Russland habe über 80 Kilometer Stromleitungen zwischen Mariupol und Berdjansk montiert, um das AKW Saporoschje an sein Energiesystem anzuschließen, berichteten amerikanische Medien. Obgleich es dafür die notwendige Hochspannungsleitung gibt. Aber genauso wie auch das AKW (mit sechs Reaktorblöcken, die in das Regime „geringer Druck und Temperatur des Kühlwassers“ überführt werden) wird sie nicht genutzt. Experten nehmen an, dass Kiew beabsichtigt, von Moskau eine Revision der Forderungen im Rahmen der anstehenden Bedingungen für eine friedliche Beilegung des Konflikts zu erreichen. Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, wird in der kommenden Woche Russland und die Ukraine im Rahmen der regelmäßigen Kontakte mit beiden Seiten besuchen. Wie in einer Erklärung der Agentur am Donnerstag präzisiert wurde, nehme Grossi die Besuche „für eine Gewährleistung der nuklearen Sicherheit in der Zeit des Konflikts“ vor. Das letzte Mal fanden analoge Reisen Anfang Februar statt. Bemerkenswert ist, dass in der kommenden Woche, am 2. Juni in Istanbul die nächste (die zweite – Anmerkung der Redaktion) Runde von Verhandlungen Russlands und der Ukraine zur Beilegung des großen Militärkonflikts stattfinden soll. Bekanntlich hatten Vertreter der Europäischen Union früher mehrfach vorgeschlagen, Europas größtes Kernkraftwerk, das AKW Saporoschje, das seit März des Jahres 2022 durch Russland kontrolliert wird, unter ihre Kontrolle zu stellen. Laut Informationen westlicher Medien zielen die Vorschläge zur Rückgabe des AKW inklusive des Kachowskaja-Wasserkraftwerkes, aus dessen Stausee Kühlwasser für das AKW bereitgestellt wurde, durch Moskau auf die Gewährleistung eines Funktionierens des Kraftwerks ab und seien auch in einen 22-Punkte-Plan Washingtons für die Beilegung des militärischen Konflikts mit der Russischen Föderation aufgenommen worden. Ende April berichtete das Wall Street Journal unter Berufung auf eigene Quelle über eine neue Idee der amerikanischen Staatsbeamten: Im Rahmen der Beilegung des Konflikts sollte das Territorium um ein neutrale AKW Saporoschje unter die Kontrolle von Washington gestellt werden. Wie damals Journalisten in der russischen Hauptstadt mitgeteilt wurde, habe Moskau keine Vorschläge für einen Übergang des AKW Saporoschje unter eine gemeinsame Verwaltung von den USA und der Ukraine erhalten. Und wenn es solche erhalten hätte, so hatte es erklärt, dass sich die Leitung des AKW Saporoschje in den Händen des russischen Staatskonzerns „Rosatom“ und unter einer Beobachtermission von IAEA-Personal, das ständig vor Ort ist und ein Monitoring der Situation vornimmt, befinde. Dieser Tage ist das Thema auch in der New York Times aufgegriffen worden. Wie man dort hervorhob, würde sich Moskau von den Risiken distanzieren und die Administration von US-Präsident Donald Trump aufrufen, das Schicksal des AKW im Rahmen der Friedensbedingungen zu erörtern. Die Autoren des entsprechenden Beitrags hatten gleichfalls mitgeteilt, dass die russische Seite beabsichtige, das Kernkraftwerk neu zu starten und zu betreiben. Weiter wurde unter Berufung auf Satellitenbilder informiert, dass Russland seit Anfang Februar über 80 Kilometer Freiluft-Stromleitungen und Masten zwischen Mariupol und Berdjansk montiert hätte. Dies wird von westlichen Experten als Beleg für einen „Putin-Plan zum Neustart des Kernkraftwerks Saporoschje“ angesehen. Dies war jedoch der erste Fall, dass ein Krieg führendes Land ein Nuklearobjekt eines anderen Landes eingenommen hat und danach für die Bedürfnisse der eigenen Wirtschaft nutzte, fügten die Journalisten hinzu. Der leitende Analytiker der Stiftung für nationale Energiesicherheit und Finanzuniversität bei der Regierung der Russischen Föderation, Igor Juschkow, betonte gegenüber der „NG“, dass die westlichen Medien beabsichtigen würden, das Thema „in wessen Hand befindet sich das AKW Saporoschje?