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Ukrainische Panzer werden dank Indiens und Bulgariens mit russischem Diesel betankt


Der globale Energieträger-Markt verringert die Effizienz der antirussischen Sanktionen, versetzt aber Russland gleichzeitig in eine außerordentlich heikle Situation. Denn durch die Lieferungen russischen Erdöls und russischer Erdölprodukte gewinnt auch die gegen Russland kämpfende ukrainische Armee, die Kraft- und Brennstoffe aus EU-Ländern erhält oder den zunehmenden Export von Diesel aus Indien (gleichfalls russischer Herkunft) ausnutzt. Die Verhängung von Embargos oder Preisobergrenzen für Kohlenwasserstoffe aus der Russischen Föderation haben die Einnahmen für die russische Staatskasse bisher nicht einbrechen lassen. Aber diese antirussischen Sanktionen behindern aber auch nicht die Ströme von mit Russland verbundenen Kraft- und Brennstoffen für die ukrainische Armee. Die NATO-Panzer hätte man ohne unsere Kraftstoffe durch eine Einstellung des Erdölexports belassen können. Aber solch eine Entscheidung provoziert eine noch tiefere Krise in Russland an sich.

Während des Krieges gegen Deutschland hatte die Sowjetunion dem Nazi-Regime weder Erdöl noch Benzin, weder Gas noch Metalle geliefert. Heute erklären deutsche Politiker, dass sie einen Krieg gegen Russland führen würden. Dabei exportiert unser Land Rohstoffe und Energieträger nach Europa. Die Europäische Union und die NATO-Länder leiten aber ihrerseits die Brenn- und Kraftstoffe russischer Herkunft an die Streitkräfte der Ukraine weiter. Und schon heute wird die auf dem Territorium der Ukraine eintreffende gepanzerter Technik der NATO mit russischem Dieselkraftstoff oder jenem Kraftstoff, der in den USA und der EU durch russische Erdöllieferungen – direkte oder beispielsweise über Indien – ersetzt wurde, betankt.

Vor einem Jahr, das heißt wenige Wochen vor Beginn des bewaffneten Konflikts, hatte die Ukraine drastisch den Import von Kraftstoffen russischer Herkunft aufgestockt. Und nach der Unterbrechung und Störung der Arbeit seiner Erdölverarbeitungsbetriebe forciert das Kiewer Regime weiterhin die Einfuhr von Kraftstoffen für seine Armee, die auf die eine oder andere Art mit Russland in einem Zusammenhang stehen.

Die Versorgung der ukrainischen Streitkräfte behindern auch nicht die vom Westen verhängten Restriktionen für den Export von Erdöl und Erdölprodukten aus der Russischen Föderation.

Die westlichen Sanktionen gegen Russland, darunter der Preisdeckel für Erdöl und Erdölprodukte, seien vollkommen gescheitert, erklärte in einer Sendung des TV-Kanals CNBC Paul Sankey, Chef des analytischen Unternehmens Sankey Research. Nach seinen Worten sei der Preisdeckel von „Bürokraten mit einer Hochschulausbildung auf dem Gebiet der Finanzen ausgedacht worden, und keiner von ihnen orientiert sich wirklich auf den Erdölmärkten“. Die gegen russisches Rohöl verhängten Sanktionen erleben bisher „einen vollständigen Flopp“, und die neuen Restriktionen könnten sich ebenfalls als unwesentliche erweisen, meinen Analytiker.

Die russischen Ölkonzerne haben im vergangenen Dezember einen Rekordumfang an Dieselkraftstoff exportiert – 1,2 Millionen Barrel am Tag. Dabei entfielen 60 Prozent der Lieferungen auf die europäische Region. Und diese Dieselkraftstoffe wurden in die Ukraine geliefert – direkt oder durch eine Ersetzung durch in der EU produzierte.

Seit dem 5. Dezember 2022 gilt das EU-Embargo für Erdöllieferungen aus der Russischen Föderation per Tanker. Seit Sonntag gelten analoge Restriktionen für Lieferungen von Erdölprodukten aus Russland. Am Vorabend, am 4. Februar, hatte der EU-Rat offiziell die Entscheidung über die Einführung – zusammen mit den G-7-Ländern – einer Obergrenze für die Preise von russischen Ölprodukten (100 Dollar für hochwertige im Bezug auf den Ölpreis und 45 Dollar für Produkte mit einem geringeren Mehrwert wie beispielsweise Schweröl) bestätigt.

Dabei haben die USA Bulgarien und Kroatien von den Restriktionen für den Erwerb von russischen Kohlenwasserstoffen freigestellt (aber auch nicht für ständig – Anmerkung der Redaktion). Dies folgt aus neuen Dokumenten des US-amerikanischen Amts zur Kontrolle von Auslandsvermögen (OFAC).

Bulgarien ist aber einer der Schlüssellieferanten (oder der Umschlagplätze) für die Lieferungen von alles Notwendigen für die ukrainische Armee.

