Unabhängige Zeitung

Private Tageszeitung

Im Familiengesetzbuch Russlands kommen bisher keine fiktiven Ehen vor


Einwanderer schließen zwecks einer Legalisierung weiterhin fiktive Ehen mit Bürgern Russlands. Folglich gibt es bereits die Initiative, für Mischehen eine Probezeit von zwei Jahren einzuführen, damit erst danach die Ehepartner – ausländischen Staatsbürger eine Genehmigung für einen zeitweiligen Aufenthalt oder eine Daueraufenthaltserlaubnis erhalten können. Obgleich solch ein Kampf teilweise auch wichtig ist, wäre es natürlich besser, keine Zunahme der Ausländerfeindlichkeit und des Denunziantentums zu provozieren. Und das Wichtigste ist, dass man in der Einwanderungspolitik doch systematischere Entscheidungen treffen muss.

Die minimale Dauer der Ehe eines ausländischen Staatsbürgers und eines Bürgers der Russischen Föderation als eine Norm des Familiengesetzbuches festzulegen, haben die Senatoren Jurij Waljajew und Irina Rukawischnikowa vorgeschlagen. Die Gesetzesvorlage berührt gleichfalls ein fiktives Adoptieren und legt eine Reihe neuer Grundlage für das Annullieren eines zeitweiligen Aufenthalts oder einer Aufenthaltserlaubnis fest.

Die Initiative hat bereits eine Vorabstimmung in der Regierung durchlaufen. Von dort erfolgten auch Hinweise hinsichtlich einer Überarbeitung vor dem Einbringen des Dokuments in die Staatsduma (das russische Unterhaus – Anmerkung der Redaktion).

Im Ministerkabinett ist man beispielsweise der Auffassung, dass man früher ausgestellte Einwanderungspapiere lediglich in dem Fall annullieren müsse, wenn eine Ehe für ungültig erklärt wird. Die Variante der Senatoren plädiert aber dafür, dass die Genehmigung für einen zeitweiligen Aufenthalt oder die Daueraufenthaltserlaubnis zurückgezogen werden, wenn die Ehe einfach gelöst worden ist. Es sei daran erinnert, dass man bei einer jüngsten Tagung des Kollegiums des Innenministeriums bestätigte: Die Ankömmlinge nutzen unterschiedliche nichtlegale Methoden, um in Russland zu bleiben. Unter ihnen sind auch fiktive Ehen, wobei die ausländischen Staatsbürger entweder selbständig nach damit einverstandenen Bürgern der Russischen Föderation für eine finanzielle Vergütung suchen oder sich an Vermittler wenden, die sich auf eine Legalisierung von Ausländern spezialisiert haben, was häufiger der Fall ist. In Krasnodar warten beispielsweise drei Einheimische, die Einwanderern „geholfen“ hatten, entsprechend einem vereinfachten Modus eine zeitweilige Aufenthaltserlaubnis auszustellen und im Weiteren die russische Staatsbürgerschaft zu beschaffen, auf ihren Prozess.

Wie der „NG“ Alexander Brod, Mitglied des Präsidialrates für Menschenrechtsfragen, sagte, sei es durchaus verständlich, dass die Gesetzgeber und Vertreter der Rechtsschutz- und Sicherheitsorgane versuchen, gegen die Schlupflöcher für eine illegale Migration vorzugehen. Das angewandte Instrumentarium löse aber meistens Fragen aus. Zum Beispiel: Wer und wie überprüft, ob eine Ehe eine fiktive oder eine reale ist? „Wird dies der zuständige Polizeibeamte im jeweiligen Wohnviertel sein? Aber auch wenn er die Wohnungen aufsuchen wird, so wie soll er sie überprüfen? Hinterhalte organisieren, versteckte Videokameras installieren oder sich nachts unter Betten verstecken? Oder muss doch ein spezieller Dienst zur Feststellung des fiktiven Charakters von Ehen etabliert werden oder müssen noch freiwillige Kontrolleure gewonnen werden? Wenn dies aber anständige Eheleute betrifft, wie werden sie dieses Eindringen ins persönliche Leben auffassen? Oder werden die Behörden doch die Nachbarn darauf ausrichten, um Neuverheiratete zu beobachten und bei Bedarf dies an die Behörden zu melden – leben sie zusammen oder nicht?“. Brod erinnerte daran, dass in einer Reihe von Ländern in früheren Phasen ein Kampf gegen fiktive Ehen einsetze. Vorgesehen seien Strafen und sogar Haftstrafen für das Organisieren einer Industrie fiktiver Eheschließungen. Aber auch die Schein-Eheleute müssten haften.

