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Über die neue Elite und die Teilnehmer der militärischen Sonderoperation


Der russische Präsident Wladimir Putin hat in dieser Woche bei der Zeremonie zur Verleihung der Medaillen „Goldener Stern“ erklärt, dass „die Helden der militärischen Sonderoperation auch die echte, keine gefälschte, sondern die wahre Elite des Landes sind“. Das Staatsoberhaupt formulierte nicht das erste Mal solche Worte. In der Jahresbotschaft an die Föderale Versammlung hatte er im Februar gesagt, dass das Wort „Elite“ diejenigen diskreditiert hätten, die „keine Verdienste vor der Gesellschaft besitzend, sich für irgendeine Kaste mit besonderen Rechten und Privilegien halten“. Putin hatte dies besonders auf die Personen bezogen, die „sich die Taschen durch jegliche Prozesse in der Wirtschaft seit den 1990er Jahren vollgestopft haben“. Als wahre Elite hatte der Präsident damals „Arbeiter und Militärs“ bezeichnet. Die neuen Aussagen in Bezug auf die Helden der militärischen Sonderoperation Russlands in der Ukraine sind eine Fortsetzung dieser Linie.
Man kann diese Worte einfach als den Wunsch auffassen, die Teilnehmer der Sonderoperation herauszuheben, zu würdigen. Jedoch hat der Gedanke von der „neuen Elite“ auch eine praktische Umsetzung. Dies ist zum Beispiel das im März gestartete Ausbildungsprogramm „Zeit der Helden“ dessen Aufgabe es ist, hochqualifizierte und kompetente Führungskräfte aus den Reihen der Teilnehmer der militärischen Sonderoperation auszubilden, damit sie später in Strukturen der Staats-, der regionalen und munizipalen Machtorgane, aber auch in Staatsunternehmen arbeiten können. Die Elite sind jene, die Entscheidungen treffen oder an deren Vorbereitung teilnehmen. Und der Präsident verwies darauf, was für Menschen man konkret dafür schulen müsse. Wenn sie nicht bereit sein werden, würden sie wahrscheinlich denjenigen Fragen stellen, die sich mit dem Programm befassten.
Das Reden über die „neue Elite“ wird besonders in der Perspektive des Lebens nach Beendigung des russisch-ukrainischen Konfliktes zu einem aktuellen. Wobei es hier sehr schwierig ist, von Terminen bzw. Zeiträumen zu sprechen. Aber auch darüber, wie gerade dieser Abschluss aussehen wird (wird es beispielsweise einen Friedensvertrag geben, auf was für Zugeständnisse werden sich die Seiten einlassen). Wichtig ist, dass, wenn dies erfolgt, die Teilnehmer der militärischen Sonderoperation nicht einfach in die Programm für eine Erneuerung der Führungskräfte integriert werden. Sie werden unweigerlich auch in die innenpolitischen Prozesse involvierte sein – sowohl als Kandidaten für Gouverneurs- und Bürgermeisterämter als auch als Abgeordnete unterschiedlicher Ebenen.
Wie wird sich dies auf die Innenpolitik auswirken? Nach Erhalt von Amtssesseln und Mandaten können die Teilnehmer der Sonderoperation einfach zu einem organischen Teil der gegenwärtigen Elite werden. Sie können aber in diese auch einen „Post-Konflikt“-Diskurs, eine andere bzw. veränderte Ideologie und andere Methoden für das Treffen von Entscheidungen einbringen. Die Parteien werden sicherlich bestrebt sein, solche Menschen zu gewinnen. Aber man kann nicht ausschließen, dass die Helden der militärischen Sonderoperation ihre politische Struktur etablieren wollen – und ihr Einzug in die Duma wird ein recht wahrscheinlicher.
Bis zum Beginn des Konfliktes mit der Ukraine wurde, wie es schien, auf Technokraten gesetzt. Angenommen wurde eine Erneuerung der Elite durch den Herrschenden loyale, zur gleichen Zeit aber auch moderne, gebildete und recht junge Menschen, die technologisch beschlagen sind und Managementerfahrungen, darunter auch im Business-Bereich, besitzen. Diese Qualitäten werden bestimmt auch in den Realitäten nach dem Konflikt gefragt sein. Folglich müssen die Vertreter der neuen Elite, indem sie sich vorbereiten, jene Etappen durchlaufen, die die gestandenen Manager bereits hinter sich gebracht haben.
Wie bald wird diese Zeit anbrechen? Teilweise integriert man schon Helden der militärischen Sonderoperation in die Machtstrukturen. Zur gleichen Zeit besteht die Empfindung, dass man auf ein Ende des Konflikts wartet. Dies ist anhand dessen zu spüren, wie oft man auch auf allen Ebenen von Verhandlungen spricht. Dies könnte eine soziologische Erhebung unterstreichen. Aber solche Untersuchungen – auf jeden Fall offene – führt man nicht durch. Die Herrschenden in Russland haben es in den letzten Jahrzehnten gelernt, die Stimmungen der Mehrheit zu spüren oder den Grad ihrer Bereitschaft, unpopuläre Maßnahmen zu akzeptieren, zu bestimmen. Funktioniert dies in einer Situation, in der ein erheblicher Teil der Gesellschaft völlig konkrete Erwartungen oder Hoffnungen hat? Zum Beispiel auf einen Frieden im Jahr 2025? Denn die Zeit des Integrierens von Helden der militärischen Sonderoperation in die Elite – dies ist vermutlich in Friedenszeiten der Fall, wenn die gewonnenen Erfahrungen für andere Bereiche angewandt werden.