Laut Angaben des bulgarischen Nationalen Statistik-Instituts gehörte die Ukraine im vergangenen August zur ersten Troika hinsichtlich des Umfangs des bulgarischen Exports für Länder außerhalb der EU, wobei sie die USA aus dieser Gruppe verdrängte. Auf das Jahr hochgerechnet ist der Export in die Ukraine um mehr als 13 Prozent angestiegen. Im vergangenen Jahr belegte die Ukraine lediglich den 8. Rang unter den Importländern in Bezug auf Lieferungen via Bulgarien. Entgegen der verbreiteten Meinung erfolge die Zunahme des Exports nicht durch die Waffenlieferungen, sondern aufgrund der Kraft- und Brennstoffe, schreibt die bulgarische Presse.

Seit diesem Monat haben die bulgarischen Behörden erlaubt, Erdölprodukte aus russischen Rohstoffen in die Ukraine zu exportieren. „Seit dem 5. Februar 2023 ist ein Export von Erdölprodukten in die Ukraine erlaubt, aber auch der Export einiger Erdölprodukte, die aus russischen Rohstoffen, das auf der Grundlage einer erhaltenen Ausnahmegenehmigung importiert wird, gewonnen werden“, zitiert die bulgarische Nachrichtenagentur BTA einen entsprechenden Beschluss der Landesregierung.

Bulgarien versorgte heimlich die Streitkräfte der Ukraine mit Dieselkraftstoff nach Beginn der militärischen Sonderoperation Russlands. Das Erdölprodukt wurde im Erdölverarbeitungsbetrieb „Lukoil Neftochim Burgas“ hergestellt. Dies meldete im Januar die „Welt“ unter Berufung auf Bulgariens Ex-Finanzminister Assen Wassilew. Wenn man es streng nimmt, hat aber die genaue Anschrift der Erdölraffinerie keine besondere Bedeutung. Schließlich hilft russisches Erdöl auch via Indien der Versorgung der ukrainischen Armee.

„Indien ist Netto-Exporteur von Erdölprodukten. Und ein Großteil davon wird in den Westen gesandt, um zu helfen, die gegenwärtigen Spannungen abzuschwächen“, sagte Warren Patterson, Chef der Abteilung Commodities Strategie in Singapur der ING-Bank, den wiederum die Nachrichtenagentur Bloomberg zitierte. „Es ist völlig offensichtlich, dass der zunehmende Anteil der Rohstoffe, die für dieses Produkt verwendet werden, aus Russland stammt“, sagte der Experte.

„Die Beamten des US-Finanzministeriums haben zwei Hauptziele: den Markt als einen gut abgesicherten zu bewahren und Russland die Erdöleinnahmen zu nehmen“, sagt Ben Cahill, Senior Researcher des in Washington ansässigen Thinktanks Center for Strategy and International Studies. „Sie wissen, dass die indischen und chinesischen Erdölverarbeitungsbetriebe eine große Gewinnspanne erzielen, indem sie russisches Erdöl mit einem Preisnachlass kaufen und zu Marktpreisen exportieren. Ihnen ist dies recht“.

Die Bedeutung der Lieferungen von Erdölprodukten russischer Herkunft über Indien nehme nach den neuen Sanktionen der Europäischen Union hinsichtlich der Kohlenwasserstoffe aus der Russischen Föderation zu, meinen westliche Experten. Russische Beamte sehen keine Gründe für eine drastische Reduzierung der Verarbeitung von Erdöl und der Herstellung von Erdölprodukten aufgrund des EU-Embargos, erklärte der russische Energieminister Nikolaj Schulginow. Laut Angaben des russischen Statistikamtes Rosstat sei der Umfang der Erdölverarbeitung in der Russischen Föderation im vergangenen Jahr um 3,5 Prozent zurückgegangen und habe 276 Millionen Tonnen ausgemacht. Die Herstellung von Benzin sei um 3,6 Prozent bis auf 42,3 Millionen Tonnen angestiegen, die von Diesel – um 5,4 Prozent bis auf 84,7 Millionen Tonnen.

„Wenn der gegenwärtige Mechanismus des Preisdämpfers beibehalten wird, wird die Verringerung der Verarbeitung eine moderate sein, da es für die Erdölunternehmen vorteilhaft sein wird, die Kraft- und Brennstoffe für den Binnenmarkt sogar zu Preisen unterhalb der aktuellen zu liefern“, meint Kirill Melnikow, Leiter des Zentrums für die Entwicklung der Energiewirtschaft.

Entsprechend dem geltenden Preisdämpfer-Mechanismus machten die Zahlungen aus dem russischen Haushalt für die Erdölunternehmen entsprechend den Ergebnissen des vergangenen Jahres 2,16 Billionen Rubel aus. Dies ist fast ein Viertel aller Einnahmen aus den Öl- und Gasexporten, die die Staatskasse im gesamten vergangenen Jahr erhalten hatte.