Kaum hatte Präsident Wladimir Putin die Grundlagen für die staatliche Politik auf dem Gebiet der nuklearen Zügelung unterschrieben und in Kraft gesetzt, wandte er sich nun vor allem an die Bürger Russlands. Anlass seiner Erklärung waren der Einsatz weitreichender Raketensysteme des Westens durch die ukrainischen Militärs gegen Objekte auf dem Territorium der Russischen Föderation. Das Statement war klar und unzweideutig: Moskau werde keine Eskalation der Situation im Ukraine-Konflikt tatenlos dulden. Der Fernsehauftritt des Kremlchefs am Donnerstagabend richtete sich aber auch an die westlichen Staaten, die die Ukraine in ihrem Proxy-Krieg gegen Russland ausnutzen. Putin verwies in seiner Ansprache auf neueste russische Waffensysteme, gegen die der Westen nichts dagegenhalten könne. „Dies ist ausgeschlossen“, unterstrich das russische Staatsoberhaupt. Es entsteht der Eindruck, dass die Entwicklung der Ereignisse im Ukraine-Krieg vor der Amtseinführung Donald Trumps als neuer US-Präsident eine rasante und gefährliche Fahrt aufgenommen haben, die schnell außer Kontrolle geraten können. Die Redaktion „NG Deutschland“ hat eine Übersetzung des Wortlauts des Putin-Auftritts am Donnerstagabend vorbereitet.
„Ich möchte den Personalbestand der Streitkräfte der Russischen Föderation, die Bürger unseres Landes, unsere Freunde in der ganzen Welt, aber auch jene, die weiterhin Illusionen hinsichtlich der Möglichkeit, Russland eine strategische Niederlage zuzufügen, hegen, über jene Ereignisse informieren, die sich heute in der Zone der Durchführung der militärischen Sonderoperation, und zwar nach dem Einsatz weitreichender Waffen aus westlicher Produktion gegen unser Territorium vollziehen.
In Fortsetzung des Kurses zu einer Eskalation des durch den Westen provozierten Konflikts in der Ukraine haben die USA und ihre NATO-Verbündeten früher erklärt, dass sie eine Genehmigung zum Einsatz ihrer Systeme von weitreichenden hochpräzisen Waffen gegen das Territorium der Russischen Föderation erteilen. Den Experten ist gut bekannt, und die russische Seite hat dies mehrfach unterstrichen, dass es unmöglich ist, derartige Waffen ohne eine direkte Beteiligung von Militärspezialisten der Herstellerländer solcher Waffen einzusetzen.
Am 19. November wurden durch sechs operativ-taktische ATACMS-Raketen aus der Produktion der USA und am 21. November im Verlauf einer kombinierten Raketenattacke mit Storm-Shadow-Systemen aus britischer Fertigung und HIMARS aus US-amerikanischer Fertigung Schläge gegen Militärobjekte auf dem Territorium der Russischen Föderation – in den Verwaltungsgebieten Brjansk und Kursk – geführt. Ab diesem Zeitpunkt hat der vom Westen provozierte Regionalkonflikt in der Ukraine, wie wir früher mehrfach unterstrichen, Elemente eines globalen Charakters erlangt. Unser Luftverteidigungssysteme haben diese Angriffe abgewehrt. Im Ergebnis dessen sind die Ziele, die sich offenkundig durch den Gegner gestellt wurden, nicht erreicht worden.
Der in einem Munitionslager im Verwaltungsgebiet Brjansk ausgebrochene Brand durch den Absturz von ATACMS-Raketentrümmern ist gelöscht worden. Es gibt keine Opfer und ernsthaften Zerstörungen. Im Verwaltungsgebiet Kursk wurde ein Überfall auf einen der Kommandopunkte unserer Gruppierung „Norden“ verübt. Im Ergebnis der Attacke und des Luftkampfes gibt es leider Opfer, ums Leben gekommene und Verwundete aus dem Personalbestand der Einheiten für die äußere Bewachung des Objektes und des Wartungspersonals. Der Kommandeurs- und operative Personalbestand des Führungspunktes ist nicht zu Schaden gekommen und realisiert im regulären Regime die Führung der Handlungen unserer Truppen zur Vernichtung und Verdrängung der Truppenteile des Gegners aus dem Verwaltungsgebiet Kursk.
Ich möchte noch einmal besonders unterstreichen, dass der Einsatz derartiger Waffen durch den Gegner nicht in der Lage ist, den Verlauf der Kampfhandlungen in der Zone der militärischen Sonderoperation zu beeinflussen. Unsere Truppen rücken erfolgreich an der gesamten Linie der Kämpfe vor. Alle Aufgaben, die wir uns stellen, werden erfüllt.
