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Askar Akajew inszeniert ein „Kumtorgate“


Kirgisiens erster Präsident Askar Akajew ist am 2. August in Absprache mit dem amtierenden Präsidenten des Landes, Sadyr Dschaparow, in Bischkek gelandet. Auf der Reise begleitet ihn Sohn Ilim. Nach seiner Landung in der kirgisischen Hauptstadt teilten Vertreter der Rechtsschutzorgane mit, dass „Akajew ins Staatskomitee für nationale Sicherheit zu einer Vernehmung im Rahmen des Strafverfahrens zur Goldmine „Kumtor“ gebracht wird“. Später erfuhr die „NG“, dass in der staatlichen Residenz Ala-Artscha ein festliches Essen mit Beteiligung von Akajew stattgefunden habe. Experten sind der Auffassung, dass die Offiziellen Kirgisiens die zugesicherten Sicherheitsgarantien für Akajew nicht verletzen würden, zumal der Besuch mit Moskau abgestimmt worden sei.

Dass Askar Akajew ins Staatskomitee für nationale Sicherheit zu einer Vernehmung „gebracht“ wurde, teilte der Leiter des Komitees Kamtschibek Taschijew mit. Wahrscheinlich versuchte Taschijew mit den spektakulären Erklärungen sein ins Wanken geratene Rating zu festigen. Dafür machte er sich auch die Mühe zu präzisieren, dass man nach Akajew eine internationale Fahndung aufgrund des Missbrauchs der Dienststellung beim Abschluss des Abkommens mit dem kanadischen Unternehmen „Cameco“ ausgelöst hätte. Tatsächlich aber hatte Kirgisiens erster Präsident geplant, zusammen mit der Familie zum Urlaub in die Schweiz zu reisen. Doch es hatte Sadyr Dschaparow angerufen und ihn eingeladen, Bischkek zu besuchen, wo er schon 16 Jahre lang nicht mehr gewesen war. Für den ersten Präsidenten hat sich endlich die Möglichkeit ergeben, sich mit Verwandten, Nächsten und der Mutter seiner Gattin, die in diesem Jahr ihren 105. Geburtstag beging, zu treffen, Gräber von Verwandten aufzusuchen und die Fragen der Untersuchungsbehörden im Rahmen des „Kumtor“-Strafverfahrens zu beantworten.

Es sei daran erinnert, dass Askar Akajew neben anderen hochrangigen Beamten strafrechtlich bezüglich der Tatsache von Korruption beim Abschluss des Generalabkommens zum Projekt „Kumtor“ 1992, der Vornahme von Änderungen an ihm 1994, aber auch bei der Restrukturierung des Generalabkommens mit dem Unternehmen „Cameco“ im Jahr 2003 zur Verantwortung gezogen wurde.

„Kumtor“ ist die größte Goldmine in Kirgisien, die über zehn Prozent des BIP des Landes gewährleistet. Sie hatte das kanadische Unternehmen erworben. Nach dem Machtantritt von Sadyr Dschaparow gelangte die Erzgrube unter staatliche Verwaltung. Nach Schätzung einer staatlichen Kommission hat Kirgisien in der Zeit der Erschließung und Ausbeutung der Lagerstätte rund 1,5 Milliarden Dollar erhalten, die kanadischen Eigner aber 11,5 Milliarden Dollar. Den kanadischen Geschäftsleuten wird die Angabe geringerer realer Vorräte der Lagerstätte in den offiziellen Berichtsdokumenten, aber auch eine Nichteinhaltung der ökologischen Normen vorgeworfen. Die heutigen Offiziellen bezichtigen die vorangegangenen des Abschlusses eines unvorteilhaften Vertragsabschlusses und der Korruption, in die viele kirgisische Politiker involviert sind.

