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In Russland hat die feuergefährliche Saison begonnen


Der Rechnungshof Russlands hat beschlossen, seine Pläne zu ändern und eine Überprüfung der Ausgaben für die Ausstattung der Regionen mit Löschtechnik zur Waldbrandbekämpfung im Zusammenhang mit der Zunahme der Anzahl von Waldbränden im laufenden Jahr vorzunehmen, teilte Michail Men, Rechnungsprüfer des Rechnungshofs, mit. Die feuergefährliche Saison hat in allen Subjekten der Russischen Föderation begonnen, wobei in 52 von ihnen ein Sonderregime gilt. Und in sieben wurde ein Ausnahmezustand verkündet. Im Land wird das nationale Projekt „Ökologie“ verwirklicht, welches unter anderem der Bewahrung der Wälder Aufmerksamkeit schenkt. Seine Umsetzung und selbst die formal erzielte Verringerung des in Rubeln berechneten Schadens durch die Waldbrände lösen jedoch nicht das eigentliche Problem, das bereits zu einem chronischen geworden ist. 

Seit Jahresbeginn sind im Land ca. 7.500 Brände auf einer Fläche von insgesamt rund 2,8 Millionen Hektar registriert worden, was um eine halbe Million Hektar mehr ist als im ersten Halbjahr des Jahres 2019, teilte man im Rechnungshof mit.

Zu den Hauptursachen für die Zunahme der Anzahl der Brände wurden die anomalen Witterungsbedingungen, aber auch der Mangel an Technik und die Abgelegenheit der Territorien, erläuterte der Rechnungsprüfer Michail Men.

 „Der Erwerb von Löschtechnik und -ausrüstungen zur Bekämpfung der Waldbrände durch die Regionen wird den Subjekten helfen, operativer die Brände zu löschen und eine Reduzierung des Anteils der großen Waldbrände zu sichern. Wir wollen einschätzen, wie effektiv diese Arbeit erfolgt“, präzisierte er. 

Die feuergefährliche Saison hat in allen Subjekten der Russischen Föderation begonnen, wird auf der Internetseite von Rosleskhos (Russlands Föderale Agentur für Forstwirtschaft – Anmerkung der Redaktion) mitgeteilt. In 52 von ihnen gilt ein Sonderregime, und in sieben ist ein Ausnahmezustand verhängt worden. Laut Monitoring-Angaben, die Rosleskhos veröffentlichte, machte am 6. Juli die Fläche der aktiven Waldbrände 3,3 Millionen Hektar aus. Seit Jahresbeginn hat die von Waldbränden heimgesuchte Fläche insgesamt bereits fast neun Millionen Hektar erreicht, wobei 4,5 Millionen von ihnen eine von Wäldern eingenommene Fläche ausmachen. Im Verlauf des vergangenen Sonntags ist gelungen, 80 Brände auf einer 2400 Hektar großen Fläche, die vom Feuer erfasst war, zu liquidieren. Der operative Stab von Rosleskhos teilte mit, dass für die Brandbekämpfung in der Verwaltungsregion Krasnojarsk und im Irkutsker Gebiet Feuerwehrleute zur Bekämpfung der Waldbrände aus nicht in Flammen stehenden Regionen des Nordwestens und Sibiriens entsandt worden sind.

Die Wälder brennen Jahr für Jahr. 2019 erreichte die Fläche der Brände 15 Millionen Hektar. Durch die Flammen seien 101.400 Hektar vernichtet worden, erklärte Sergej Anoprijenko, der Leiter von Rosleskhos. Der Vorsitzende des Staatsduma-Ausschusses für Ökologie und Umweltschutz, Wladimir Burmatow, hatte im April 2020 den Vorsitzenden des Rechnungshofs, Alexej Kudrin, gebeten, die Ausgaben der Regionen für den Erwerb von Technik zum Löschen von Waldbränden zu überprüfen. Er hatte das Augenmerk darauf gelenkt, dass von den durch die Regierung für das Jahr 2020 bereitgestellten 3,2 Milliarden Rubel (umgerechnet etwa 39,28 Millionen Euro) für die Ausstattung der Regionen mit der notwendigen Technik die regionalen staatlichen Auftraggeber und Einkäufer nur für eine Milliarde Rubel Einkäufe initiiert hatten. Und tatsächlich wurden Verträge nur über 601,9 Millionen Rubel abgeschlossen, was 18,8 Prozent der vorgesehenen Gesamtsumme ausmacht. Seinen Angaben zufolge hatten zu diesem Zeitpunkt 35 Subjekte der Russischen Föderation überhaupt keinen Erwerb erforderlicher Technik vorgenommen. 

Damals hatte auch im April die stellvertretende Regierungschefin Viktoria Abramtschenko mitgeteilt, dass 14 Regionen als begrenzt auf die Waldbrand-Saison des Jahres 2020 vorbereitete eingestuft worden seien. Sie sagte, dass über 13.000 Positionen an Technik und Ausrüstungen zur Bekämpfung der Waldbrände in die Regionen geliefert worden seien.  

Ende Mai erstattete das Ministerium für Naturressourcen und Umweltschutz darüber einen Bericht, wonach seit Jahresbeginn die Regionen über 1000 Positionen an Technik zur Bekämpfung von Waldbränden und Forstwirtschaftstechnik von den 9.000, die im Jahr 2020 erworben werden sollen, eingekauft hätten. Zur Versorgung der Forstreviere würden Spezialfahrzeuge, Geländefahrzeuge, Waldpatrouillen-Komplexe, Traktoren, Bulldozer sowie andere Arten von Spezialtechnik und Transportmitteln eintreffen. Dabei teilte man mit, dass rund ein Drittel des Gesamtetats für die Regionen des Fernöstlichen und des Sibirischen föderalen Bezirks, wo in den letzten Jahren eine besonders komplizierte Waldbrand-Situation beobachtet wird, bereitgestellt werde.