“ auf der Tagesordnung zu behalten. Dabei gehen sie davon aus, dass Russland das AKW Saporoschje für eine eigene Bereicherung unter seine Kontrolle gebracht hätte, wobei die Frage nach der Notwendigkeit einer Versorgung der einheimischen Bevölkerung mit Strom zurückgestellt worden sei. Es müsse jedoch betont werden, dass es eine Hochspannungsleitung vom AKW Saporoschje sowohl in Richtung Ukraine als auch in Richtung Russlands gibt. Und die erwähnten Bauarbeiten würden Stromleitungen mit einer geringeren Spannung im Bestand der lokalen Verteilernetze betreffen. „Und dies beweist in keiner Weise, dass Russland sich anschickte, das AKW Saporoschje neu anzufahren. Unter den Bedingungen der Kampfhandlungen würe dies nicht zweckmäßig, da die Risiken zu groß sind. In der Perspektive ist für das Anfahren des Kraftwerks außer der Errichtung einer Hochspannungsleitung erforderlich, das Reserve-Wärmekraftwerk Saparoschje wiederherzustellen. Und außerdem ist es notwendig, die Frage der Kühlung zu klären, da früher Wasser aus dem Stausee des Kachowskaja-Wasserkraftwerks, das im Juni des Jahres 2023 durch ukrainische Militärs gesprengt wurde, in die Kühlbecken gelangte. Für den Anfang muss man aber bestimmen, wie viele und welche der sechs existierenden Reaktorblöcke wiederhergestellt und angefahren werden sollen“, unterstrich Juschkow. Nach seinen Worten sei es bezeichnend, dass die ausländischen Analytiker lediglich von gewissen neuen Bauarbeiten um das AKW Saporoschje sprechen und nicht die Notwendigkeit von Reparatur- und Wiederaufbauarbeiten an allen zusätzlichen Objekten erwähnen. Denn in diesem Fall wäre zweifellos klar geworden, dass die Ursache für sie der anhaltende Beschuss seitens der Streitkräfte der Ukraine ist. Übrigens, dieser Tage hatte sich auch der Direktor für Programm-Management des Kiewer „Razumkow-Zentrums“, Wladimir Omeltschenko, zu möglichen Varianten für eine Rückgabe des AKW Saporoschje geäußert. Wie er erwähnte, hat man in Moskau die Möglichkeit einer Kontrolle der Ukraine über das AKW Saporoschje zurückgewiesen. Daher bleibe die Variante einer Befreiung von der Militärkontrolle durch Einhaltung jeglicher Bedingungen, unter denen Russlands Wirtschaft das AKW nicht behalten und betreiben kann, präzisierte Omeltscheko. Im März dieses Jahres hatten auch Kiewer Medien die Möglichkeit eines Anfahrens des AKW Saporoschje erörtert. Und damals hatten sie unter anderem den Präsidenten des ukrainischen Konzerns „Energoatom“, Pjotr Kotin, zitiert: Den Russen werde es nicht gelingen, das Kraftwerk für eine Stromversorgung der neuen Territorien zu nutzen. „Das wird rechtens sein, ihnen die Stromleitungen zu durchtrennen… Ich denke, dass unsere Streitkräfte bereit sind, dies zu tun“, konkretisierte Kotin. Obgleich die Frage darüber, wie dies im Falle einer Feuereinstellung im Verlauf der möglichen Friedensregelung realisiert wird, eine offene geblieben ist.
Der Faktor des AKW Saporoschje
13:39 1.06.2025