Experten bezweifeln nicht, dass Askar Akajew nicht nur in Bischkek, sondern auch in Moskau Sicherheitsgarantien erhalten hat. „Der Besuch von Askar Akajew ist in Moskau geplant und sorgfältig abgestimmt worden. Ich zweifele nicht, dass Akajew nicht wenige Argumente hat, aufgrund denen die gegen ihn vorgebrachten Anschuldigungen aufgehoben werden. In Kirgisien löst dies einen Kataklysmus aus“, sagte der „NG“ der Sicherheitsexperte Mars Sarijew. Nach seinen Worten beginne im Land ein kirgisisches „Watergate“. Es würden Köpfe einer großen Anzahl von Vertretern der kirgisischen Nomenklatura rollen, die im vergangenen Herbst eine Revanche nach den Parlamentswahlen vorbereitete. Gerade diese Schicht der Nomenklatura und die mit ihr verbundenen Geschäftskreise und der Nichtregierungssektor seien mit dem Westen liiert. „Es wird ein Schlag gegen diese prowestliche politische Kompradoren-Elite geführt. Wahrscheinlich ist Akajew mit unwiderlegbaren Beweisen gekommen. Und dies wird einen Schlusspunkt dahin gehend setzen, dass nicht er der Hauptdieb der Reichtümer Kirgisiens ist. Dieses Szenario ist für Sadyr Dschaparow von Vorteil, der sich in einer Patt-Situation befindet. Es gibt kein Geld für die Löhne und Gehälter, die Preise steigen, eine soziale Explosion ist nicht mehr weit. Im Herbst ist eine soziale Explosion unausweichlich, die auch gerade die prowestlichen Kreise planten“, meint Sarijew. Nach seiner Auffassung „wird die Säuberung der Republik von dieser Schicht der Kompradoren-Bourgeoisie das Vertrauen des Volkes zu den Herrschenden zurückkehren und das mögliche Herbst-Szenario verhindern“. Gleichzeitig werde dieser Schlag gegen den Westen der Festigung der Positionen Kirgisiens in der Region dienen.

Dr. sc. oec. Nabi Sijadullajew, leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Marktwirtschaftsprobleme der Russischen Akademie der Wissenschaften, kommentierte das Geschehen und bezeichnete die Kirgisien-Reise von Akajew nach 16 Jahren Abwesenheit als ein symbolträchtiges Ereignis in der ganzen GUS. „Das, was durch Akajew in den 15 Jahren Präsidentschaft geleistet wurde, kann man nicht über den Haufen werfen. Unter ihm wurde Kirgisien als erstes der postsowjetischen Länder in die WTO aufgenommen. Es erzielte Erfolge bei der Entwicklung und Demokratisierung sowie in der staatlichen Verwaltung. Akajew hat ernsthafte Reformen vorgenommen, eine marktwirtschaftliche, Geld- und Bodenreform. Kurzum, unter ihm ist sehr viel getan worden“, sagte der „NG“ Nabi Sijadullajew. Zu seinen Verdiensten lohne es, auch dies zu rechnen, dass während des ersten Staatsstreichs im Jahr 2005, als er gezwungen war, Kirgisien zu verlassen, nicht ein Bluttropfen geflossen sei. „Seine Erfahrungen, sein Wissen sind der Republik in dieser schwierigen Zeit des Umbruchs, in der sich endlos die Herrschenden ablösen und das Land unaufhaltsam verarmt, von Nutzen“, betonte der russische Wissenschaftler.

Dr. sc. oec. Ruslan Grinberg befürchtet, dass die Offiziellen Kirgisiens die gegebenen Sicherheitsgarantien nicht erfüllen werden. „Sadyr Dschaparow wird einen großen Fehler begehen, wenn, nachdem er Akajew Sicherheitsgarantien versprach, sie nicht einhalten wird. Die Erfahrungen Akajews zu nutzen, ist für Kirgisien nützlich, das an der Schwelle zu einem neuen Chaos steht“, sagte Ruslan Grinberg der „NG“. Nach Meinung des Wissenschaftlers müsse Kirgisien heute zwischen der Macht der Willkür und der Willkür der Macht wählen.

Dafür bezweifelt Dr. sc. hist. Alexander Knjasew, dass das Wissen und die Fähigkeiten Akajews gebraucht werden und es ihm gelingen werde, etwas Nützliches für das Land zu tun. „Dies ist jener Fall, in der eine Mission unerfüllbar ist. Es ist schon gut, wenn die Sicherheitsgarantien seitens Dschaparow und besonders von Taschijew nicht verletzt werden. Und es ist gut, wenn die Reise für Akajew an sich wohlbehalten beendet wird“, sagte der „NG“ Alexander Knjasew, wobei er nicht ausschloss, dass der Besuch des Ex-Präsidenten Kirgisiens mit Moskau abgestimmt worden war.