Unabhängige Zeitung

Private Tageszeitung

Russlands ukrainische Bürger sollen zur Loyalität genötigt werden


Für die Einwohner der Ukraine, die in Russland eingebürgert werden, wird ein Antragsverfahren für den Erhalt eines Passes mit einem Doppelkopfadler bestätigt. Zur gleichen Zeit wird auch eine Bestrafung für die Bewahrung geltender Dokumente mit dem Dreizack eingeführt. Entlarvte Trickser mit zwei Staatsbürgerschaften sollen zwangsweise wieder den Status nur eines Ukrainers erhalten und für zehn Jahre das Recht verlieren, um die russische Staatsbürgerschaft zu bitten. Das Gesetz über eine Nötigung der ukrainischen Bürger der Russischen Föderation zur Loyalität gegenüber dem neuen Staat wird jedoch nicht die Krim und die übrigen bereits angegliederten Territorien betreffen.

Der Entwurf des Gesetzes „Über die Besonderheiten der rechtlichen Lage der Bürger der Russischen Föderation, die die Staatsbürgerschaft der Ukraine besitzen“ betrifft nicht die Krim, die Donbass-Republiken DVR und LVR sowie die Verwaltungsgebiete Saporoschje und Cherson, was man sowohl durch eine spezielle Klausel als auch durch eine Norm über das Inkrafttreten 90 Tage nach der Verabschiedung bestätigt.

Der dreimonatige Aufschub ist für die Vorbereitung eines speziellen Erlasses des Präsidenten über die Prozedur der Entlarvung einer Doppelstaatsbürgerschaft und einer Anordnung des Innenministeriums der Russischen Föderation über die Modalitäten für einen zu erklärenden Verzicht auf die Staatsbürgerschaft der Ukraine erforderlich. Ein Team von Abgeordneten der Staatsduma (des russischen Unterhauses – Anmerkung der Redaktion), das vier ihrer Fraktionen (außer die Partei „Neue Leute“) repräsentiert und vom Vorsitzenden des Ausschusses für Angelegenheiten der GUS, der eurasischen Integration und für die Verbindungen mit den Landsleuten, Leonid Kalaschnikow (KPRF) geleitet wird, weist darauf hin: „Angesichts der sich herausbildenden politischen Situation haben die Bürger der Russischen Föderation, die gleichzeitig die Staatsbürgerschaft der Ukraine besitzen, keine Möglichkeit, sie aufgrund von nicht von ihnen abhängenden Ursachen zu verlassen“. Derweil aber, wie es im erläuternden Anschreiben heißt, „verhindert das Vorhandensein der ukrainischen Staatsbürgerschaft die Realisierung der eigenen Rechte durch solche Bürger der Russischen Föderation auf eine Anstellung in staatlichen und munizipalen Organen, das Bekleiden staatlicher und kommunaler Ämter, auf eine Berufstätigkeit in einzelnen Bereichen der Wirtschaft sowie auf eine Ausbildung in Bildungseinrichtungen, die einen Zugang der einstigen Abiturienten und nunmehrigen Studenten zu Staatsgeheimnissen vorsehen“. Insgesamt wird die Tatsache einer zweiten Staatsbürgerschaft von Bürgern Russlands – darunter auch der ukrainischen – vorsichtig als ein einschränkender Faktor bezeichnet.

Die Abgeordneten erinnern daran, dass in den Jahren 2021-2022 Änderungen an der Gesetzgebung der Russischen Föderation vorgenommen wurden, die speziell für die Ukrainer vereinfachte Regeln für einen Erhalt der russischen Staatsbürgerschaft eingeführt hatten. Laut ihren Angaben hätten mit Stand vom September dieses Jahres etwas mehr als 636.000 Personen solch eine Vergünstigung ausgenutzt. Jedoch, da die Duma-Vertreter auch noch an die Einwohner der DVR und LVR erinnern, die Pässe erhielten, aber auch den Anschluss von vier Territorien an Russland, ergibt sich in der Summe auch, dass „die Zahl der Bürger der Russischen Föderation, die gleichzeitig die Staatsbürgerschaft der Ukraine besitzen, erheblich zugenommen hat“. Und in den offiziellen Meldungen über diese Gesetzesinitiative wird das Schwergewicht darauf gelegt, dass sie auf eine Lösung der Problemsituation im Interesse der Menschen abziele.

