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Artillerieduelle im Donbass geben Anlass für einen Krieg


Die Situation im Donbass hat sich am Donnerstag drastisch zugespitzt und bliebt auch am Freitag weiterhin zugespitzt. Vertreter sowohl Kiews als auch der nichtanerkannten Donezker Volksrepublik und der Lugansker Volksrepublik melden, dass die Truppen innerhalb eines Tages mehr als 30mal die Waffenruhe verletzt hätten. Und fast immer unter Einsatz von durch die Minsker Vereinbarungen verbotenen Waffen – von Artillerie mit einem Kaliber von mehr als 100 Millimeter. Die Artillerieduelle erfolgten praktisch den ganzen Tag über. Von beiden Seiten gibt es verwundete Zivilisten. Der Beschuss dauert an. Und gerade dieser Umstand könne nach Meinung von Experten zum Vorwand für den Beginn aktiver Kampfhandlungen werden, in die russische Truppen hineingezogen werden können.

Den aus dem Donbass eingehenden Meldungen ach zu urteilen, haben die Vertreter der Donezker Volksrepublik den Befehl erhalten, nur für eine Unterdrückung von Feuernestern des Gegners zu arbeiten. Analoge Aufgaben werden augenscheinlich auch den Einheiten der ukrainischen Streitkräfte gestellt.

Laut Medienberichten hätten die ukrainischen Truppen Bauten der Siedlung Gagarin-Schacht, in Gorlowka und in Vororten von Donezk Schäden zugefügt. Durch die ukrainische Artillerie seien Wohnhäuser in der Donezker Siedlung des Schachts „Trudowaja“ beschossen worden. Unter einen ernsthaften Beschuss soll das Dorf Nikolajewka in der Lugansker Volksrepublik geraten sein. Beschädigt wurden angeblich eine Stromleitung und eine Niederdruck-Gasleitung. Seitens der nichtanerkannten Republiken wurde das Feuer gegen Gefechtspositionen der ukrainischen Streitkräfte geführt. Ebenso gegen den Bahnhof Kondraschewskaja-Nowaja im Lugansker Verwaltungsgebiet. Geschossen sollen auch in einen Kindergarten in der Staniza Luganskaja niedergegangen sein. In der Stadt Marjinka des Donezker Verwaltungsgebietes explodierte am Donnerstagmorgen ein Geschoss neben einer Bushaltestelle, wodurch eine Frau Verletzungen erlitt. Außerdem soll eines der Geschosse der Artillerie der Separatistengebiete im Hof des Lyzeums von Wrubowskij niedergegangen sein. Auch sei ein direkter Treffer in einem Wirtschaftsgebäude fixiert worden sein. Beschädigt wurde eine Hochdruck-Gasleitung, so dass 70 Wohnungen und 96 private Häuser ohne Gasversorgung blieben. Über Opfer wurde nichts berichtet, obgleich die ukrainischen Streitkräfte meldeten, dass zwei Soldaten durch den Beschuss verletzt worden seien.

Unklar ist, ob der gegenseitige Artilleriebeschuss im Donbass ein vorab geplanter oder provozierter ist. Zu derartigen Episoden ist es in den acht Jahren der Konfrontation im Südosten des Landes mehrfach gekommen, doch dank Verhandlungen und der Vermittlung internationaler Organisationen haben diese Duelle zu keinem Beginn großangelegter Kampfhandlungen geführt. Jetzt jedoch, unter Bedingungen, da man im Westen einen Einmarsch Russlands in die Ukraine ankündigt, könne nach Meinung von Vertretern der USA die Zuspitzung im Donbass gerade Moskau provozieren. Beispielsweise hatte die Sprecherin des Weißen Hauses Jen Psaki betont, dass „die Attacke gegen die Ukraine zu jedem beliebigen Zeitpunkt beginnen kann“. Und für den Überfall könne die Russische Föderation „jeglichen fabrizierten Vorwand“ ausnutzen.

Die Vertreter der Russischen Föderation dementieren weiterhin die Erklärungen über Pläne für einen Einmarsch in die Ukraine. Und provozierende Handlungen in Bezug auf die ukrainischen Streitkräfte seitens der russischen Truppen sind bis heute nicht fixiert worden. Dabei setze Moskau, wie man im russischen Verteidigungsministerium erklärt, den Abzug seiner Truppen aus den Manövergebieten (darunter auch in der Nähe des Territoriums der Ukraine) fort und verlege sie zurück in die ständigen Dislozierungsorte. Gemeldet wird, dass nach den Manövern aus den Verwaltungsgebieten Kursk und Brjansk Panzereinheiten und rückwärtige Truppenteile zurückverlegt werden würden. Und von der Krim seien Truppenteile nach Dagestan und Tschetschenien verlegt worden. Das Verteidigungsministerium der Russischen Föderation zeigte Videoaufnahmen, wie im Westlichen Militärbezirk ein Militärzug mit Armeeangehörigen und Gefechtstechnik aus Einheiten der 1. Panzerarmee in Richtung der „Winterquartiere“ losfuhr. Und im Südlichen Militärbezirk sind von der Krim aus rund zehn Militärkonvois in Richtung der ständigen Stationierungsorte auf den Weg gebracht worden.

