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Bartholomäus I. ersetzte für die Ukraine sowohl die Europäische Union als auch die NATO


Die von den Herrschenden Weißrusslands verkündete „Säuberung“ ist mit der „Zerschlagung“ der ältesten nichtstaatlichen Nachrichtenagentur „BelaPAN“ fortgesetzt worden. Mitarbeiter verdächtigt man der Organisierung von Massenunruhen. Experten sind sich jedoch sicher, dass die Aufgabe sei, vollkommen die unabhängigen Informationsressourcen zu vernichten. Derweil untersuchen die Offiziellen, die Produktion „richtiger“ Informationen in Gang zu bringen.

In den Morgenstunden des 18. August waren Vertreter der Rechtsschutzorgane zwecks Durchsuchungen beim ehemaligen Direktor der Nachrichtenagentur „BelaPAN“ Dmitrij Nowoschilow, bei der derzeit amtierenden Direktorin und Chefredakteurin Irina Lewschina, der Hauptbuchhalterin Jekaterina Bojewa, dem stellvertretenden Chefredakteur Alexander Saizew sowie den Journalisten Irina Turtschina und Sachar Stscherbakow erschienen.

Nach den Hausdurchsuchungen bei den Mitarbeitern erfolgte eine Durchsuchung in den Räumen der Agentur. Alle Mitarbeiter wurden im Untersuchungskomitee vernommen. Danach wurden die Journalisten entlassen, nachdem man die Technik und Datenträger eingezogen hatte. Irina Turtschina teilte mit, dass sie sich im Status einer Zeugin befinde und dafür unterschrieben hätte, keinerlei Informationen preiszugeben. Wie Verwandte von Jekaterina Bojewa mitteilten, sei ihr Status der einer Verdächtigten. Nach der Vernehmung wurde sie in die Minsker U-Haftanstalt in Okrestina gebracht. Dort sind auch Dmitrij Nowoschilow und Irina Lewschina. Dmitrij Stscherbakow wurde nach der Vernehmung gleichfalls entlassen. In seinem Beisein beschlagnahmte man in den Räumen des staatlichen Providers „Beltelecom“, wo sich die Hosting-Plattform befindet, den Server von „BelaPAN“.

Irina Turtschina teilte mit, dass die Durchsuchung Mitarbeiter der Abteilung für die Bekämpfung von Wirtschaftsverbrechen durchgeführt hätten. Die Vernehmung hätte jedoch in der Verwaltung des Untersuchungskomitees für Minsk stattgefunden. In dem Verfahren figurierte Teil 1 des Artikels 342 des Strafgesetzbuches der Republik Belarus — „Organisierung und Vorbereitung von Handlungen, die die öffentliche Ordnung grob verletzen, oder aktive Teilnahme an ihnen“. Nach Aussagen Stscherbakows seien in dem Verfahren zwei Artikel ausgewiesen worden – die Artikel 342 und 293 (Organisierung, Teilnahme, Vorbereitung oder Finanzierung von Massenunruhen).

Auf das Geschehen reagierte die Weißrussische Journalisten-Assoziation mit einer speziellen Erklärung. „Heute sind Durchsuchungen und Vernehmungen im Rahmen eines Strafverfahrens über die Organisierung von Handlungen, die die öffentliche Ordnung grob verletzen, durchgeführt, durchgeführt worden. Es ist jedoch offensichtlich, dass die Ursachen für die Verfolgungen der Kurs auf eine Zerstörung des unabhängigen Sektors des Journalismus und der Zivilgesellschaft sind, den die Offiziellen im Jahr 2020 eingeschlagen haben“, meint man in der Journalistenorganisation. „Die gesellschaftliche Organisation „Weißrussische Journalisten-Assoziation“ ruft die Behörden auf, unverzüglich die festgenommenen Mitarbeiter von BelaPAN freizulassen und den Druck auf die Nachrichtenagentur, der im Jahr 2018 unter anderem zum plötzlichen Tod des Leiters von BelaPAN Ales Lipaj führte, zu beenden“, heißt es in der Erklärung. „Man kann die unabhängigen Massenmedien schließen, ihre Mitarbeiter festnehmen und die Menschen einschüchtern. Aber keiner kann Gedanken und Ideen aufhalten“, konstatieren ihre Autoren.

In der Erklärung der „Weißrussischen Journalisten-Assoziation“ wird gleichfalls betont, dass dies bereits die zweite Aktion von Vertretern der Rechtsschutzorgane gegen BelaPAN war. Die vorangegangene war im Januar. Damals war ebenfalls die Rede von zwei Artikeln des Strafgesetzbuches die Rede – vom 342. und vom 293. Die Vertreter der Rechtsschutzorgane hatten damals auch Technik und Informationsträger eingezogen. Doch das Unternehmen vermochte die Arbeit wiederherzustellen.

Laut Angaben der „Weißrussischen Journalisten-Assoziation“ hat man in dem Jahr, das seit den Präsidentschaftswahlen verstrichen ist, 497mal Journalisten festgenommen. In 119 Fällen änderten die Festnahmen mit Verhaftungen. Fixiert wurden 68 Fälle von Gewalt, Verwundungen und Verletzungen von Journalisten. Mit Stand vom 18. August befanden sich 32 Vertreter von Massenmedien hinter Gittern. Rund 50 werden strafrechtlich verfolgt. Die Anzahl von Durchsuchungen und Überprüfungen von Journalistenwohnungen und Redaktionsräumen hat die 140-Marke erreicht. In Weißrussland sind über einhundert gesellschaftspolitische Internetseiten und Medien im Internet blockiert worden, zehn Printmedien sind gezwungen gewesen, ihr Erscheinen einzustellen. Gegenwärtig gibt es im Land nicht ein unabhängiges gesellschaftspolitisches Medium als Printversion. Die (unabhängigen) Massenmedien in Weißrussland existieren als Telegram-Kanäle und Internetseiten, zu denen der Zugang auf dem Landesterritorium nur unter Verwendung von VPN-Diensten möglich ist. Fast alle Journalisten der nichtstaatlichen gesellschaftspolitischen Medien haben das Land verlassen, außer diejenigen, die sich hinter Gittern befinden.

