index stellt einen komplexen Wert dar, der auf der Grundlage der Leistungen im Bereich des Gesundheitswesens, der Zugänglichkeit und Qualität des Bildungswesens, der Einkommen der Bürger und anderer Kriterien berechnet wird. Berücksichtigt werden gleichfalls die Lage auf dem Gebiet der Menschenrechte und Bürgerfreiheiten, die Möglichkeit für eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, der Grad des sozialen Schutzes, das Niveau der territorialen und sozialen Mobilität der Bevölkerung und der Grad der kulturellen Entwicklung. Und natürlich haben diese Parameter eine signifikante Rolle bei der Verringerung des Gesamtwertes gespielt. Schließlich hat Belarus im alljährlichen Rating des Demokratie-Indexes den 146. Platz von 167 eingenommen, wie die Daten der Economist Intelligence Unit ausweisen.
Weißrussische Soziologen betonen ihrerseits, dass auch die mentale Gesundheit der Mitbürger viel Besseres zu wünschen lassen. Im Jahr 2020, als die Massenproteste in Minsk und anderen Städten der Republik niedergeschlagen wurden, hat die Gesellschaft ein Trauma erlitten.
So schreibt der Senior-Experte des Zentrums für neue Ideen, Dr. soz. Gennadij Korschunow, auf der Internetseite dieser Organisation: „Traumatische Erfahrungen sind eine Situation oder ein Ereignis (ein Komplex von Ereignissen), die sich an der Grenze der Fähigkeiten eines Subjekts (eines Menschen, einer Gruppe, der Gesellschaft), dieses Ereignis durchzustehen-zu überstehen, befinden; der dadurch ausgelöste Stress unterteilt das Leben in ein Davor und in ein Danach. In diesem Sinne sind ja das Jahr 2020 und die nach ihm folgende Zeit unbedingt eine traumatische Erfahrung für die Weißrussen. Und in der Tat, wir erhalten weiterhin diese Erfahrungen. Die traumatische Situation ist noch nicht abgeschlossen worden“.
Der Experte unterstreicht: „Hierbei wollen wir die Aufmerksamkeit auf den wirklich komplexen Charakter der traumatischen Situationen lenken. Traumatisierende Erfahrungen, die sind nicht nur dann der Fall, wenn du selbst einen Hieb mit einem Schlagstock auf den Kopf bekommst. Dies ist auch noch der Fall, wenn ein für dich naher Mensch einen Schlag abbekommt. Oder wenn du siehst, wie Menschen in Masken Menschen ohne Waffen verprügeln. Oder du Aufnahmen von buchstäblich unmenschlichen Schreien hörst, die aus Okrestina zu vernehmen sind“. Es sei daran erinnert, dass Okrestina der Standort eines Gefängnisses in Minsk ist, wohin man festgenommene Protestierende im Jahr 2020 gebracht hatte.