Dennoch macht es Sinn anzumerken, dass in Israel beispielsweise schon lange ein strenges System zur Kontrolle wirkt, die gerade hinsichtlich der Eheleute aus Mischehen vorgenommen wird. Und dies im Verlauf von fünf Jahren. Man kann sie sowohl zu Hause als auch irgendwo an einem anderen Ort überprüfen, Freunde und Kollegen befragen sowie letztlich von den Zu-Überprüfenden an sich faktische Beweise in Form von Fotos, Flugtickets, Rechnungen hinsichtlich der Bezahlungen gemeinsamer Freizeitaktivitäten usw. zu verlangen. Übrigens, die Bestrafung für einen realen oder gar angenommenen fiktiven Charakter erfolgt in Form einer Annullierung der legalisierenden Dokumente und Abschiebung. Das heißt, es gibt entsprechende Prozedere. Obgleich es auch eine Frage dabei gibt: Wird es gelingen, sie in der Russischen Föderation anzuwenden? A. Brod sagte der „NG“, dass das Wirken unterschiedlicher Korruptionsschemen, um sich einer Kontrolle zu entziehen, wahrscheinlicher sei. Zum Beispiel empörte er sich darüber, dass man nach wie vor nicht die Firmen bekämpfen könne, die fiktive Zeugnisse über das Absolvieren einer Russisch-Prüfung sowie einer Prüfung zur Geschichte Russlands und der Gesetzgebung im Fließband-Verfahren ausstellen. Zur gleichen Zeit erklärte Brod, dass man ungeachtet aller Anstrengungen der Gesetzgeber stets Schlupflöcher finden werde, wenn die Einwanderungspolitik keine klare und exakte werde – ohne unnötige bürokratische Hindernisse und Anlässe für eine Korruption.

Der Vizepräsident der russischen Abteilung des Internationalen Komitees für den Schutz der Menschenrechte, Iwan Melnikow, bestätigte der der „NG“, dass die „Anzahl fiktiver Eheschließungen für den Erhalt der Staatsbürgerschaft ständig zunimmt“. Im vergangenen Jahr, erinnerte er, seien beispielsweise rund 400 Ehen von Bürgern Russlands mit ausländischen Staatsbürgern als ungültige anerkannt worden. Es macht Sinn anzumerken, dass es dabei lediglich um ermittelte Fakten geht. In der Realität kann es erheblich mehr geben. Doch vor dem Hintergrund des Einwanderungsstroms aus Millionen von Menschen sehen solche Zahlen doch nicht sehr beeindruckend aus. Im Internet gibt es allerdings wirklich viele Anzeigen hinsichtlich solch einer Dienstleistung mit Preisen im Bereich von 50.000 bis 300.000 Rubel. Und nach Meinung von Melnikow sei die Initiative der Senatoren doch eine zwiespältige. Denn der Vorschlag, den vereinfachten Erhalt einer Daueraufenthaltserlaubnis zu erschweren, könne sich beispielsweise auf reale internationale Familien negativ auswirken. Unter Berücksichtigung dessen, dass es zum Beispiel für die Einwohner der Länder der Europäischen Union ein großes Problem ist, in der EU ein russisches Visum zu erhalten, so klappt dies nur mit Mühen selbst für die gegenüber der Russischen Föderation freundschaftlich eingestellten Vertreter von NGOs, der Zivilgesellschaft oder Politikern. Für Durchschnittsbürger, die mit Bürgern Russlands verheiratet sind, wird dies noch schwerer werden.

