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Kirgisien ändert die gesamten Machtstrukturen und die Verfassung


Die Amtseinführung des neuen Präsidenten Kirgisiens Sadyr Shaparow findet am 28. Januar statt. Ursprünglich war geplant worden, für die Veranstaltung 10 Millionen Som (umgerechnet etwa 97.600 Euro) auszugeben. Shaparow hat jedoch auf üppige Feierlichkeiten verzichtet, wobei er sie für unangebrachte hält, wenn die Menschen in Armut leben. Dies haben selbst jene Bürger gebilligt, die nicht zu den Wahlen kamen. Zumal weitere Wahlen anstehen, Parlamentswahlen, die gleichfalls Ausgaben verlangen. 

Als Sieger der Präsidentschaftswahlen, die am 10. Januar in der mittelasiatischen Republik stattgefunden hatten, wurde Sadyr Shaparow anerkannt, der 79,2 Prozent der Stimmen erhielt. Die Wahlbeteiligung lag laut Angaben der Zentralen Wahlkommission Kirgisiens unterhalb von 40 Prozent. Die Kontrahenten im Präsidentschaftsrennen haben die Ergebnisse nicht angefochten, womit sie ihre Niederlage eingestanden haben. Jedoch hoffen viele von ihnen dennoch, Positionen in den Machtstrukturen zu erlangen. Ende Mai – Anfang Juni dieses Jahres sollen Wahlen zum Parlament erfolgen. Zusammen mit ihnen findet auch ein Referendum zur Annahme der neuen Verfassung statt. 

Der Entwurf des neuen Grundgesetzes sei, wie der Leiter des Verfassungsgremiums Bekbosun Borubaschow mitteilte, bereits fertig. Dieser Tage werde das Dokument den Abgeordneten des Jogorku Kengesh (des Parlaments) zur Behandlung übergeben. Und dies bedeutet, dass es keine öffentlichen Diskussionen geben wird. Da das Verfassungsgremium, wie der Jurist des Instituts für Medienpolitik Nurbek Sydykow meint, den Entwurf zuerst der Öffentlichkeit hätte vorlegen und dann dem Parlament zuleiten müssen. „Gemäß Gesetz können bei der Behandlung des Gesetzesentwurfs über die Anberaumung eines Referendums selbst die Abgeordneten den Wortlaut der neuen Verfassung nicht verändern. Die Abgeordneten werden bevollmächtigt sein, lediglich das Datum für das Referendum festzulegen. Somit ergibt sich, dass die Bürger getäuscht werden. Wir haben über jene Variante abzustimmen, die das Gremium unterbreiten wird“, zitiert die Internetseite www.kloop.kg Sydykow. 

Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich die Situation ändern kann und der neue Präsident Sadyr Shaparow das letzte Wort sagen wird. Gerade er war der Initiator für die Annahme einer neuen Verfassung, die dazu bestimmt ist, im Land eine präsidiale Herrschaftsform zu etablieren. Shaparow ist der Auffassung, dass er für die Wirtschaft sowie die Innen- und Außenpolitik verantwortlich sei.

Wie er die sich angehäuften Probleme lösen wird, ist bisher unbekannt. Die Krise in der Republik nimmt rasant zu. Die Geldüberweisungen der Migranten sind zurückgegangen, die Wirtschaftszahlen sind die schlechtesten seit Erlangung der Unabhängigkeit durch Kirgisien. Die Offiziellen sind mit der Entlarvung von Korruptionsfällen und Festnahmen beschäftigt. Das imponiert natürlich die Menschen. Es gibt aber keine Bewegung in der Wirtschaft. 

Die Regierung unter Leitung von Sadyr Shaparow war zurückgetreten. Die Minister erfüllen ihre Pflichten, in den letzten Tagen des neuen Kabinetts, dessen Leitung Artjom Nowikow zeitweilig übernahm, der Shaparow im Amt des Premiers während des Wahlkampfes ersetzte.

Der Politologe Mars Sarijew schließt nicht aus, dass Artjom Nowikow sein Amt behalten kann. „Dies ist für Kirgisien von Vorteil. Er hat sich bereits als ein kluger Manager bewiesen. Er genießt eine große Unterstützung unter der kirgisisch-sprachigen Bevölkerung. Erstens wird er keine Verwandten haben. Wenn man einen Kirgisen zu einem Chef ernennt, so drängelt sich der ganze Clan um Posten. Zweitens beherrscht er die kirgisische Sprache. Drittens unternimmt er reale Schritte in der Wirtschaft“, sagte Mars Sarijew der „NG“. 

Wenn man Nowikow als Premier bestätigt, so wird er, wie der Politologe meint, den positiven Trend in Richtung der Eurasischen Wirtschaftsunion und Russlands bewahren. Ohne die Russische Föderation kommt die Republik nicht aus. „Daher ist heute die ganze Aufmerksamkeit auf Russland ausgerichtet. Eine Destabilisierung Russlands ist eine vollkommene Desintegration des eurasischen Raums, die Kirgisien stark treffen wird“, betonte Sarijew. 

Was aber die Zusammensetzung der neuen Regierung angeht, so beabsichtige Sadyr Sharapow nach Aussagen des Politologen, sich von den alten Kadern zu trennen und ein neues Team junger Führungskräfte zusammenzustellen, die eine gute Ausbildung im Westen erhalten haben. Dies werde auch die künftigen Parlamentarier betreffen. Die Parteien, die sich diskreditiert hätten, könnten wohl kaum an den Parlamentswahlen teilnehmen. 

Vorerst aber sind alle mit der Vorbereitung auf die Amtseinführung des Präsidenten beschäftigt. Gemäß Szenario soll der Auto-Konvoi mit dem neuen Staatsoberhaupt durch die Straßen der Hauptstadt fahren. In Bischkek hat eine Probe stattgefunden. Für mehrere Stunden hatte man die zentralen Straßen gesperrt, wodurch Staus und der Unmut der Einwohner ausgelöst wurden. Die Menschen überschütteten den neuen Präsidenten mit Kritik. Jedoch bereits am nächsten Tag teilte der Vertreter des Pressedienstes des Präsidenten, Nurgasy Anarkulow, mit, dass Sadyr Shaparow entschieden habe, die Ausgaben zu kürzen und bei seiner Amtseinführung ohne Pomp auszukommen, um „den Forderungen des Volkes zu entsprechen“.       

Jedoch wird man dennoch aus Kanonen schießen. Dies erfordere keine Ausgaben, erläuterte Galina Baiterek, Pressesekretärin des Präsidenten. „Der Einsatz von militärischer Artillerietechnik ist ein Attribut solch einer Veranstaltung und eine allgemein übliche Praxis. Es muss besonders betont werden, dass dies keine unnötigen Ausgaben erfordert, da sich die Artillerie-Trupps auf jeden Fall tagtäglich mit der Beibehaltung des Niveaus der Gefechtsbereitschaft befassen. Gemäß Plan für die Ausbildung der Truppen führen die Artilleristen planmäßige Übungen im Rahmen der Gefechtsausbildung durch. Dementsprechend wird es in diesem Fall keine zusätzlichen Ausgaben geben“, betonte Galina Baiterek.