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Sowohl Russland als auch die USA haben die geopolitische Bedeutung der Arktis bewertet


Das Interesse für die Arktis hat in der Welt dank der Aktivitäten der neuen US-Administration hinsichtlich Grönlands zugenommen. Der weltweit größten Insel ist das Schicksal eines Vorpostens der USA in der Arktis beschieden worden. Die sich wiederholenden Erklärungen von US-Präsident Donald Trump über die Notwendigkeit und gar Unausweichlichkeit einer Aufnahme Grönlands in den Bestand der Vereinigten Staaten sehen bereits nicht einfach als das Element einer Propaganda-Kampagne aus. Nach dem Besuch der amerikanischen Weltraumbasis Pituffik (Thule Air Base) im Norden Grönlands durch Vizepräsident James David „JD“ Vance und Verteidigungsminister Pete Hegseth ist klar geworden, dass die Situation eine ernsthafte ist: Trump beabsichtigt nicht, die Region weder der Russischen Föderation noch China zu überlassen. Der Knackpunkt ist die zunehmende strategische Bedeutung der Arktis. Die Expansion der Konkurrenten der USA in der Region beunruhigt Trump so sehr, dass zu einem Ausweg ein neuer Status quo von Grönland werden soll. Der Besuch der hochrangigen Vertreter der amerikanischen Administration bestätigt die Ernsthaftigkeit der Absichten der USA hinsichtlich eines Durchsetzen ihrer Interessen in der Arktis. Die Amerikaner interessieren die Erweiterung des Zugangs zum Schelf mit seinen Bodenschätzen und die Erschließung und Nutzung des Nördlichen Seeweges. Die Arktis erlangt auch für Russland eine neue Bedeutung aufgrund der sich auftuenden Möglichkeiten zur Ausbeutung von Bodenschätzen, vor allem von Erdöl und Gas. Für die Entwicklung einer Zusammenarbeit war bereits 1999 der Arktische Rat geschaffen worden, dem die interessierten Länder Russland, Kanada, USA, Dänemark mit Grönland und den Faröer-Inseln, Norwegen, Finnland und Schweden beitraten. Aber zum heutigen Tag ist die Arbeit des Rates auf Eis gelegt worden. Und seine Beteiligten sind in einen akuten Konkurrenzkampf geraten. Das freie Passieren zum Nördlichen Eismeer und Nördlichen Seeweg befinden sich in den Grenzen der Zonen, die von Russland kontrolliert werden. Andere Länder versuchen aber, ihn zu einem internationalen Seeweg zu machen. Und darin liegt das Hauptspannungsfeld. Man darf auch nicht die Bedeutung der Region aus der Sicht der Verteidigung vergessen, die heutzutage zugenommen hat. Unter Berücksichtigung dessen würde ein Angliederung von Grönland die Möglichkeiten der USA erheblich erhöhen. In der Russischen Föderation hatte sich die Entwicklung der Arktis-Regionen (derer gibt es zehn) lange Zeit verzögert, da für sie unterschiedliche Ministerien verantwortlich waren, die mitunter entgegengesetzte Ziele verfolgten. Die wirtschaftliche Entwicklung der Region wurde gleichfalls aufgrund der strengen Umweltschutzforderungen ausgebremst. Die Situation fing sich zu ändern an, als man an die Entwicklung der Arktis wie an ein nationales Projekt heranzugehen begann. Im Oktober 2020 wurde ein Erlass des Präsidenten der Russischen Föderation über die Strategie zur Entwicklung der Region herausgegeben, die sich ein halbes Jahr zu ein Programm wandelte, das bis zum Jahr 2035 ausgelegt ist. Ende März fand in Murmansk das Internationale Arktis-Forum statt, und in Moskau erfolgte eine Rundtischdiskussion zum Thema „Die Arktis als eine neue geopolitische Front: Konfrontation oder Zusammenarbeit“. Die Teilnehmer der Rundtischdiskussion gelangten zu dem Schluss, dass sich der von Russland geschaffene Nördliche Seeweg in ein weltweites Logistik-Projekt verwandele, das in der Lage sei, die geopolitische Landkarte und die Weltwirtschaft zu beeinflussen. Die Arktis wird von den Experten als eine neue Arena einer Konkurrenz der Russischen Föderation, der USA und einer Reihe europäischer Länder angesehen. Daher sei eine wichtige Aufgabe nicht so sehr die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Arktis, sondern auch die Verteidigung der Interessen Russlands in der Region. Die entsprechende vorsichtige Formulierung im Kommuniqué der Rundtischdiskussion reflektiert nicht ganz die konkreten Vorschläge der Diskussionsteilnehmer. Und die hingen mit solchen für die Russische Föderation oft schmerzhaften Problemen wie die Importsubstitution, die aktive Entwicklung der Eisbrecher-Flotte, die Investitionen in die Förderung von Bodenschätzen und letztlich der Verteidigung des Rechts Russlands auf den Nördlichen Seeweg, um dessen Exterritorialität zu vermeiden, zusammen. Dieser letzte Punkt kann zum Dreh- und Angelpunkt werden, um den sich die Politik Russlands in der Arktis-Region gestalten wir