Es wird unter anderem vor allem die Aufmerksamkeit gerade darauf gelenkt, dass „solche Bürger ab dem Tag des Einreichens einer Erklärung über den Unwillen, Staatsbürger der Ukraine zu sein, beim Innenministerium der Russischen Föderation durch sie als keine Staatsbürgerschaft der Ukraine besitzende angesehen werden“. Solch eine Erklärung wird eingereicht, nachdem sich die Person an die ukrainischen Behörden mit der Bitte gewandt hatte, ihn nicht als den seinigen anzusehen, aber von ihnen keine Antwort erhielt. Im Übrigen werden vom Antragsteller keinerlei Beweise für die Tatsache eines erfolgten Schriftwechsels gefordert. Und ab dem Moment der Benachrichtigung des Innenministeriums der Russischen Föderation „wird das frühere Bestehen einer Staatsbürgerschaft der Ukraine des Bürgers der Russischen Föderation als eine Tatsache anerkannt, die keine juristische Relevanz für das Entstehen oder die Beendigung von Rechten und Pflichten sowie das Zur-Verantwortung-ziehen im Rahmen der Rechtsbeziehungen besitzt, die sich bis zur Anerkennung solch eines Bürgers als einen, der keine Staatsbürgerschaft der Ukraine hat, ergeben haben“. Anders gesagt: Irgendein russischer Beamter ukrainischer Herkunft wird nicht dafür bestraft, dass bei ihm angeblich irgendein Pass mit dem Dreizack herumliegt. Freilich, wenn solche eine Person bereits deshalb aus dem Staatsdienst entlassen wurde, so kann das neue Gesetz, was speziell präzisiert wird, nicht als Grundlage für eine Revision der früher gefällten Entscheidungen dienen.

Jedoch haben es die Abgeordneten vorgezogen, nicht die wahre Kehrseite der Auszeichnung für die einstigen Ukrainer aufgrund einer Loyalität gegenüber Russland zu erwähnen, obgleich es in dem bereits erwähnten Erläuterungsschreiben zur Gesetzesvorlage klar heißt, dass es außer einem Zuckerbrot unbedingt auch eine Peitsche geben wird. „Dabei verpflichten sich ab dem Tag des Einreichens der ausgewiesenen Erklärung solche Bürger, sich der Realisierung der Rechte und der Wahrnehmung der Pflichten eines Bürgers der Ukraine, unter anderem des Erhalts und der Nutzung des Passes eines Bürgers der Ukraine und anderer Dokumente, die die Staatsbürgerschaft der Ukraine beglaubigen oder einen Verweis auf eine Staatsbürgerschaft der Ukraine beinhalten, zu enthalten“. Ja, so formulieren die Duma-Vertreter diese gewissen Pflichten der neuen Bürger der Russischen Föderation.

Die Bestrafung für einen Verstoß gegen sie wird solch eine sein: „Im Fall der Feststellung der Tatsache einer Nichteinhaltung der Pflichten erstellt das Innenministerium ein Gutachten. Und die Angaben darüber werden an Organe des Inlandsgeheimdienstes FSB und an den Bürger, in dessen Hinsicht es erstellt wurde, gesandt. Dabei wird ab dem Tag der Erstellung des ausgewiesenen Gutachtens der Antrag dieses Bürgers über den Unwillen, Staatsbürger der Ukraine zu sein, als ein ungültiger angesehen. Und der eigentliche Bürger – als einer, der die Staatsbürgerschaft der Ukraine besitzt“. Und dies ist noch nicht alles, da der Bürger berechtigt ist, „erneut eine Erklärung über den Unwillen, Staatsbürger der Ukraine zu sein, nach Ablauf von zehn Jahren ab dem Tag der Erstellung des ausgewiesenen Gutachtens einzureichen“. Natürlich kann die Person Beschwerde bei der Leitung des Innenministeriums oder vor einem Gericht gegen die Entscheidung über die Rückführung zu den Ukrainern führen. Es ist aber klar, dass man dem FSB wahrscheinlich schon nicht widersprechen kann.

Wenn man sich die in der Staatsduma aufgetauchte Gesetzesvorlage als eine einzelne Erscheinung anschaut, so ergibt sich der Eindruck, dass er sozusagen in der Luft hängt. Man kehrt einen Bürger der Russischen Föderation in die ukrainische Vergangenheit. Für ihn ergeben sich gewisse Einschränkungen. Doch damit ist scheinbar getan. Blickt man jedoch auf die Abgeordneten-Initiative vor dem Hintergrund der derzeit diskutierten offensichtlichen Verschärfungen des Präsidenten-Gesetzentwurfs über die Staatsbürgerschaft, so wird klar, dass dies lediglich ein Glied in einer (ganzen) Kette ist. Es sei daran erinnert, dass Mitte November der Präsident selbst im Vorfeld der zweiten Lesung seine neuen Vorschläge über eine Erweiterung der Grundlagen für eine Aberkennung des Rechts auf einen Pass der Russischen Föderation an die Staatsduma geleitet hatte. Und dies betrifft gerade jene, die ihn nach einem (Treue-) Eid erhalten haben, das heißt nicht aufgrund der Geburt.

Und obgleich die Verfassung und die Gesetze der Russischen Föderation direkt eine Ausweisung russischer Bürger aus dem Land verbieten, selbst jener, die Dokumente noch irgendeines Staates haben, wird für die einstigen Ukrainer, die wieder zu ihnen werden, eine Ausnahme gemacht, wie wir sehen. Sobald solch einer Person durch die Entscheidung des FSB der frühere Status zurückgegeben wurde, wird man sofort auch die Frage nach der Legitimität seines Aufenthalts in Russland stellen können. Und da dies bereits ein Ausländer sein wird, kann ihn ruhig aus Russland deportieren, wobei gerade auf ukrainisches Territorium. Es sei daran erinnern, dass einen derartigen Mechanismus die prorussischen Offiziellen von Cherson bereits erprobten, die proukrainische Aktivisten oder Saboteure-Beamte direkt an die Frontlinie gebracht hatten.