Der Russische Jüdische Kongress (RJK) hat das Untersuchungskomitee und die Staatsanwaltschaft gebeten, Erklärungen von Alexej Pawlow, einem Mitarbeiter des Sekretärs des Sicherheitsrates der Russischen Föderation (Nikolaj Patruschew – Anmerkung der Redaktion), die in der Moskauer Wochenzeitung „Argumente und Fakten“ veröffentlicht wurden, aus juristischer Sicht zu bewerten, erfuhr die „NG“ im Pressedienst des RJK.
„In seiner Kolumne „Was kocht man im „Hexenkessel“? In der Ukraine haben neuheidnische Kulte an Kraft gewonnen“ schrieb Alexej Pawlow (ein Generalleutnant, der lange in den Strukturen des Inlandsgeheimdienstes FSB diente – Anmerkung der Redaktion), dass „das hauptsächliche Lebensprinzip der Lubawitscher Chassidim (Chassiden) die Überlegenheit der Anhänger der Sekte über allen Nationen und Völkern ist“. Und die Vertreter der Richtung im Judaismus bezeichnete er als Sektierer“, berichtete man in der gesellschaftlichen Organisation. „Derartige Erklärungen, die in der Gesellschaft eine offenkundige negative Haltung gegenüber den Lubawitscher Chassidim schaffen, hält der Russische Jüdische Kongress für inakzeptable und gefährliche, besonders wenn sie von einer offiziellen Person stammen und in einem großen föderalen Massenmedium veröffentlicht wurden“.
Der RJK richtete an die Hauptuntersuchungsverwaltung des Untersuchungskomitees der Russischen Föderation für die Stadt Moskau und an die Staatsanwaltschaft Moskaus einen Antrag mit der Bitte, eine Überprüfung dahingehend vorzunehmen, ob in der Publikation von Alexej Pawlow der Tatbestand eines ordnungsrechtlichen Vergehens, das durch den Artikel 20.3.1 des Ordnungsstrafrechts der Russischen Föderation („Schüren von Hass oder Feindseligkeit, aber auch eine Erniedrigung der Menschenwürde“) vorgesehen wird, oder eine Straftat, die durch den Artikel 282 des StGB der Russischen Föderation („Schüren von Hass oder Feindseligkeit, aber auch eine Erniedrigung der Menschenwürde“) vorgesehen wird, vorhanden ist.
Der Russische Jüdische Kongress bekundete Solidarität mit Russlands Chefrabbiner Berl Lazar, der diese Publikation verurteilt hatte. Der Chefrabbiner hatte erklärt: „Solche neuen Wiederholungen alter blutiger Verleumdungen im Namen eines Mitarbeiters von Russlands Sicherheitsrat stellen eine gewaltige Gefahr dar und müssen daher eine unverzügliche und eindeutige Reaktion der Gesellschaft und der Herrschenden des Landes auslösen“.
„Die Lubawitscher Chassidim, die religiöse Bewegung Chabad sind keine „Sekte“, sondern eine legitime Schule des Judaismus. Wobei zum heutigen Tag die größte Bewegung im Rahmen des Chassidismus“, erinnerte Berl Lazar in seiner Erklärung. „Es genügt, darauf hinzuweisen, dass 90 Prozent der Rabbiner, die in den jüdischen Gemeinden Russlands tätig sind, zur Chabad gehören. Ja, und ich selbst bin auch ein Lubawitscher Chasside. Was die Ideologie der Chabad angeht, so weist sie entgegen den Erfindungen von Herrn Pawlow entschieden den Götzendienst zurück und predigt dabei gerade eine Achtung gegenüber allen Religionen, die den Glauben an einen Gott predigen, gegenüber allen Völkern und gegenüber jedem Menschen, da wir alle vom Wesen her Kinder eines Gottes sind“.
Außerdem hat der Präsident der Föderation der Jüdischen Gemeinden Russlands (FJGR), Alexander Boroda, scharf reagiert: „Die verletzende Unwissenheit, die durch den Mitarbeiter des Sekretärs des Sicherheitsrates Alexej Anatoljewitsch Pawlow hinsichtlich der Lubawitscher Chassidim demonstriert wurde, ist eine vollkommen unzulässige Erscheinung. Solch eine Vorstellung von den – was unterstrichen sei – traditionellen Konfessionen unseres Landes ist empörend. Die Verbreitung dieser Meinung in den Massenmedien fördert das Auftreten zwischenkonfessioneller Konflikte und eine reale Zwietracht zwischen den Menschen“, betonte Rabbi Boroda.
„Es muss angemerkt werden, dass sich etwa seit Mitte der 30er nicht ein einziger Beamter der UdSSR oder Russischen Föderation Derartiges im offenen Regime erlaubte“, schrieb in den sozialen Netzwerken der Leiter des Departments für Kontakte mit der Öffentlichkeit der FJGR, Boruch Gorin. „Maximal die Tölen der Staatspropaganda. Und ich möchte noch anmerken, dass ein Generalleutnant des FSB ein sehr hoher Rang ist. Und selbst wenn es ihn einfach gepackt hatte wie Krasowskij (Anton Krassowskij, Moderator des russischen Staatssenders RT, hatte in einer Fernsehsendung empfohlen, ukrainische Kinder mit nicht kreml-treuer Einstellung zu ertränken oder anzuzünden – Anmerkung der Redaktion). In seinem Kreis ist so etwas durchaus legitim. Dies ist schon keine Frage“. „Der Fall wird, denke ich, in die Geschichte als Beginn einer neuen Ära in den Beziehungen Russlands gegenüber den Juden eingehen“, zog Gorin als eine untröstliche Bilanz.