Dennoch erklärte Melnikow, dass selbst oberflächliche Überprüfungen ohne Mühen den fiktiven Charakter einer Ehe offenlegen würden, schließlich würden in der Regel solche „Eheleute“ nicht zusammenwohnen. Derweil kann das Innenministerium nicht nur den Aufenthalt der ausländischen Staatsbürger am Meldeort und tatsächlichen Aufenthaltsort kontrollieren, sondern muss dies auch tun. Folglich geht es nicht so sehr um eine Korrektur von Gesetzen, als vielmehr in erster Linie um ein Organisieren der Arbeit der Rechtsschutzorgane, besonders in Bezug auf die Vertreter aus jenen Ländern, die meistens betrügerische Schemen für einen Erhalt der Staatsbürgerschaft der Russischen Föderation ausnutzen. Das heißt, dass es um Vertreter aus Zentralasien, insbesondere aus Tadschikistan, geht.

Nach Meinung des Dozenten der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und Staatsdienst und Mitglieds des Expertenrates der Moskauer Abteilung der Weltweiten russischen Volksversammlung, Michail Burda, sei es schon längst an der Zeit, die Definitionen „fiktive Ehe“ und „fiktive Ehe, die mit einem ausländischen Staatsbürger zwecks weiterer Legalisierung abgeschlossen wurde“ in das Familiengesetzbuch aufzunehmen. Für viele Länder der Welt sei es eine normale Praxis, dass, wenn ein Einwanderer, der den Rechtsstatus seines Aufenthalts durch eine Eheschließung veränderte, bestätigen muss, dass dies keine fiktive ist. Und Burda lobte die russischen Behörden dafür, dass „sie sich schrittweise jene Initiativen zu eigen machen, die in einer Resolution des Forums der Weltweiten Russischen Volksversammlung geäußert und verankert worden sind, das Anfang Juli in Kaliningrad stattgefunden hatte“. Er ist sich jedoch gewiss, dass es keinen Sinn mache, sich teilweise nur auf Veränderungen im Familiengesetzbuch zu beschränken. Mit den Einwanderern müsse überhaupt „die Arbeit komplex vorgenommen werden“.

Beispielsweise werden die Prozedere mit der Verwendung von Dokumenten über das Schließen einer Ehe mit Bürgern der Russischen Föderation, aber auch über das Adoptieren von Bürgern der Russischen Föderation durch ausländische Staatsbürger in der Regel über Vermittler realisiert, die als Konsultations- oder Menschenrechtszentren agieren. Wie Burda unterstrich, würden sie alle mit einer direkten oder indirekten Unterstützung der Diasporen und einzelner ihrer Vertreter handeln und Kontakte in den Behörden haben. Überhaupt müsse man nach seinen Worten massenhafte Überprüfungen der Tätigkeit solcher Strukturen, aber auch der Standesämter, in denen massenhafte Fälle des Registrierens von Ehen zwischen Bürgern der Russischen Föderation und aus Zentralasien und dem Südkaukasus gekommenen Vertretern festgestellt wurden, initiieren. „Man muss demonstrativ, mit einer maximalen Berichterstattung in den Medien das Einleiten von Strafverfahren gemäß Paragraf 322.1. des Strafgesetzbuches der Russischen Föderation („Organisierung einer illegalen Einwanderung“) gegen Leiter, Mitarbeiter von Staatdesämtern, aber auch andere Personen in jenen Fällen initiieren, wenn eine Korruptionskomponente oder die Registrierung fiktiver Ehen nachgewiesen worden ist“, erklärte Burda gegenüber der „NG“. Und er unterstrich, dass solche Urkunden selbstverständlich annulliert werden müssten. Und zusammen mit ihnen müsste auch der so erhaltene Rechtsstatus der Einwanderer beendet werden. Nach seiner Meinung müsste sie auch unverzüglich mit einem lebenslänglichen Verbot für eine Einreise nach Russland abgeschoben werden.