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Die Referenda werden mit der Frage über Russlands Grenze enden


Anhand der Ergebnisse des dritten Tages der Referenda in den Donbass-Republiken DVR und LVR sowie den ukrainischen Verwaltungsgebieten Saporoschje und Cherson wird klar, ob sie entsprechend einem einheitlichen Schema abgehalten werden oder ob für die Regionen Nord-Tauriens (historische Bezeichnung die ausgewiesenen ukrainischen Verwaltungsgebiete aus Zeiten des Russischen Imperiums – Anmerkung der Redaktion) weniger harte Forderungen für die Beteiligung und die Ergebnisse zur Unterstützung der Entscheidung über einen Beitritt zur Russischen Föderation gestellt wurden. Entsprechend den Ergebnissen, die am Montagvormittag vorlagen, hatten die Donbass-Republiken am Sonntag bereits die 70-Prozent-Marke hinsichtlich der Beteiligung überwunden (DVR – über 77 Prozent, LVR – über 76 Prozent).

Jetzt treten die Handlungen der Offiziellen der Russischen Föderation zur rechtlichen Ausgestaltung der Prozedur für einen Beitritt dieser Gebilde in den Vordergrund. In der russischen Gesetzgebung gibt es derweil keine Normen über eine mögliche Okkupation eines Teils der russischen Gebiete. Die Frage über die Grenzen der vier neuen Subjekte der Russischen Föderation betrefft gerade diesen Umstand.

Auf der offiziellen Internetseite der Zentralen Wahlkommission der Russischen Föderation sind im Verlauf der ersten drei Tage der ostukrainischen Referenda eine Vielzahl von Meldungen über die Abstimmung von Einwohnern der DVR und der LVR sowie der Gebiete Saporoschje und Cherson in unterschiedlichen Subjekten der Russischen Föderation gepostet worden.

Es scheint, dass die Hauptmasse der Stimmen gerade in Russland gesammelt werden. Auf den eigentlichen, nicht von der Ukraine kontrollierten Territorien dauert das erste Stadium der Referenda an, das sogenannte Aufsuchen von stimmberechtigten Einwohnern in den Wohnungen oder in Wohnvierteln, auf Höfen – in Begleitung von Militärs, um Provokationen zu vermeiden und die Sicherheit der Mitglieder der Wahlkommissionen zu sichern. Schließlich handelt es sich dabei um Frauen, die aus Kiewer Sicht sich in den Dienst Moskaus gestellt haben. Jedoch tauchen auch faktische Belege dafür auf, dass hier und da auch in Abstimmungslokalen gearbeitet wird. Formal widerspricht dies den ursprünglich angekündigten Abstimmungsregeln, denn die stationären Orte für eine Willensbekundung sollten eigentlich erst am Dienstag, am 27. September von 08.00 bis 16.00 Uhr Ortszeit geöffnet werden, dass heißt am Abschlusstag des fünftägigen Abstimmungsmarathons. Folglich war dies allem nach zu urteilen eine vorsätzliche Desinformation, die gewaltsame Aktionen proukrainischer Diversanten und bewaffneter Formationen Kiews erschweren sollte, sich aber generell logisch in die Informationspolitik Russlands und seiner staatlich gelenkten Medien einfügt.

Am Sonntagabend wurde auch klar, dass vom Prinzip her diese vier Referenda, für die es keine minimalen Eckdaten aus dem Kreml gegeben hat, wohlbehalten stattgefunden haben. Am Montag und Dienstag wird man noch begreifen können, ob sie entsprechend einem Schema oder gemäß von zwei Varianten abgehalten wurden. Entsprechend einer für die Donbass-Republiken, wo es auch schon den Status eines Staates gibt und die Planke für eine Teilnahme der Bevölkerung an den Abstimmungen höher angesetzt wurde. Und hinsichtlich einer zweiten – für Nord-Taurien -, wo alles vager und unbestimmter ist. Die bisherige Beteiligung an den Abstimmungen hat bereits deutlich gemacht: Die politische Legitimität der Referenda ist aus Moskauer Sicht gewährleistet worden. In den Gebieten Saporoschje und Cherson waren die Ergebnisse schwächer – über 51 Prozent bzw. 48,9 Prozent zum Beginn des 4. Abstimmungstages.

