Unabhängige Zeitung

Private Tageszeitung

Aufgrund der Sonderoperation in Anführungsstrichen blockiert man soziale Netzwerke


Wie auch die „NG“ angenommen hatte, haben sich die punktuellen Verfolgungen von Trägern pazifistischer Stimmungen zu einem System für das Verbieten solch eines Standpunktes als solchen verwandelt. Dabei sieht das Gesetz „über militärische Fakes“ vor, dass eine dem jeweiligen Bürger angelastete Diskreditierung der Streitkräfte der Russischen Föderation ohne andere Beweise hinreichend sei. Die Verbotskampagne ist derweil endgültig zum Stadium gerade von Strafprozessen und Blockierungen sozialer Netzwerke übergegangen. Es besteht der Verdacht, dass, da die Protest-Aktivisten vorsichtiger geworden sind, für die Rechtsschützer nunmehr beispielsweise die Erwähnung der von Präsident Wladimir Putin am 24. Februar befohlenen Sonderoperation in Anführungsstrichen ausreichend ist.

Der Autor des Telegram-Kanals „Protest-MGU“, Dmitrij Iwanow, ist entsprechend einem Strafverfahren aufgrund der Verbreitung von Fakes über die russische Armee „durch eine Gruppe von Personen aufgrund von Motiven einer politischen Feindschaft“ zu einem verdächtigen geworden. Dies sind die Punkte „b“ und „e“ von Teil 2 des Artikels 207.3 des Strafgesetzbuches der Russischen Föderation, die im schlimmsten Fall eine Haftstrafe von fünf bis zehn Jahren vorsehen. Dabei ist der Betroffene des neuen Falls „über Militär-Fakes“ ins Untersuchungskomitee aus einer Sonderhaftanstalt gebracht worden, wo er eine Ordnungshaft entsprechend einem der Paragrafen zu Meetings aus dem Ordnungsstrafrecht verbüßte.

Erweitert wird auch die Praxis des Blockierens sozialer Netzwerke von mehr oder weniger bekannten Oppositionellen. So hat in Petersburg der „Jabloko“-Abgeordnete der Gesetzgebenden Versammlung (des Stadtparlaments – Anmerkung der Redaktion), Boris Wischnewskij, seine Seite im russischen Netzwerk „Vkontakte“ verloren. Zur gleichen Zeit ist auch der Account des einstigen Petersburger Abgeordneten Maxim Resnik, der früher bereits entsprechend einem Drogenartikel des Strafgesetzbuches verurteilt wurde, geschlossen worden. Das Netzwerk berief sich auf eine Benachrichtigung aus der Generalstaatsanwaltschaft, die bereits am 20. Mai gesandt worden war. Nach Meinung der Aufsichtsbehörde seien auf den Seiten dieser Bürger „unglaubwürdige, gesellschaftlich relevante Informationen, die auf eine Destabilisierung der gesellschaftspolitischen Lage in der Russischen Föderation“ gewesen.

Wischnewskij hat bereits ein Schreiben an die Generalstaatsanwaltschaft gesandt, wobei er mitzuteilen fordert, was konkret gemeint sei. „Ich habe keinerlei solche Informationen auf der Seite. Und überhaupt, „die gesellschaftspolitische Lage“ wird durch absurde Entscheidungen der Herrschenden und nicht durch Posts in den sozialen Netzwerken destabilisiert“, unterstrich der Vertreter der „Jabloko“-Partei. Es sei betont, dass Wischnewskij in anderen sozialen Netzwerken keinen streng negativen Inhalt, der mit der Sonderoperation zusammenhängt, publiziert. Die Pazifisten sind überhaupt in der letzten Zeit in dem Falle vorsichtiger in den Äußerungen geworden, wenn sie sich nicht weit von den Rechtsschützern befinden. Folglich konnten wahrscheinlich die Anführungsstriche als Grund für die Anweisung der Generalstaatsanwaltschaft zu Blockierungen dienen, in die sowohl die Vertreter der „Jabloko“-Partei als auch andere Protestierende die Sonderoperation setzen. Es sei daran erinnert, dass früher das Netzwerk „Vkontakte“ die Seiten der Abgeordneten der karelischen gesetzgebenden Versammlung, Emilia Slabunowa, sowie der Vorsitzenden der Pskower und Nowgoroder „Jabloko“-Organisationen, Lew Schlosberg und Anna Tscherepanowa, blockierte.

