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Wird die Moskau-Peking-Achse aufgrund des Konflikts in der Ukraine schwächeln?


Die Presse der Volksrepublik China bewertete Russlands Position zu Taiwan positiv, wobei sie unterstrich, dass Moskau fest auch die territoriale Integrität Chinas unterstütze. Und einige russische Medien behaupten sogar, dass sich die Russische Föderation und die Volksrepublik China zur Schaffung eines Verteidigungsbündnisses bewegen würden. Inwieweit sind aber solche Prognosen begründet? Oder sind möglicherweise die westlichen Medien der Wahrheit näher, in denen es heißt, dass der Verlauf der militärischen Sonderoperation in der Ukraine die Chinesen enttäuscht hätte, die darauf gehofft hatten, dass sie noch einem Schlag dem Ansehen der USA nach Afghanistan versetzen werde. Aber es habe sich ergeben, dass Russland zu keinem sehr zuverlässigen Partner für die Volksrepublik China werde.

Die Pekinger Zeitung „Huánqiú Shíbào“ (englisch: „Global Times“) schreibt, dass Russland und China weiterhin die strategische Zusammenarbeit vertiefen würden, die ihre grundlegenden Interessen tangiere. Sie zitiert das Politbüro-Mitglied des ZK der Kommunistischen Partei Chinas Yang Jiechi, der erklärte, dass Russland und China gemeinsam das internationale System verteidigen würden, das auf dem Völkerrecht und der Einhaltung der UN-Charta beruhe. Russland und China würden der ganzen Welt einen neuen Typ von Beziehungen zwischen Großmächten demonstrieren, die von einem Geist der Gleichheit und gegenseitigen Achtung durchdrungen seien.

Solch eine Bewertung können natürlich jene Medien im Westen, die zum Mainstream gehören, in keiner Weise teilen. „The Financial Times“ publizierte einen großen Beitrag, in dem es heißt, dass im Ergebnis der Misserfolge der russischen Waffen in der Ukraine die Beziehungen zwischen Moskau und Peking aus den Fugen geraten seien. Das Blatt erinnert daran, dass drei Wochen vor Beginn der militärischen Sonderoperation der Präsident der Russischen Föderation Wladimir Putin und das Staatsoberhaupt der Volksrepublik Xin Jinping erklärt hätten, dass die russisch-chinesische Freundschaft keine Grenzen hätte. Sieben Monate später bedauere Xi sicherlich, dass diese Worte ausgesprochen wurden.

Beim Gipfeltreffen der Shanghai-Organisation für Zusammenarbeit im usbekischen Samarkand hatte Putin versprochen, die Sorgen Chinas, die die Ukraine betreffen, zu berücksichtigen. Weder Putin noch Xi erläuterten, worin diese Sorgen bestehen. Es ist aber nicht schwer, sie zu erraten. Der Konflikt hat Russland geschwächt, hat Eurasien destabilisiert und die westliche Allianz gestärkt. Darin gebe es aus der Sicht von Peking nichts Gutes.

Die Februar-Erklärung beider Staatsoberhäupter zeigte, dass sie die US-amerikanische Dominanz in der Welt nicht akzeptieren würden. Ein rascher Sieg Russland wäre zu noch einem Misserfolg für die USA nach Afghanistan geworden. Diese variante käme China durchaus zu pass. Und der anhaltende Konflikt in der Ukraine ist ein ernsthafter strategischer Misserfolg für China. Dr. Nigel Gould-Davies, Mitarbeiter des US-amerikanischen International Institute for Strategic Studies, sagt: „Es gibt viele Ursachen dafür, dass sich China unglücklich fühlt. Das Wichtigste ist, dass Russland der wichtigste Partner Chinas ist“.

Die zwei Länder, dies seien keine Verbündete in einem offiziellen Format. Sie würden sich aber bei internationalen Foren gegenseitig unterstützen und gemeinsame Militärmanöver durchführen. Nachdem Xi zum Staatsoberhaupt der Volksrepublik China geworden war, habe er seine erste Auslandsreise gerade nach Russland unternommen. Jetzt aber höre die Freundschaft mit Russland auf, für ihn ein Aktiva zu sein, behauptet „The Financial Times“.

Die chinesischen Medien sprechen gern von einem Niedergang des Westens. Aber die Ukraine hat die westlichen Allianzen wiederaufleben lassen. Die amerikanische Führung hat sich durch sie als eine effektive demonstriert. Die US-amerikanischen Waffenlieferungen haben geholfen, den Verlauf der Kampfhandlungen zu verändern.

Bei sich im Land plädiert Xi für Stabilität. Und der Konflikt in der Ukraine förderte eine Instabilität in Eurasien. Wiederaufgeflammt sind die bewaffneten Zusammenstöße zwischen Armenien und Aserbaidschan, Kirgisien und Tadschikistan. Das unter Sanktionen geratene Russland ist für China zu einem weniger nützlichen Partner geworden. Aber der schlimmste Albtraum für Peking wäre ein Regierungswechsel in Moskau und die Etablierung einer prowestlichen. Solch eine Variante scheine eine unmögliche zu sein, aber keine absolut unwahrscheinliche, behauptet das Blatt, das als ein Sprachrohr der Londoner City angesehen wird.

Der US-amerikanischen Fernsehkanal NBC skizziert jedoch die Lage Russlands in einer völlig anderen Art. Ungeachtet der zeitweiligen Misserfolge auf dem Schlachtfeld schaffe der Kreml erfolgreiche seine internationale Koalition. Deren Beteiligten würden der Verlauf der Kampfhandlungen, der Einfluss der Kämpfe auf die internationale Landschaft beunruhigen, sie alle seien aber bereit, dabei einen Gewinn zu erzielen. Beginnend mit den autokratischen Ländern China, KDVR und Iran bis zu den nichtliberalen Demokratien Indien, Türkei und Ungarn – eine ganze Heerschar von Regierungen, die bereit sind, Russland Erfolg zu wünschen sowie Produktionskapazitäten und Märkte für eine Unterstützung der russischen Kriegsmaschine zur Verfügung zu stellen.

Alle Mitglieder dieser Koalition sind dadurch vereint, dass sie unbedingt russisches Erdöl und Erdgas brauchen. Außerdem brauchen sie eine diplomatische Unterstützung Moskaus, zum Beispiel China hinsichtlich der Taiwan-Frage und die Türkei in Bezug auf die Lösung des Problems mit den aufständischen Formationen der Kurden.

In einem Gespräch mit der „NG“ betonte Wassilij Kaschin, wissenschaftlicher Oberassistent an der Moskauer Hochschule für Wirtschaftswissenschaften, dass „alle offiziellen Erklärungen Chinas in der letzten Zeit von dem Bestreben zeugen, die Verbindungen mit Russland zu festigen und sie nicht herunterzufahren. Eine andere Variante gibt es für Peking einfach nicht. Schließlich forcieren die USA den Druck auf China, besonders in Bezug auf Taiwan“.