In Kiew, in Washington und in der NATO ist man jedoch über die Erklärungen und Handlungen Russlands unzufrieden. Der ukrainische Verteidigungsminister Alexej Resnikow teilte mit, dass wirklich „kleine Einheiten demonstrativ abgezogen werden, doch man kann nicht von einem totalen oder gar wesentlichen Truppenabzug sprechen“. „Und deckt sich dies mit den Erklärungen aus den USA, dass es keine Tatsache eines Truppenabzugs gibt“, betonte er. Resnikow behauptet, dass sich den Grenzen der Ukraine rund 140.000 russische Militärs befinden würden, von denen 125.000 Mann aus dem sogenannten Bodenkontingent sind. Und die restlichen seien „die maritime und die Luftkomponente“. Dabei seien laut Angaben Resnikows im Donbass nicht 120.000 Vertreter der ukrainischen Streitkräfte konzentriert, wie man in der Russischen Föderation behauptet, sondern nur ganze 35.000 bis 37.000 ukrainische Soldaten und Offiziere. Das heißt, laut den Informationen Kiews würden sich in der „Angriffs“-Gruppierung im Südosten des Landes genauso viele Kämpfer befinden wie in den Armee-Korps der Bürgerwehr der DVR und der LVR.

Irgendwelche Bestätigungen für die genannten Zahlen hat Resnikow nicht vorgelegt. Dabei teilte der Kreml durch den Pressesekretär des russischen Präsidenten, Dmitrij Peskow, mit, dass im Donbass an der Trennungslinie „ein gewaltiges Angriffspotenzial der ukrainischen Truppen“ sei. Vertreter aus der DVR und der LVR behaupten, dass die ukrainischen Streitkräfte weiterhin eine Offensive vorbereiten würden. Und der Besuch des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij des Gebietes der Durchführung der Operation der Vereinigten Streitkräfte im Raum von Mariupol „steht mit der Vorbereitung der Anlandung taktischer Marineinfanterie-Kräfte in einem Zusammenhang, die für die Eroberung eines Brückenkopfs an der Asow-Meeresküste der DVR eingesetzt werden und einen Angriff im Hinterland der Bürgerwehr vornehmen sollen“. Unter Berufung auf eine Patrouille der OSZE-Sondermission wird gemeldet, dass die ukrainischen Streitkräfte 22 T-72-Panzer in das Gebiet der Ortschaft Podlesnoje verlegt hätten, was nur knapp 16 Kilometer von der „Frontlinie“ sei. Und der Vertreter des Pressedienstes der Volksmiliz der LVR, Anton Mikuschis, teilte mit, dass „seit dem 13. Februar dieses Jahres in den Ortschaft Lisitschansk und Liman auf der Grundlage einzelner Funkortungskompanien der 1. Funktechnischen Brigade der ukrainischen Streitkräfte diensthabende Leitstellen für die Luftstreitkräfte aus dem Bestand der 204. und der 831. Brigade der taktischen Luftstreitkräfte entfaltet wurden“. Dies kann davon zeugen, dass ukrainischen Streitkräfte einen Einsatz von Kampfjets des Typs Su-27 undMiG-29 gegen Einheiten der nichtanerkannten Republiken vorbereiten. Diese Handlungen wurden dieser Tage bei den Manövern „Metel-2022“ („Schneesturm-2022“) trainiert. Die Manöver hatte am 16. Februar selbst Selenskij auf einem Truppenübungsplatz im Verwaltungsgebiet Rowno beobachtet. Er und Resnikow behauptet nach wie vor, dass Kiew keine aggressiven Pläne gegen den Donbass hegen würden.

Vor diesem Hintergrund setzen die Streitkräfte der Russischen Föderation ihre Manöver fort. Beim russisch-weißrussischen Manöver „Unionsentschlossenheit-2022“ sind am Donnerstag Aufgaben für einen Gruppenschlag unter Einsatz von Raketenwerfer-Systemen des Typs „Smertsch“ („Wirbelsturm“) trainiert worden. Artilleristen der 49. Armee des Südlichen Militärbezirks führten auf dem allgemeinen Truppenübungsgelände „Molkino“ in der Verwaltungsregion Krasnodar Manöver durch. Im Verwaltungsgebiet Rostow wurde eine taktische Sonderübung mit Spezialeinsatzkräften organisiert, in deren Verlauf auf dem Übungsgelände „Kadamowskij“ Handlungen im Hinterland des angenommenen Gegners trainiert wurden. Eingesetzt wurden Hubschrauber und gepanzerter Fahrzeuge. Und 20 Schiffe der Kaspi-Flottille sind zu Manöver im Bereich der dagestanischen Hauptstadt Machatschkala ausgelaufen. Laut Medienberichten haben einige von ihnen vor sieben Jahren mit „Kaliber“-Raketen Stationierungsorte von Rebellen in Syrien beschossen und vernichtet. Dmitrij Peskow wies derweil erneut die Meldungen westlicher Medien zurück, wonach Russland einen Einmarsch in die Ukraine vorbereite, und bezeichnete die Angaben darüber, dass dieser Angriff nach dem 20. Februar, nach Abschluss der Olympischen Winterspiele und der russisch-weißrussischen Manöver erfolgen werde, als Fake-News.