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Auf der Tagesordnung – die Schaffung eines patriotischen Theaters


  1. Wladimir Putin hat den Auftrag erteilt, in Moskau ein Theater zu schaffen, das „auf eine Propagierung einer modernen Dramaturgie patriotischer Ausrichtung orientiert ist“. Der Auftrag soll bis zum 30. November erfüllt werden. Der Präsident hat damit die Initiative des Schriftstellers Sachar Prilepin unterstützt, die dieser bei der jüngsten Tagung des Rates für Kultur und Kunst formuliert hatte. „Moderne Dramaturgie soll nicht nur in dem künftigen Theater zeitgenössischer patriotischer Autoren, sondern auch in jenen auftauchen, die bereits viele Jahrzehnte in unserem Land erfolgreich existieren“, sagte der fast 50jährige Prilepin. „Wenn die Schriftsteller ihr eigenes Theater hätten, so würde dies natürlich unsere Sorgen wesentlich erleichtern“, fügte er hinzu. Die Unterstützung der militärischen Sonderoperation durch Kulturprojekte hat im Jahr 2022 begonnen. Die ersten waren Auftritte von Künstlern, die mit Konzerten an die Frontlinie gekommen waren. Mit der Aufnahme der neuen Territorien in den Bestand der Russischen Föderation begann das Zentrum, die dortigen Kultur-Communities zu unterstützen, Bibliotheken und Museen wiederherzustellen… Den großen Theater- und Musikkollektiven organisierte man Gastspiele durch Regionen Russlands. Der Staat hatte sich mehrfach an die Kulturschaffenden mit der Aufgabe gewandt, Werke über die militärische Sonderoperation zu schaffen (die in der kommenden Woche bereits 1200 Tage andauern wird – Anmerkung der Redaktion). Er hatte sogar Fördermittel angeboten. Ein Ergebnis taucht nur episodisch auf. Ein Echo auf die Appelle war nicht allzu aktiv. Ja, und das, was geschaffen wurde, hatte keine ernsthafte öffentliche Resonanz gefunden. Die Präsidentenstiftung für Kulturinitiativen hat begonnen, Wettbewerbe für Projekte mit einer patriotischen Komponente auszuschreiben. Aber weder auf Bestellung noch gemäß dem Ruf des Herzens hat bisher keiner ein Werk geschaffen, das von der Stärke her nicht einmal der „Leningrader Sinfonie“ von Schostakowitsch oder zumindest dem Lied „Der heilige Krieg“ von Alexandrow nahekommt. Die Vorsitzende des Föderationsrates der Russischen Föderation, Valentina Matwijenko, konstatierte: „Das künstlerische Echo eines bestimmten Teils der Vertreter der russischen Kultur auf die militärische Sonderoperation, auf den Heroismus der Kämpfer und auf das Wirken der Freiwilligen hat sich gelinde gesagt als ein zurückhaltendes erwiesen. Aus ihrer „professionellen Arbeit“ hat es keine ausreichende Anzahl neuer reifer Werke, die diesen Themen gewidmet sind, gegeben, um in unsere Massenkultur fest Eingang zu finden“. Die Ursachen dafür liegen an der Oberfläche: Ein gewisser Teil der Kulturelite Russlands unterstützte nicht die militärische Sonderoperation. Und ein anderer kann noch immer nicht die Berührungspunkte finden, die beim Leser, Zuschauer und Hörer – sprich: beim Konsumenten – die nötige Reaktion auslösen. Matwijenko schlägt vor, den Weg der Schaffung einer neuen Kulturelite zu gehen – der Initiative des Präsidenten folgend, eine neue politische Elite aus den Teilnehmern der militärischen Sonderoperation zu formieren. „Die allererste Pflichte des Staates, der Massenmedien und der Künstlerorganisationen ist die Schaffung von Bedingungen, damit in die Literatur, in die Theater, den Film, in die Musik, ins Fernsehen und in die bildende Kunst begabte Menschen kommen, die nicht vom Hörensagen um die harten Alltagsbedingungen der Kampfhandlungen wissen. Damit ihr Schaffen einer möglichst großen Anzahl von Bürgern Russlands bekannt und zugänglich ist“, sagte die Vorsitzende des russischen Oberhauses. Folglich ist nicht ausgeschlossen, dass Stücke für das neue Theater Helden der militärischen Sonderoperation schreiben werden. Nur wer wird ihnen die Gesetze der Dramaturgie vermitteln? Heutzutage Teilnehmer der Sonderoperation in die Künstlerwelt einzuführen, wird nicht so einfach sein. Selbst für Verwaltungsposten müssen die Helden der militärischen Sonderoperation punktuell ernannt werden. Doch das Vermögen, sich als ein Manager zu beweisen, kommt dem Vorhandensein von künstlerischer Begabung nicht gleich. Das zweite ist eine weitaus seltenere Gabe. Und das Wichtigste: Bei denjenigen, die von der Front zurückgekehrt sind, ist der Wunsch, sich in der Kunst zu artikulieren, noch nicht an die erste Stelle gerückt. Sie brauchen Zeit für die Lösung sozialer Probleme, für eine Anpassung unter den Friedensbedingungen, für ein Durchdenken und Begreifen des Geschehenen und oft einfach dafür, um die Gesundheit wiederherzustelle8