Die informationsseitigen und propagandistischen Erklärungen für die Gründe, warum sich die Ergebnisse der Willensbekundung unterscheiden, sind schon längst vorbereitet und bereits an die entsprechenden Stellen gesandte worden. Folglich wird es keinerlei Probleme mit der Begründetheit der bevorstehenden Bitten an die Offiziellen der Russischen Föderation über die Aufnahme aller vier ukrainischen Regionen in den Staatsverband geben. Und durch eine Reihe staatlicher Nachrichtenagenturen sind bereits Meldungen in Umlauf gebracht worden, dass die entsprechenden Entscheidungen angeblich nicht später als am 28. September erfolgen würden. Und dass bereits für den 29. September Tagungen der Staatsduma und des Föderationsrates geplant seien, bei denen die Verträge über einen Beitritt der neuen Staaten zu Russland ratifiziert und die entsprechenden Entwürfe von Verfassungsgesetzen gebilligt werden würden. Solch eine Prozedur ist wirklich im grundlegenden Verfassungsgesetz „Über die Modalitäten für die Aufnahme in die Russische Föderation und die Bildung eines neuen Subjekts der Russischen Föderation in deren Bestand“ verankert worden. Erstmals ist dieser normative Akt im Jahr 2014 in Bezug auf die Krim-Republik angewandt worden.

Es macht Sinn zu betonen, dass gegenwärtig die Vertreter der prorussischen Offiziellen in den ostukrainischen Gebieten über ihre bevorstehenden Handlungen gerade nach dem Vorbild der Krim berichten. Wenn dies auch so geschehen wird, so ergibt sich eine interessante juristische Kollision, die mit dem genauen geografischen Verlauf der aktualisierten Grenze der Russischen Föderation in Verbindung steht. Die Sache ist die, dass es mit der Krim erfolgreich geklappt hatte: Die de facto besetzte administrative Grenze dieser einstigen ukrainischen Region wurde zur Staatsgrenze. Folglich blieb, dies im Vertrag mit Russland und im folgenden Verfassungsgesetz bloß festzuschreiben. Derweil besteht hinsichtlich der nunmehrigen Kandidaten für den Status eines Subjekts der Russischen Föderation die Tatsache, dass nicht einer von ihnen in vollem Maße die bisherigen administrativen Grenzen kontrolliert. Und während dies beispielsweise für die LVR einzelne Abschnitte sind, deren Länge freilich in den letzten Tagen zunimmt, so ist die Grenze in Bezug auf die DVR vollkommen in der Hand von Kiew. Das Verwaltungsgebiet Saporoschje existiert in der russischen Version ohne seine offizielle Hauptstadt. Und im Verwaltungsgebiet Cherson erfolgen gerade im Grenzbereich langwierige Gefechte.

Im Artikel 8 des grundlegenden Verfassungsgesetzes ist derweil eine klare Anweisung enthalten, welche Fragen durch einen entsprechenden Gesetzesakt geklärt werden müssen. Dies sind insbesondere „die Bestimmungen, die den Namen, den Status und die Grenzen des neuen Subjekts bestimmen“. Somit muss der Kreml sein Vorgehen klar formulieren: Werden als offizielle die neuen Grenzen anerkannt, die de facto existieren, oder wird die Situation offiziell anerkannt, in der ein Teil des formal russischen Territoriums als zeitweilig okkupiertes angesehen wird.

Und da wird es bereits offensichtlich nicht gelingen, mit verbalen Erklärungen über die Runden zu kommen, wie dies im Februar getan wurde, als die Russische Föderation die Souveränität der DVR und LVR in unklaren Grenzen anerkannte. Es sei daran erinnert, dass anfangs die Meldungen kursierten, dass die Unabhängigkeit der Donbass-Republiken in ihren beschnittenen Territorien bestätigt werde. Später aber waren die Erklärungen zu vernehmen, dass, da diese sich selbst als rechtmäßige in den Grenzen der bisherigen ukrainischen Verwaltungsgebiete Donezk und Lugansk sehen würden, Russland mit dem einverstanden sei. Wenn man sich aber die Wortlaute der entsprechenden Verträge anschaut, so ist dort dieses Problem konkret umgangen worden. „Die vertragschließenden Seiten bestätigen und achten die territoriale Integrität und Unverletzlichkeit der bestehenden Grenzen der RF und der DVR“, heißt es beispielsweise im Artikel 7 dieses Dokuments. Im Abkommen Russlands mit der LVR ist an der gleichen Stelle ein und dieselbe These anzutreffen.

Es wird nicht gelingen, unter anderem auch deshalb nicht die Frage über den Verlauf der Grenze der Russischen Föderation unter den Teppich zu kehren, da eine Okkupation jeglichen Landesteils entsprechend dem Verfassungsgesetz „Über den Kriegszustand“ ein Merkmal für eine äußere Aggression ist. Und dies stellt wiederum eine obligatorische Grundlage für die Verhängung eben jenes Kriegszustands dar – zumindest auf dem entsprechenden Territorium.