Erstmals seit dem 24. Februar, dem Beginn der militärischen Sonderoperation der Russischen Föderation in der Ukraine hat ein Mitglied der deutschen Bundesregierung, Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), eingestanden, dass sich Deutschland im Zustand eines Krieges mit Russland befinde. In den sozialen Netzwerken hat er klar geschrieben: „Wir sind im Krieg mit Putin…“. Mehr noch, er rief dazu auf: „Es muss weiter konsequent der Sieg in Form der Befreiung der Ukraine verfolgt werden“.
Zum Anlass für solch eine militante Erklärung des scheinbar „friedlichsten“ deutschen Ministers wurde der Vorschlag des Schriftstellers und Moderators Richard David Precht, der auch beim ZDF für seinen Lebensunterhalt arbeitet, Russland Garantien dafür zu gewähren, dass die Ukraine nicht in die Nato aufgenommen werde (im Podcast „Geyer + Niesmann“ des RedaktionsNetzwerks Deutschland). Schließlich war letzten Endes gerade die angestrebte NATO-Mitgliedschaft der Ukraine einer der Vorwände für den Beginn der von Kremlchef Wladimir Putin befohlenen militärischen Sonderoperation, die sich im Weiteren zu großangelegten Kampfhandlungen verwandelte, in die bereits an die Ukraine angrenzende Territorien der Russischen Föderation einbezogen werden.
Es macht keinen Sinn, sich geringschätzig gegenüber der Erklärung des aus militärischer Sicht „nicht zuständigen“ deutschen Ministers zu verhalten. Dies zeigte auch die Reaktion in der Bundesregierung. Auf seinen Twitter-Post reagierte unverzüglich Bundesverteidigungsministerin und Parteigenossin Christine Lambrecht. Sie erklärte, wie n-tv meldete: „Es ist sowohl für die deutsche Regierung als auch die NATO absolut klar“, dass Deutschland keine Seite des „militärischen Konflikts“ sei. Dies sagte sie in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“.
Die letzten Ereignisse bringen jedoch wirklich die Frage nach der Rolle Deutschlands im russisch-ukrainischen Konflikt auf die Tagesordnung, der auf unter schiedliche Art und Weise in Moskau, Kiew und Berlin bewertet wird. Alles liegt an der offiziellen Angliederung einer Reihe von Territorien an Russland, die früher zur Ukraine gehörten. Es ist klar, dass die Anerkennung oder Nichterkennung dieser Tatsache durch den Westen für Moskau keine besondere Rolle spielt. Und jetzt werden die an Kiew zu liefernden deutschen Waffen, die Berlin als Nichtangriffswaffen zu bezeichnen vorzieht, aus Moskauer Sicht bereits unmittelbar gegen russisches Territorium eingesetzt. Mehr noch, in Deutschland erfolgen eine Schulung und Ausbildung ukrainischer Militärangehörigen, die danach unmittelbar an Kampfhandlungen jetzt bereits auf russischem Territorium teilnehmen werden.
Diese Frage verwandelt vom Wesen her den Konflikt in einen ernsthaften wunden Punkt der russisch-deutschen Beziehungen, da in der entstandenen Situation Minister Lauterbach recht hat: Deutschland werde zu einer Partei des russisch-ukrainischen bewaffneten Konflikts.
Allem nach zu urteilen, begreift man bisher in den höchsten politischen Kreisen Deutschland nicht diese Tatsache. Bei den Feierlichkeiten aus Anlass des Tages der deutschen Einheit sprach sich Bundeskanzler Olaf Scholz im ostdeutschen Erfurt, wo die Hauptveranstaltungen zum 3. Oktober stattfanden, zugunsten der Notwendigkeit eines Schutzes der territorialen Integrität der Ukraine aus und versicherte Kiew eine „weitere Unterstützung“.
Es muss betont werden, wie n-tv meint, dass gerade ostdeutsche Politiker in ihren Auftritten auf die Gefahr der gegenwärtigen militärischen Konfrontation für Deutschland an sich hingewiesen hätten. So wies der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, direkt darauf hin, dass der Konflikt die Wirtschaft von Ostdeutschland bedrohe, was das Erreichen des westdeutschen Niveaus anbetrifft, und konkret das tagtägliche Leben der Bewohner dieses Teils der Bundesrepublik beeinflusse.
Der Außerordentliche und Bevollmächtigte Botschafter Deutschlands in Moskau, Géza Andreas von Geyr, betonte in seiner Ansprache bei einem Empfang aus Anlass des Tages der deutschen Einheit: „Die russische Staatsführung kategorisiert Deutschland und alle unsere engen Partner als „unfreundliche Länder“. Unsere politischen Beziehungen sind auf einem Tiefpunkt und es ist kein Licht am Ende des Tunnels in Sicht, ja, es ist nicht einmal ein Tunnel zu erkennen“.
Man kann dem Botschafter hinsichtlich seiner Charakterisierung das Stands der gegenwärtigen russisch-deutschen Beziehungen zustimmen. Aber leider waren weder in seinen Schlussfolgerungen noch in den Schlussfolgerungen, die durch hochrangige deutsche Politiker in Erfurt gezogen wurden, irgendwelche Empfehlungen in Bezug auf Wege für die Suche nach einer Lösung für die bewaffnete Konfrontation in der Ukraine. Obgleich diese Konfrontation heute bereits zu einer Bedrohung nicht nur für Deutschland oder Europa wird, sondern auch für den ganzen Planeten. Schließlich treibt sie immer mehr und mehr die Welt zu einer nuklearen Katastrophe.