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Europa will die Ukraine in ein „stählernes Stachelschwein“ verwandeln


  1. Am Donnerstag findet in Brüssel ein EU-Sondergipfel zur europäischen Verteidigung und zum Konflikt in der Ukraine statt. Ungeachtet dessen, dass nach drei Jahren Unterstützung für Kiew die EU über beschränkte Ressourcen für eine Fortsetzung der finanziellen und militärischen Hilfe für Kiew verfügt, erklärte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, dass der Summit wahrscheinlich eine Unterstützung für die Ukraine über „hunderte Milliarden Euro“ billigen werde. Denn das Ziel des Treffens sei, die Unterstützung für Kiew zu verstärken und der Eurokommission das Mandat für eine baldigen Beginn einer großangelegten gemeinsamen Finanzierung der Verteidigung zu erteilen, „da unsere Sicherheit auf dem Spiel steht“, präzisierte Macron. Ohne die Entscheidungen des Summits in Brüssel abzuwarten, erklärte die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu den Ergebnissen des Treffens von Staats- und Regierungschefs aus 14 Ländern am Sonntag in London, dass die EU die Ukraine in ein „stählernes Stachelschwein, das nicht ein Gegner verdauen kann“, verwandeln müsse. Europa müsse in die Verteidigung investieren und „ein deutliches Vorankommen“ in der Rüstungsindustrie gewährleisten. Um mehr Möglichkeiten für Investitionen in die Herstellung von Waffen zu gewähren, versprach von der Leyen die scheinbar unerschütterlichen Haushaltsnormen und Finanzregeln der EU zu verändern. Laut Informationen diplomatischer Quellen in Brüssel befrage der Präsident des Europäischen Rates, António Costa, die 27 EU-Mitgliedsländer, wobei er einen Liste jener erstelle, die bereit sind, einen Beitrag zur Hilfe für die Ukraine zu leisten. Allerdings sind gegenwärtig für die Organisatoren des Summits nicht weniger die Stimmungen in dieser Hinsicht in Washington wichtig. Seit dem Zeitpunkt der Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus werden die Beziehungen zwischen der EU und den USA immer angespannter. Die Androhung einer Anhebung der Einfuhrzölle für europäische Waren, die verbalen Auseinandersetzungen bei der Münchner Sicherheitskonferenz mit einem Zuspiel von Vizepräsident JD Vance, die russisch-amerikanischen Verhandlungen in Saudi-Arabien ohne eine Beteiligung der EU und der Ukraine sowie die Streitigkeiten in der UNO aufgrund der Resolution aus Anlass des dritten Jahrestags des Beginns der militärischen Sonderoperation Russlands in der Ukraine – all dies sind jüngste Risse, die sich in den Beziehungen zwischen Brüssel und Washington ergeben haben. Wenn das Treffen von Wladimir Selenskij mit Donald Trump am 28. Februar erfolgreich verlaufen wäre, hätte es eine größere Geschlossenheit der EU und der USA fördern können. Die Spannungen in den transatlantischen Beziehungen haben sich jedoch nur verstärkt, da die meisten europäischen Spitzenvertreter Unterstützung für die Ukraine bekundeten. Folglich sieht die transatlantische Solidarität in Form eines „Schulterschlusses gegen Russland“ derzeit mehr als zweifelhaft aus. Ja, und innerhalb der EU ist es mit der Einheit nicht so bestellt, wie es gern deren Führung hätte. Ungarns Premier Viktor Orbán sandte António Costa ein Schreiben mit der Androhung, die gemeinsame Erklärung zur Unterstützung der Ukraine entsprechend den Ergebnissen des Summits am 6. März zu blockieren. In der Botschaft, die in die Hände von Journalisten der „Financial Times“ gelangte, heißt es, dass die EU die Pläne aufgeben solle, neue Verpflichtungen in Bezug der Ukraine zu übernehmen. „Ich bin davon überzeugt, dass die EU entsprechend dem Beispiel der USA direkte Verhandlungen mit Russland über eine Feuereinstellung und einen stabilen Frieden in der Ukraine aufnehmen muss. Diese Vorgehensweise kann man nicht mit dem harmonisieren, was im Entwurf des Kommuniqués zum Ausdruck gebracht wird“, erklärte Orbán. Die Ergebnisse des Treffens in London bezeichnete er als gefährliche, da dessen Teilnehmer beschlossen hätten, die Kampfhandlungen in der Ukraine fortzusetzen, und Kiew dazu anspornen würden. Eine analoge Position vertritt der Premier der Slowakei, Robert Fico. Die Strategie der EU für das Erreichen von Frieden mittels Gewalt bzw. Stärke hält er für unrealistisch. „Die Slowakei wird die Ukraine bei einer Fortsetzung des Krieges weder finanziell noch auf militärischem Wege unterstützen“, schrieb Fico in sozialen Netzwerken. Auch haben die EU-Länder keine einheitliche Meinung bezüglich der Verwendung der souveränen Vermögen der Russischen Föderation für eine Finanzierung von Kiew ausgearbeitet. Belgien, Deutschland und Frankreich befürchten zerstörerische Konsequenzen für den Euro und das Bankensystem. Und die Position von Budapest werde von Washington abhängen, nimmt Donald Tusk, der Premier Polens, das in diesem Halbjahr den Vorsitz in der EU wahrnimmt, an. Die Wahrscheinlichkeit einer Konfiszierung der auf Eis gelegten Vermögen der Russischen Föderation ist keine große. Nach Aussagen von Tusk müsse sich die EU darauf konzentrieren, um im Juni zumindest die Sanktionen gegen Russland zu verlängern.7