Beinahe jeden Tag werden Initiativen bekannt, um im Migrationsbereich Ordnung zu schaffen. Um sich Klarheit sowohl hinsichtlich der massenhaften Einreise ausländischer Bürger nach Russland als auch der schnellen Verwandlung der Zugereisten in Bürger der Russischen Föderation, in Bezug auf deren Enklaven-Bildung in einer Reihe russischer Städte und natürlich auch über die berüchtigte Etablierung von Diasporen oder der ethnischen Privatisierung einzelner Bereiche der Wirtschaftstätigkeit zu verschaffen.
Es lohnt, beispielsweise die Idee des Präsidialrates für Menschenrechtsfragen hervorzuheben, einen Kampf gegen die Enklaven zu beginnen. Oder die Initiative der Partei „Gerechtes Russland – Für die Wahrheit“ über eine Reduzierung der Kategorien von Zugereisten mit einem Zugang zu vergünstigten Bedingungen für eine Legalisierung in der Russischen Föderation inklusive des Erhalts eines russischen Passes. Es gibt auch ein Projekt des KPRF-Staatsduma-Abgeordneten aus Samara, Michail Matwejew, der auf die Ermordung einer Einheimischen durch einen Migranten mit der Forderung reagierte, die Liste der Paragrafen des Strafgesetzbuches zu erweitern, denen entsprechend man die erworbene russische Staatsbürgerschaft verlieren kann.
Aber irgendwie ist die Position der staatlichen Behörden nicht auszumachen. Mit Ausnahme jener Statistik, die irgendwie sehr zeitgemäß das Innenministerium oder das Untersuchungskomitee bekanntgeben. Zum Beispiel über das deutliche Korrelieren der Zunahme der Anzahl der Eingereisten mit den Angaben über die Zunahme der Zahl der neuen Bürger Russlands unter ihnen. Oder man nehme einmal die Tatsache, dass im vergangenen Jahr die Anzahl der durch Zugereiste verübten schweren und besonders schweren Verbrechen von 11.000 bis auf fast 15.000 bzw. um 37 Prozent angestiegen ist. Und unter die Zahl der Morde – um 18 Prozent. Im Großen und Ganzen fügt sich da auch der jüngste Fall aus Elektrostal (eine Stadt im Moskauer Verwaltungsgebiet – Anmerkung der Redaktion), als die berüchtigte „Scharia-Patrouille“ einen Halbwüchsigen mit unüblich gefärbten Haaren skalpierte, in diese Statistik ein.
Es sei die Annahme riskiert, dass das Schweigen der Beamten nicht ihre Zustimmung mit solch einer Lage der Dinge und nicht einmal eine Verwirrtheit bedeutet, sondern – im Gegenteil – ein überaus starkes Beschäftigtsein gerade mit einer Tätigkeit zur komplexen Lösung der entstandenen Situation. Diese Annahme wird zumindest deshalb eine richtige sein, da der Präsident der Russischen Föderation die Behörden beauftragt hatte, gerade bis zum 1. Juli die notwendigen Entscheidungen vorzubereiten. Der Hinweis von Wladimir Putin auf die Notwendigkeit, die Einwanderungspolitik zu vervollkommnen, war bei einer Tagung des Kollegiums des Innenministeriums bereits am 20. März zu vernehmen. Mitte Mai hatte er bei einer Sitzung des Präsidialrates für zwischennationale Beziehungen diesen Termin – bis zum 1. Juli – bekräftigt.
Allem nach zu urteilen, ist die institutionsübergreifende Arbeitsgruppe bisher nicht mit dieser Aufgabe fertig geworden oder sie gibt zumindest die gefundenen bahnbrechenden Lösungen für die von Putin gestellte schwierige Aufgabe nicht preis: „Wichtig ist, dass sowohl die Rechtsschutz- als auch die wirtschaftliche Komponente miteinander auf einen Nenner kommen“. Es scheint, dass dies ein schwer zu überwindendes Hindernis ist. Und der gesamte öffentliche Rummel muss zu den äußeren Elementen dieser Diskussionen zwischen den Behörden gerechnet werden. Wobei es auch ein Begreifen dessen gibt, dass das Gleichgewicht der Hauptinteressen ein flexibles sein muss. Es gibt aber dahingehend keine Einigung, in welchem Spielraum und zu welchem Zeitpunkt.
Man könnte anmerken, dass die wirtschaftlichen Erwägungen natürlich die vorrangigen sind. Aber unter der Bedingung, dass sich die Wirtschaft des Landes intensiv und real in alle Richtungen entwickelt. Das heißt: Die ständige Erweiterung jeglicher Business-Aktivitäten nimmt die Zugereisten auf, so wie beispielsweise in Deutschland in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit den türkischen Gastarbeitern, und ersetzt nicht die einheimische Bevölkerung durch Migranten. Wenn es aber im Land um die Angelegenheiten aufgrund objektiver und subjektiver Ursachen völlig anders bestellt ist, so müsste man sicherlich die Priorität wirklich der Sicherheit einräumen. Dafür kann und muss man auch keine gesetzgeberischen und Rechtsschutzpyramiden errichten, sondern einfach eine visumspflichtige Einreise mit den Staaten einführen, die den Großteil der Einwanderer stellen.
Wenn dies jetzt auch erneut aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen unmöglich ist – zwecks Bewahrung der Import-Schemas im Graubereich -, so rückt die Analyse der Einwanderungspolitik ganz und gar in den Hintergrund. Denn in diesem Fall muss man augenscheinlich doch zum Studium eines neuen Niveaus der staatlichen Verwaltung übergehen. Und nach Aussagen von Michail Schwanezkij, einem Klassiker der politischen Satire Russlands, müsste man vielleicht „etwas im Konservatorium korrigieren?“.