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Biden als Chefpropagandist des Kremls


Joe Biden hat scheinbar das Hautthema für einen Zusammenschluss der Gesellschaft um Wladimir Putin im Vorfeld der September-Wahlen zur Staatsduma zugespielt.

Für die Propaganda des Kremls hat sich ein klarer Glücksfall im aktuellsten und frischsten Feindbild – der Präsident und das Establishment der USA – ergeben. Und in der Beschreibung der blutigen Vergangenheit des amerikanischen Kapitalismus sind tausende Bände in der Sowjetzeit verfasst worden. Bezüglich der Reservate für Indianer und der Sklaverei der Schwarzen wurden viele Filme gedreht. Greif zu und transponiere es auf eine neue Art und Weise, auf die des Jahres 2021!

Diese Hilfe von Biden ist mehr als zur rechten Zeit gekommen. Das Feindbild, das seit 2014 genutzt wurde, hat zu verblassen begonnen.

Die langjährige Verringerung der Realeinkommen der Bevölkerung hat angefangen, sich auch in den gesellschaftlichen Stimmungen bemerkbar zu machen. Die Menschen interessieren sich immer nachdrücklicher für ihre Perspektiven, vor allem die materieller Art. Für sie sind die Zukunft der Kinder sowie die Qualität und Zugänglichkeit der Medizin und Ausbildung wichtig. Im Blick haben muss man die kolossalen regionalen Unterschiede beim tatsächlichen Versorgungsgrad hinsichtlich dieser Segnungen.

Wenn die Herrschenden das Thema der Gleichheit aufwerfen, veranlassen sie die gesellschaftlichen Gedanken zu einer Erörterung von Fragen, die auf die eine oder andere Art mit einer Umverteilung der Einkommen der Reichen in Verbindung stehen. Derweil hat solch eine Herangehensweise konzeptuell einen Hauch von Naphthalin. Die sowjetische Geschichte der Gleichheit in der Armut und politischen Rechtlosigkeit hatte zu einem Zusammenbruch des Landes und einer Aufgabe des primitiven Angleichens der Einkommen – unabhängig von der Qualifikation und dem real für die Gesellschaft geschaffenen Wert – geführt.

Die heutige Auslegung von Gleichheit sieht eine Gleichheit des Zugangs zu Aktiva unterschiedlichen Typs für verschiedene Menschen zu einer unterschiedlichen Zeit ihres Lebens vor. In der Jugend ist es für die Menschen wichtiger, eine qualitätsgerechte Ausbildung sowie einen perspektivreichen und sicheren Beruf zu bekommen. Im mittleren Alter ist das Wichtigste die Möglich, guten Wohnraum zu einem annehmbaren Preis zu erwerben. In den reifen Jahren ist das Wichtigste der Zugang zu den Aktiva, die mit dem Gesundheitswesen zusammenhängen. Eben so wird das Problem der Gleichheit in Gesellschaften mit einem hohen Niveau des Wohlstandes des Volkes verstanden.

Eine überzeugende Antwort der Offiziellen hinsichtlich der Gewährleistung solch einer Gleichheit beim Zugang zu den entscheidenden Werten ist bisher nicht vorgelegt worden. Hier liegen die Wurzeln für Vieles von dem, was zu einem Protest als äußerste Form der Unzufriedenheit führt.

Unter diesen Bedingungen haben allem nach zu urteilen die Herrschenden mit Mühen das Schlüsselthema der Wahlen zur Staatsduma ertastet. Unerwartet begann auf allen föderalen Kanälen der Name von Nawalny zu erklingen, der bis dahin tabuiert war. Wahrscheinlich hat man ihn gepusht, um die Figur des Hauptoppositionellen zu einem wiedererkennbaren Symbol des Westens zu verwandeln, der in den Weiten Russlands zwecks dessen Zügelung im Interesse der Amerikaner agiert. Schließlich suche der Westen, wie die Offiziellen erklärten, „junge, ambitionierte, energische und geldliebende“ angehende Politiker, um mit deren Aufstieg in die russischen Machtstrukturen die Ziele des Zufügens eines Schadens für die nationalen und strategischen Interessen der Russischen Föderation zu erreichen.

Da im Westen auch praktische Menschen leben, haben sie anschaulich den hohen Bereitschaftsgrad demonstriert, Russland in einen metaphysischen Feind der modernen Zivilisation zu verwandeln. Eine besondere Rolle spielte hierbei die NATO. „Russland, der Terrorismus, Chinas Aufstieg und die Klima-Veränderungen sind die Hauptbedrohungen für die NATO“, erklärte gerade der Generalsekretär des Nordatlantik-Paktes, Jens Stoltenberg, auf einer Online-Pressekonferenz, auf der er seinen Jahresbericht über die Arbeit der Organisation im Jahr 2020 vorlegte.

„Das destabilisierende Verhalten Russlands, der Terrorismus, die Cyberattacken und Technologien, Chinas Aufschwung und die Klimaveränderungen sind die Herausforderungen, die geblieben sind. Nicht ein Land und nicht ein Kontinent wird damit im Alleingang fertig. Daher müssen wir zusammen, in einer strategischen Solidarität arbeiten“, sagte er. Stoltenberg ist natürlich keine eigenständige Figur, er ist ein Sprachrohr des Pentagons. Aus seinem Munde spricht der Rüstungsindustriekomplex des Westens, der unter den Bedingungen der pandemiebedingten Rezession neue Haushaltsaufträge braucht.

Es darf keine Illusion hinsichtlich dessen geben, dass die Welt in den nächsten Jahren das Erreichen eines brisanten Höhepunkts der Konfrontation, des Wettrüstens und der Konflikte erwartet.

Unter diesen Bedingungen wird das Mobilisierungsmodell der Propaganda den Herrschenden eine beinahe 100-%-ige Vertretung in der künftigen Staatsduma sichern. Danke, Biden!