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Regierungschef verspricht Pessimisten besseres Leben


Premierminister Michail Mischustin trat am 22. Juli in der Staatsduma mit einem Bilanzbericht auf, wobei er als Hauptziel der Regierung die Anhebung der Lebensqualität eines jeden Menschen im Land nannte. Und die Regierung der Russischen Föderation hat hier wirklich noch einiges zu tun. Schließlich sind 60 Prozent der Bürger Russlands der Auffassung, dass sich das Land in einer Krise befinde. Und erstmals seit den letzten Jahren erwarten mehr Bürger eine Verschlechterung ihrer Lage als deren Verbesserung. Sechs von zehn Bürgern Russlands sprechen von einem Stellenabbau und einer Zunahme der Arbeitslosigkeit, was zweimal mehr ist als vor einem Jahr. Solche Ergebnisse soziologischer Untersuchungen waren am Vorabend des Berichts des Regierungschefs veröffentlicht worden. 

Das Hauptziel der Regierung sei die Anhebung der Lebensqualität eines jeden Menschen im Land, teilte Premier Michail Mischustin den Staatsduma-Abgeordneten mit. Er betonte, dass das Ministerkabinett arbeite und dabei alle Serviceleistungen des Staates um die Bedürfnisse der Menschen gestalte, offen sowie im Dialog auf der Grundlage von gegenseitiger Achtung und Vertrauen agiere, bestrebt sei, ein Beispiel für ethisches Verhalten zu geben, und als ein geschlossenes Team ungeachtet der Aufteilung nach Institutionen zu handele. Das Ergebnis sei wichtiger als formale Prozeduren und Regelwerke, unterstrich der Regierungschef. 

Die Armutsbekämpfung, dies sei eine erstrangige Aufgabe für die Regierung der Russischen Föderation, ungeachtet der Risiken, die sich für die Wirtschaft des Landes vor dem Hintergrund der globalen Herausforderungen ergeben würden, erklärte M. Mischustin. Seinen Worten zufolge habe die gegenwärtige Krise alle berührt. Die Einkommen der Menschen seien gesunken, ernsthafte Verluste habe das Business einschließlich ganzer Branchen eingesteckt. „Besonders schwer ist es für diejenigen, die die Arbeit verloren haben, und die Familien mit Kindern geworden. Wir standen in der Pflicht, uns um sie zu kümmern“, sagte Mischustin. 

Die Zeitspannen für die Erörterung und Abstimmung von Dokumenten in der Regierung seien bis auf 24 Stunden verringert worden, berichtete der Premier. Und für den Start aller Programme zur Unterstützung der Bürger und der Wirtschaft habe die Regierung die Haushaltspolitik wesentlich gelockert. „Bei einem Rückgang der Einkünfte haben wir die Ausgaben nicht gekürzt. Im Gegenteil, sie sind sogar angestiegen. Dank dem ist es gelungen, die Folgen der Ausbreitung des Coronavirus zu dämpfen“, unterstrich er. Der Premier erinnerte daran, dass die Regierung über 600 Milliarden Rubel für unterschiedliche Formen einer Unterstützung der Familien mit Kindern bereitgestellt habe. 

Die Regierung muss sich um immer mehr Arbeitslose kümmern. Schließlich ist der heutige Stand der registrierten Arbeitslosigkeit viermal höher als der des Vorjahres. Die Ergebnisse einer Juli-Umfrage der Holding „Romir“ haben gezeigt, dass sechs von zehn Bürgern Russlands (60 Prozent) von einem Personalabbau in den Unternehmen und eine Zunahme der Arbeitslosigkeit sprachen, was zweimal mehr ist als vor einem Jahr (32 Prozent). Außerdem verwiesen 54 Prozent auf eine Kürzung der Löhne. Lediglich zwei Prozent der Bürger Russlands haben erklärt, dass in Russland alles gut sei und es keinerlei Wirtschaftsprobleme gebe. Dies ist einer der geringsten Werte in der ganzen Zeit der Beobachtungen, betonen die Soziologen. 

Unter Krise verstehen die Bürger Russlands einen Anstieg der Preise für Waren und Dienstleistungen, eine Zunahme der Arbeitslosigkeit, die Verringerung der Löhne, die Abwertung des Rubels sowie Probleme mit der Tilgung von Krediten. Von einem Anstieg der Preise für Waren und Dienstleistungen sprach die überwältigende Mehrheit der Befragten (80 Prozent). Die Rubelabwertung nannten 43 Prozent der Befragten, und noch etwa ein Drittel (32 Prozent) verwiesen auf Schwierigkeiten bei der Tilgung von Krediten. Der Anteil solcher Antworten nimmt über den gesamten Zeitraum der Beobachtungen am schnellsten zu. Am seltensten sprachen die Bürger Russlands von einer angespannten internationalen Lage als Krisenerscheinung (29 Prozent). Dieser Wert ist etwas größer als die Werte der vorangegangenen Jahre. Eine Ausnahme bildet lediglich der Wert für das Jahr 2015, der höher liegt. 

Außer der Befragung von „Romir“ hatte auch das Allrussische Meinungsforschungszentrum (VTsIOM) Ergebnisse seiner Umfragen zum Bericht des Premiers veröffentlicht. Laut diesen Daten erwarten 23 Prozent der Befragten eine Verschlechterung ihrer Lage im nächsten Jahr. Fast die Hälfte der Bürger Russlands (45 Prozent) erwartet für sich und ihre Familien keinerlei Veränderungen in den Lebensbedingungen. Und auf Verbesserungen ist jeder fünfte (20 Prozent) eingestellt.

Die Ergebnisse der VTsIOM-Umfrage tragen den Titel „Soziale Stimmungen in der Normalisierungsetappe“. Obgleich nicht ganz klar ist, was die Soziologen des staatlichen Umfrageinstituts gerade unter Normalisierung verstehen. Zumal die Werte für die Erwartungen hinsichtlich einer Verbesserung oder Verschlechterung der Existenzbedingungen im Verlauf des nächsten Jahres immer negativer werden. Noch im März 2020 war die Zahl derjenigen, die eine Verbesserung ihres Lebens erwarteten, größer als die derjenigen, die eine Verschlechterung ihre Lage erwarteten. Aber in den folgenden drei Monaten hat sich die Situation ins Gegenteil verändert. Und heute ist bei den Bewertungen der bevorstehenden Veränderungen der Anteil der Pessimisten laut VTsIOM-Angaben bereits um drei Prozentpunkte größer als der Anteil der Optimisten. Dabei ist der Anteil derjenigen, die die gegenwärtige Wirtschaftslage des Landes für eine „schlechte“ halten, den maximalen Werten nahe und macht heute 42 Prozent aus (im Mai waren es 43 Prozent). 

Jedem zweiten Bürger Russlands (52 Prozent) sind die Lebensbedingungen seiner Familie heutzutage in der einen oder anderen Weise nicht recht. Dabei sind 23 Prozent der Bürger vollkommen mit ihrem Leben unzufrieden, 29 Prozent der Befragten – teilweise, wie die Daten der VTsIOM-Umfrage belegen.