Das Jahr verspricht, ein heißes und trockenes zu werden. Doch es mangelt an Technik und Waldinspektoren zwecks Bekämpfung der Brände. Und die aktuelle Finanzierung der Brandschutzarbeiten ist unzureichend, sagte Konstantin Kobjakow, Koordinator für die Projekte des Waldprogramms des WWF Russlands.

Seit dem vergangenen Jahr wird im Rahmen des nationalen Projekts „Ökologie“ im Land das föderale Projekt „Bewahrung der Wälder“ realisiert. Hauptparameter im Zusammenhang mit den Waldbränden ist die Minimierung des Schadens durch sie, wobei als Basiswert 32 Milliarden Rubel aus dem Jahre 2018 zugrunde gelegt wird. Und von dem aus soll das Land zu 12,5 Milliarden Rubel Verlusten durch die Waldbrände im Jahr 2024 gelangen. Wie aber aus den Erklärungen russischer Beamter folgt, ist dieses Ziel scheinbar fast erreicht worden. Der Schaden belief sich im Jahr 2019 auf über 13 Milliarden Rubel, erklärte Sergej Anoprijenko. 

„Heute sollen beim Löschen der Brände um einiges mehr an Menschen und Technik arbeiten. Doch den Regionen mangelt es katastrophal an der Finanzierung für eine effektive Brandbekämpfung“, sagte gegenüber der „NG“ Alexej Jaroschenko, Leiter des Waldprogramms von „Greenpeace Russland“. Nach Aussagen des Experten erhalten alle Regionen des Landes für die Umsetzung aller Aufgaben, die mit der Forstwirtschaft zusammenhängen, in diesem Jahr 30 Milliarden Rubel, der tatsächliche Bedarf macht aber 90 Milliarden aus. 

Was das nationale Projekt angeht, so sind nach Aussagen Jaroschenkos dort alle Ziele nicht den Aufgaben adäquat, die tatsächlich vor diesem Bereich stehen. „Ein anschauliches Beispiel ist das System zur Berechnung des Schadens, der sich allem nach zu urteilen durch ein Manipulieren mit den Zahlen ändern kann“, meint der Ökologe. Im Ergebnis dessen ergibt sich: Je schlechter die Wälder geschützt werden, umso geringer ist der Schaden. Nicht erfasst werden beispielsweise die niedergebrannten Wälder, die als auf landwirtschaftlichen Nutzflächen stehende erfasst werden. Solche machen aber 10 Prozent aller Wälder im Land aus. … Auch wenn die Ursache eines Brandes ein Blitzeinschlag ist, wird der Schaden entsprechend dem minimalen Preis für Nutzholz berechnet. Überhaupt nicht berücksichtigt werden sowohl Grasflächen als auch Tiere“, sagte Jaroschenko. 

Die Technik ist bei weitem nicht das einzige Problem der Forstwirtschaft, in der Millionen von Hektar an Wäldern nichterfasste bleiben. Anfang Juni erklärte der Rechnungshof zu den Ergebnissen der Prüfungen bezüglich der Effektivität des Einsatzes der Mittel für das Anlegen von Wäldern und deren Nutzung, dass in den staatlichen Datenbanken zu den Waldressourcen über 84 Prozent von Russlands Waldbestand nicht erfasst seien. Es gebe keine glaubwürdigen Informationen über den Zustand der Wälder auf einer Fläche von 967 Millionen Hektar. Es gibt keine einheitliche Informationsdatenbank über die Nutzung der Waldressourcen. Es gibt im Land keine Informationen über den Umfang der Aufbereitung, den Umsatz und den Export von Holz. Nach Schätzungen der Institution seien für die Aktualisierung der Angaben über die Wälder im vollen Umfang 14,5 bis 83,2 Milliarden Rubel erforderlich, d. h. 5- bis 26mal mehr als für den Kauf von Technik für das Jahr 2020 bereitgestellt worden sind. 

Das Ministerium für Naturressourcen und Umweltschutz legte am 6. Juli hinsichtlich noch eines Schlüsselparameters Rechenschaft ab – in Bezug auf die Wiederaufforstung. Die Wiederaufforstungsfläche auf den Flächen des sogenannten Waldfonds des Landes nähert sich den 250.000 Hektar. Dies ist beinahe ein Viertel des für das Jahr geplanten Wertes im Rahmen der Umsetzung des föderalen Projekts „Bewahrung der Wälder“ des nationalen Projekts „Ökologie“. Das Hauptvolumen der Arbeit wird im Herbst des Jahres 2020 realisiert, heißt es in einer Pressemitteilung der Institution. 

Die Anpflanzungen erfolgen gerade in den nördlichen und fernöstlichen Regionen des Landes, da dort die Wiederaufforstung entsprechend den Klimabedingungen später begonnen hat. Die maximale Zunahme in der vergangenen Woche wurde in Sibirien registriert – 15.400 Hektar. In der Verwaltungsregion Krasnojarsk wurden junge Bäumchen auf 10.300 Hektar gepflanzt. Dies ist 3,4mal mehr als im analogen Zeitraum des vergangenen Jahres. Der Ferne Osten legte in der vergangenen Woche 5.700 Hektar neuer Waldflächen hinzu und ist damit auf 19.700 Hektar gekommen. Im Jahr 2019 waren in Russland auch rund eine Million Hektar neuer Waldflächen angelegt worden. https://www.ng.ru/economics/2020-07-06/1_7903_fires.html