Und gerade auch die Nowgoroder „Jabloko“-Vertreterin ist gleichfalls unter eine gewisse Lockerung des Drucks auf die Oppositionellen geraten. Tscherepanowa hatte auf dem Gerichtsweg eine Wiedergutmachung des moralischen Schadens und materiellen Verlusts im Zusammenhang mit widerrechtlichen Handlungen der Polizei, um sie ordnungsrechtlich zur Verantwortung zu ziehen, erreicht. Man wird ihr 15.000 Rubel (umgerechnet etwa 228 Euro) zahlen. Jedoch geht es nicht um „Militär-Fakes“, sondern um einen Fall aus dem vergangenen Jahr, als man Tscherepanowa aufgrund einer Reportage in den sozialen Netzwerken über ein Meeting zum Gedenken an Boris Nemzow zur Verantwortung gezogen hatte. Möglicherweise ist deshalb durch die Gerichte und gar Staatsanwälte auch solch eine demonstrative Gerechtigkeit an den Tag gelegt worden, da das Problem der sogenannten nichtsanktionierten Meetings für die Herrschenden als ein Problem jetzt schon nicht aktuell ist.

„Wir hatten beschlossen, den Fall nicht durchgehen zu lassen. Wenn die Polizeichefs die „eigenen“ decken, so wird der Staat für das Türken von Fällen und Gesetzlosigkeit haften. Die Verletzung von Rechten und Verfolgungen aufgrund politischer Motive dürfen nicht ungestraft bleiben, andernfalls werden die Behörden, die „sich nicht irren“, weiterhin Aktivisten, Politiker und Bürger unter Druck setzen, wobei sie verstehen, dass dies für sie keine Konsequenzen haben wird. Und wenn etwas nicht so läuft, werden sie die Chefs decken.“ So hat Anna Tscherepanowa ihren Sieg beschrieben. Bezeichnend ist aber, dass hinsichtlich der Fälle „über Militär-Fakes“ bisher keiner der Oppositionellen sich auf ein gerichtliches Anfechten eingelassen hat.

Dabei gibt es natürlich in den Regionen vereinzelte Lockerungen selbst entsprechend diesen neuen Artikeln des Ordnungs- und Strafrechts. Es sei daran erinnert, dass beispielsweise die Materialien des Ordnungsrechtsverfahrens gegen den Solisten der Rockband „DDT“, Jurij Schewtschuk, das wegen einer angeblichen Diskreditierung der russischen Armee eingeleitet worden war, das Stadtbezirksgericht des Petersburger Dzierżyński-Stadtbezirks an die Polizei von Ufa zurückgegeben hat, wobei es betonte, dass es da keine konkrete Beschreibung des Ereignisses der angeblichen Rechtsverletzung gebe.

Wie der Leiter der Politischen Expertengruppe Konstantin Kalatschjow der „NG“ erläuterte, hätten mehrere Faktoren Bedeutung. Erstens, die Bekanntheit der Person. Zweitens, die Initiative der einheimischen Vertreter der Rechtsschutzorgane. „Selbst Pazifisten verteidigen diese Faktoren. So haben Wischnewskij, Slabunowa und Schlosberg in Subjekten der Russischen Föderation einen Abgeordnetenstatus, sie sind in ihren Regionen als Politiker bekannte. Und der Musiker Schewtschuk hat ganz und gar einen gesamtrussischen Bekanntheitsgrad“, erinnerte er. Und natürlich, obgleich auch eine Kampagne erfolgt, die von oben organisiert wurde, ist sie aber dennoch keine so zentralisierte. „Die Staatsbeamten und Rechtsschützer wollen sich oft im Kampf gegen die 5. Kolonne auszeichnen, Sternchen für die Schulterstücken erhalten. Daher sind Übertreibungen möglich. In den unteren Etagen der Machtvertikale begreift man ausgezeichnet, dass, wenn solch eine Kampagne begonnen hat, so es besser sei zu übertreiben, denn sich zu wenig zu engagieren. Aufgrund eines übermäßigen Schutzeifers wird wohl kam irgendwer rügen“. Und in dem Fall von Tscherepanowa hatte offensichtlich das eine Bedeutung, dass, während derzeit das Hauptziel der Kampf gegen die Pazifisten ist, man die Bestrafungen entsprechend den Meeting-Paragrafen abschwächen kann. Und im Fall von Schewtschuk sah Kalatschjow den Einfluss von Petersburger Kontakten. „Es gibt stets eine lokale und eine regionale Spezifik. Irgendwer erfüllt die Anweisungen und empfängt die Signale von oben mit Enthusiasmus, und irgendwer handelt ohne Fanatismus, denn dies kann sowohl in der Gesellschaft als auch in der Familie verurteilt werden“.