Finanzminister Anton Siluanow hat in der vergangenen Woche für die Öffentlichkeit Unterricht in Sachen finanzielle Aufgeklärtheit erteilt. Erstens müsse man nach seinen Worten „die nützliche Angewohnheit ausprägen, zu sparen und zu investieren“. Zweitens sei für die konservativen Investoren (und dies sind faktisch die meisten Bürger) nach den Aussagen des Finanzministers die Strategie sehr vorteilhaft, Ersparnisse in Rubel auf Bankkonten zu verwahren. „Ich bewahre auch einen Teil meiner Einkommen in Rubeln in einer Bank“, gab der 60jährige Siluanow in einem Interview für die Regierungszeitung „Rossiskaja Gazeta“ zum Besten.
Freilich demonstrierte der Rubel im April dieses Jahres eine einmalige Reaktion auf den Anstieg der Erdöl-Notierungen. Er begann, hinsichtlich des Dollars einzubrechen. Und eine Abwertung des Rubels geht wiederum mit einer Beschleunigung der Inflation schwanger, aber auch mit einem Rückgang der Realeinkommen der Bürger.
Obgleich die Inflationsparameter bisher scheinbar keinerlei Erschütterungen für die Preise verheißen. Mit Stand vom 10. April hat sich die Jahresinflationsrate in der Russischen Föderation bereits bis auf 3,15 Prozent verlangsamt, teilte am vergangenen Mittwoch das Ministerium für Wirtschaftsentwicklung mit. Solch ein Erfolg ist aber in Vielem durch die hohe Ausgangsbasis des vergangenen Jahres bedingt worden, da damals das Ansteigen der Preise zweistellige Werte erreicht hatte. Dabei werden jetzt auch die eigentlichen Preise für einige Arten von Erzeugnissen in der Russischen Föderation auf eine besondere Art und Weise gebildet – unter Berücksichtigung der Sanktions- und Logistikprobleme. Dies betrifft unter anderem die Haushaltstechnik und Elektronik.
Wenn aber irgendwer nicht bloß Mittel vor der Inflation bewahren, sondern auch Einnahmen erhalten will, so haben die Finanzbehörden für solch einen Fall einen neuen Typ eines individuellen Investitionskontos sowie Programme für eine langfristige Lebensversicherung und langfristige Ersparnisse vorbereitet.
Bei der Erläuterung von Details solch einer Neuerung wie das Programm für langfristige Ersparnisse der Bürger teilte Siluanow in der vergangenen Woche mit, dass in dessen Rahmen die Beiträge durch den Staat mitfinanziert werden würden. Und die „Mitfinanzierung kann bis zu 36.000 Rubel im Jahr im Verlauf der ersten drei Jahre ausmachen“.
Der Minister erzählte auch über eine andere Art von Beiträgen – vom Business, worum es nach wie vor nicht wenige Diskussionen gibt. „Wir finalisieren gegenwärtig die Arbeit an der Konstruktion für eine obligatorische Zahlung des Business an den Staatshaushalt – einer Steuer auf eine unvorhergesehene Einnahme. Vorgesehen wird, dass sie einen einmaligen Charakter tragen und auf der Grundlage des Wertes für den über den Gewinn in den Jahren 2021-2022 im Vergleich zu den Jahren 2018-2019 vor COVID hinausgehenden Gewinn berechnet wird“, teilte der Minister mit.
Die Steuer werde, wie der Finanzminister betonte, einen „geringen Teil der Unternehmen“ tangieren. „Im Verlauf der Diskussion mit dem Business wurde vereinbart, dass die Einnahmen insgesamt rund 300 Milliarden Rubel ausmachen werden“, fügte der Minister hinzu. Eingesetzt würden die Mittel für „die Schaffung von Infrastrukturobjekten, den Straßenbau, ein qualitativ besseres Bildungs- und Gesundheitswesen usw.“.
Obgleich zwei Tage später, am Freitag, Siluanow Journalisten erläuterte: „Wir warten auf das Ergebnis des ersten Quartals, um den Steuersatz für die jene Summen an Zahlungen an den Etat zu korrigieren, über die wir uns mit dem Business geeinigt haben“ (Zitat laut der russischen staatlichen Nachrichtenagentur TASS). „In der nächsten Zeit werden solche Informationen im Finanzministerium der Russischen Föderation eingehen. Wir bereiten eine Gesetzesinitiative vor“, sagte Siluanow.
Zur gleichen Zeit hat man in der letzten Woche mit neuem Enthusiasmus begonnen, von der Notwendigkeit einer Neuauflage der Privatisierung in Russland zu sprechen. Schließlich werden für die Lösung aller vor der Landeswirtschaft stehenden Aufgaben wahrscheinlich sowohl die einmalige Gewinnabführung des Business als auch gar finanziell kluge Investitionen, die von der Bevölkerung vorgenommen wurden, unzureichend sein.
„Woher soll das Geld genommen werden? Es gibt drei Antworten auf eine Frage: eine Neuauflage der Privatisierung, eine mutigere Nutzung der Finanzreserven und staatlichen Schulden für die Entwicklungsziele“, betonte der Chef der Bank VTB, Andrej Kostin, in seiner Autoren-Kolumne für die Media-Holding RBC.
„Die Übergabe staatlichen Eigentums in private Hand zu transparenten und marktwirtschaftlichen Bedingungen ist ein Instrument, das bereits mehrfach seine Effektivität nachgewiesen hat. Das einheimische Business hat ein erhebliches Investitionspotenzial akkumuliert“, erläuterte der Banker. „Geld gibt es im Land.“
Kostin zählte die positiven Aspekte einer Privatisierung auf: Dies sei nicht nur eine Auffüllung des Etats, sondern auch eine Festigung der Grundlagen für die marktwirtschaftlichen Mechanismen, eine weitere Entwicklung des Effektenmarktes, die Formierung einer neuen Generation von Managern sowie die Schaffung einer Grundlage für den Wettbewerb. Im Kreml wird die Frage nach einer Neuauflage des Privatisierungsprozesses nicht diskutiert. Aber man bezeichnete dort den Standpunkt von Kostin als einen recht interessanten.
Das russische Ministerium für Wirtschaftsentwicklung hat am Freitag auch die Hauptparameter für die Prognose für die Jahre 2024-2026 vorgestellt. Das Ministerium prognostiziert ein Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr um zwei Prozent, in den Jahren 2025 und 2026 – 2,6 bzw. 2,8 Prozent. Dabei teilte der Wirtschaftsminister Maxim Reschetnikow mit, dass das BIP Russlands im Jahr 2023 um 1,2 Prozent nach einem Rückgang um 2,1 Prozent im letzten Jahr ansteigen werde.