Als Antwort auf den Einsatz amerikanischer und britischer weitreichender Waffen haben die russischen Streitkräfte am 21. November dieses Jahres einen kombinierten Schlag gegen eines der Objekte des Rüstungskomplexes der Ukraine geführt. Unter Gefechtsbedingungen wurde unter anderem auch ein Test eines der neuesten russischen Raketensysteme mittlerer Reichweite durchgeführt – in diesem Fall mit einer ballistischen Rakete in einer nichtnuklearen Hyperschallausführung. Unsere Raketenspezialisten haben es „Oreschnik“ (deutsch: Haselnussstrauch – Anmerkung der Redaktion) genannt. Die Tests sind erfolgreich verlaufen, das Ziel des Starts ist erreicht worden. Auf dem Territorium der Ukraine, in der Stadt Dnepropetrowsk ist einer der größten und noch aus den Zeiten der Sowjetunion bekannten Industriekomplexe getroffen worden, der auch heute Raketentechnik und andere Waffen herstellt.
Die Entwicklung von Raketen mittlerer und kurzer Reichweite erfolgt durch uns als Antwortmaßnahme auf die Pläne der USA zur Herstellung und Stationierung von Raketen mittlerer und kurzer Reichweite in Europa und in der asiatisch-pazifischen Region. Wir denken, dass die USA einen Fehler begangen haben, indem sie einseitig im Jahr 2019 unter einem erfundenen Vorwand den Vertrag über die Liquidierung von Mittel- und Kurzstreckenraketen zerstörten. Heute produzieren die USA nicht nur solche Technik, sondern haben, wie wir sehen, im Verlauf von Maßnahmen zur Ausbildung ihrer Truppen Fragen einer Verlegung in verschiedene Regionen der Welt, darunter nach Europa, ihrer perspektivreichen Raketensysteme durchgespielt. Mehr noch, im Verlauf von Manövern führen sie Trainings zu ihrem Einsatz durch.
Ich erinnere daran, dass Russland freiwillig, einseitig die Verpflichtung übernommen hat, solange keine Raketen mittlerer und kurzer Reichweite zu stationieren, solange keine derartigen amerikanischen Waffen in irgendeiner Region der Welt auftauchen.
Ich wiederhole: Die Erprobungen des Raketensystems „Oreschnik“ unter Gefechtsbedingungen erfolgen durch uns als Antwort auf die aggressiven Handlungen der NATO-Länder gegenüber Russland. Die Frage nach einer weiteren Stationierung von Raketen mittlerer und kurzer Reichweite wird durch uns in Abhängigkeit von den Handlungen der USA und deren Satelliten geklärt werden.
Die Objekte für eine Vernichtung im Verlauf der weiteren Erprobungen unserer neuesten Raketenkomplexe werden durch uns ausgehend von den Bedrohungen für die Sicherheit der Russischen Föderation bestimmt werden. Wir halten uns für berechtigt, unsere Waffen gegen Militärobjekte jener Länder anzuwenden, die erlauben, ihre Waffen gegen unsere Objekte einzusetzen. Und im Falle einer Eskalation der aggressiven Handlungen werden wir genauso entschieden und symmetrisch antworten. Ich empfehle auch den herrschenden Eliten jener Länder, die Pläne hegen, ihre Militärkontingente gegen Russland einzusetzen, sich darüber ernsthaft Gedanken zu machen.
Es versteht sich, dass wir im Bedarfsfall und als Antwortmaßnahmen bei der Auswahl von Objekten für eine Vernichtung durch solche Systeme wie „Oreschnik“ auf dem Territorium der Ukraine vorab den Zivilisten vorschlagen, aber auch die sich dort befindlichen Bürger befreundeter Staaten bitten, die Gefahrenzonen zu verlassen. Wir werden dies aufgrund humanitärer Erwägungen tun – offen, öffentlich und ohne das Befürchten eines Widerstands seitens des Gegners, der gleichfalls diese Informationen erhält.
Warum ohne Befürchtungen? Weil es zum heutigen Tag keine Mittel zur Abwehr solcher Waffen gibt. Die Raketen greifen die Ziele mit einer Geschwindigkeit von zehn Mach an, dies sind 2,5 bis 3 Kilometer in der Sekunde. Die heutigen in der Welt existierenden Luftabwehrsysteme und die von den Amerikanern zu entwickelnden Raketenabwehrsysteme fangen in Europa derartige Raketen nicht ab. Dies ist ausgeschlossen.
Ich unterstreiche noch einmal, dass nicht Russland, sondern gerade die USA das System der internationalen Sicherheit zerstörten und – indem sie weiter um ihre Hegemonie kämpfen, sich an sie klammern – die ganze Welt zu einem globalen Konflikt treiben.
Wir haben es stets vorgezogen, und wir sind auch heute bereit, alle strittigen Fragen mit friedlichen Mitteln zu lösen. Aber wir sind gleichfalls auch zu jeglicher Entwicklung der Ereignisse bereit.
Wenn irgendwer noch daran zweifelt, so vergebens – es wird stets eine Antwort geben.“