Die Parlamentswahlen in Georgien rücken immer näher heran. Und es ist bereits mehr oder weniger klar, dass sich die einheimische politische Opposition in einer fundamentalen Krise befindet. Die Krise des politischen und ideologischen Denkens ist offenkundig. Die Sprüche des Prowestlertums über bisher ungeahnte Gaben und ein Wohlergehen sind akustisch wahrgenommen worden, werden aber von vielen als irgendetwas Fernes und schwer zu Erreichendes aufgefasst. Ohne einen klaren Aktionsplan zu haben, hofft die Opposition darauf, dass die westlichen „Freunde“ auf den sogenannten tiefen Staat aktiv einwirken werden, wobei sie fordern werden, eine Entscheidung zugunsten der Partei zu treffen, die eine solidarische Politik als die Partei „Georgischer Traum“ verfolgen wird. Und natürlich haben diese Kräfte auch verspürt, dass es im Unterschied zu den hauptsächlichen Wählern, die zu keiner Gewalt und zu radikalen Schritten geneigt sind, die einheimische Jugend gibt, die sehr leicht zu Handlungen mit Hilfe der Androhungen eines „Endes des europäischen Weges“ und von Versprechen über jene Wohltaten, die sich angeblich über das georgische Volk ergießen werden, anzustacheln sind.
Vor dem Hintergrund der ständigen Behauptungen, dass, wenn es nicht das Gesetz über die „Transparenz“ (ausländischen Agenten) geben würde, wenn es nicht die „prorussische“ Partei „Georgischer Traum“ geben würde und wenn „gläubige“ Prowestler an der Macht wären, das Land in einem Überfluss untergehen würde, nimmt unter der jungen Generation Georgiens die Gewissheit hinsichtlich der Notwendigkeit radikaler Schritte zu. Schritte, die die Degradierung stoppen und eine sorgenfreie Zukunft sichern würden. Und diese Radikalisierung des Denkens wird leider zielgerichtet durch den Westen bereits offen unterstützt. Eine Transformation des Aktivismus in einen Radikalismus und Extremismus versetzt jedoch der Stabilität und Festigkeit des Staates und der demokratischen Institute einen zusätzlichen Schlag und veranlasst alle Seiten zu einer weiteren Radikalisierung.
Es muss gesagt werden, dass das Verschwinden der Grenze zwischen Aktivismus und Extremismus eine globale Tendenz ist, ausgelöst durch aktive Predigten nicht nur interessierter Personen, sondern auch der akademischen Eliten und darauf aufbauend, dass eine kompromisslose Verteidigung der eigenen Ideen und Interessen über jeglichem anderen Wert steht. Diese Behauptung, die die Folge eines zu langen und schmerzfreien Existierens mehrerer Gruppen von Personen und gar ganzer Generationen in der Welt ist, birgt eine Gefahr für die Stabilität nicht nur einzelner Staaten, sondern auch des gesamten globalen Systems. Immer weniger Menschen sind geneigt, den Opponenten Gehör zu schenken und sich auf Debatten einzulassen. Die sozialen Netzwerke, die uns vereinen sollen, haben in der Realität getrennt, wobei sie den Internet-Nutzern erlauben, Informationsblasen zu schaffen, ohne aus der eigenen physischen und mentalen Komfortzone herauszugehen. Georgien ist ein anschauliches Beispiel für diesen Prozess. Die Jugendlichen und Jugend-Gruppierungen werden von unterschiedlichen politischen Kräften aktiv für die Durchführung von Mahnwachen, das Blockieren von Gebäuden und mindestens für verbale Attacken nicht nur gegen Vertreter der Machtorgane, sondern auch gegen alle Nichteinverstandenen ausgenutzt.
Noch vor fünf Jahren war es schwer sich vorzustellen, dass man im Zentrum von Tbilissi gegen die Kräfte der Rechtsschutzorgane Molotow-Cocktails einsetzen, privates Eigentum kaputtmachen, Autos in Brand stecken und dies alles als ein Zeichen von zivilem Aktivismus bezeichnen kann. Mehr noch, solche Handlungen wäre von den Menschen, die die 90er und den Beginn der 2000er durchgemacht haben, automatisch als Barbarei angesehen worden und werden auch heute als solche angesehen. Aber bei der reichlichen Unterstützung aus dem Ausland haben sich die Vertreter der neuen Generation davon überzeugt, dass Extremismus nicht nur zulässig, sondern auch eine edle Sache sei, wenn sie dem höchsten Ziel – der Integration des Landes in die westliche Zivilisation – dient. Und die finanzielle und logistische Förderung, die diese Menschen zweifellos erhalten, hat solch eine Überzeugung nur verstärkt.
Und jetzt, am Vorabend der Parlamentswahlen im Oktober, da der Westen sogar begreift, dass die Partei „Georgischer Traum“ wahrscheinlich siegen wird, wird vorrangig gerade auf jenen Teil der einheimischen Jugend gesetzt, der bereits das Gefühl für ein Unterscheiden zwischen Aktivismus und Extremismus verloren hat. Man könnte dem Postulat zustimmen, dass eine Revolution als eine Erscheinung von Extremismus ein untrennbarer Teil der Entwicklung sei. In einer Reihe von Ländern des postsowjetischen Raums hat man jedoch Extremismus und Revolutionen durch Aktivismus und eine Evolution ersetzt. Daher entwickeln sich diese Länder nicht. Und in ihnen sind nicht die Institute und Praktiken prowestliche oder prodemokratische, sondern lediglich politische Erklärungen. Man hätte es ungern, dass Georgien, das es geschafft hat, aus diesem verderblichen Kreis herauszukommen, wieder nur aufgrund zeitweiliger politischer und geopolitischer Interessen des Westens dorthin zurückkehrt.