Bereits Anfang Juli hatte der Politologe Valerij Karbalewitsch in einem Kommentar für die „NG“ prognostiziert, dass in der nächsten Zeit die Herrschenden alle unabhängigen Medien vernichten würden, da Alexander Lukaschenko sie für die Schuldigen all dessen hält, was sich im vergangenen Jahr ereignete. „Die informationsseitige Gefahr sei das Wichtigste, meinen die Offiziellen. Gerade die Medien hätten alle Ereignisse des vergangenen Jahres „angezettelt“, gerade sie hätten das gute und arglose Volk „aus der Bahn geworfen“, das Lukaschenko heilig geglaubt hatte. Daher muss man sie auch von der Wurzel her, als eine Klasse liquidieren“, kommentierte Valerij Karbalewitsch die Situation. Die Journalisten müssten entweder den Beruf wechseln oder das Land verlassen, hatte der Experte damals angenommen. Nach Meinung von Karbalewitsch hätten die Offiziellen, indem sie die Medien beschuldigen, in etwas recht, da der Verlust des Monopols in Bezug auf Informationen in der Tat zu einem wichtigen Faktor der Ereignisse des vergangenen Jahres geworden war. Jetzt unternehmen die Offiziellen den Versuch, die Situation zu beheben.

„Es erfolgt eine methodische Säuberung. Jede Woche nimmt man sich irgendeine neue Ressource vor. Nunmehr ist BelaPAN an der Reihe“, kommentierte Karbalewitsch für die „NG“ die Ereignisse des vergangenen Mittwochs. Er nimmt an, dass die Anschuldigungen gegen die Nachrichtenagentur irgendwie mit der Festnahme ihres ehemaligen Mitarbeiters Andrej Alexandrow zusammenhängen, da der ehemalige Direktor und die Buchhalterin festgenommen wurden. Der erwähnte Journalist war im Januar verhaftet worden. Man bezichtigte ihn einer Finanzierung der Proteste, was sich darin geäußert hätte, dass er Teilnehmern der Protestaktionen geholfen hatte, Strafen zu bezahlen. Später kam der Artikel über Landesverrat hinzu. Worum es geht, ist unbekannt. „Man wird versuchen, die Anklage auf irgendwelchen Materialien aufzubauen, die man bei Alexandrow finden konnte“, meint Valerij Karbalewitsch.

Derweil gehen die Prognosen der Experten auf, die behauptet hatten, dass bald pseudoneutrale Medien entstehen würden, die dazu bestimmt seien, das Informationsvakuum auszufüllen. Ihr Entstehen wurde unter anderem mit dem Namen von Roman Protasewitsch in Verbindung gebracht, dem Blogger und ehemaligen Journalisten des Nachrichtenportals NEXTA, aufgrund dessen die Behörden im vergangenen Mai einen Ryanair-Jet zur Landung in Minsk genötigt hatten, was zur Ursache der Verhängung ernsthafter Sanktionen für die weißrussischen Zivilluftfahrt und des Abbruchs der Flugverbindungen mit den EU-Ländern wurde. In der Tat, einen Tag vor der Attacke gegen Bela PAN fing Protasewitsch an, seinen Telegram-Kanal SPRAVA (aus dem Weißrussischen übersetzt „Die Sache“) zu betreiben. „Die unabhängigen Medien werden vernichtet. An deren Stelle versucht man, eigene Medien zu etablieren, und zwar solche, die scheinbar formal auch keine staatlichen sind und wie neutrale aussehen“, kommentierte Valerij Karbalewitsch die Situation. Allerdings sieht der Experte keine direkte Verbindung zwischen dem Verfahren gegen BelaPAN und dem Auftauchen des neuen Kanals. Sie sei aber eine mittelbare, eine indirekte: Man vernichtet die einen (darunter auch BelaPAN), und an deren Stelle setzt man andere.

Diese Sache sieht jedoch nicht ganz so simpel aus. Erstens gibt es Telegram und andere Informationsquellen im Internet. Zweitens löst das Projekt mit Protasewitsch offenkundig bei keinem Vertrauen aus. „Ehrlich gesagt, ich denke nicht, dass diese Geschichte mit Protasewitsch irgendwie zu einem Hype führen und irgendeine Wirkung erzielen wird, denn alle verstehen, was er für ein Mensch ist, wie er dorthin geraten ist und dass er gezwungen ist, dies zu tun. Daher kann ich mir schwerlich vorstellen, dass es da irgendwelche wertvollen Informationen geben wird. Ich denke, dass er alles, was er gewusst hatte, bereits mitteilte. Dies ist kein sehr kluges Spiel, wie mir scheint“, sagte Valerij Karbalewitsch der „NG“.

Allerdings hatten sich früher mehrere Experten, unter anderem der Politologe Igor Tyschkewitsch, darüber geäußert, dass die Offiziellen mit der Etablierung pseudoneutraler Medien auf den elektoralen „Sumpf“ setzen würden, der nicht losgehen werde, Informationen in Telegram-Kanälen zu suchen, sondern das konsumieren werde, was man ihm gebe.