Die am meisten in der Republik Moldowa diskutierte Frage ist: Wird Russland sie überfallen? Parlamentschef Igor Grosu hat vorgeschlagen, den Worten von Dmitrij Peskow hinsichtlich eines Nichtbestehens von Bedrohungen für Moldawien seitens der Russischen Föderation keinen Glauben zu schenken. Verteidigungsminister Anatolie Nosatîi betonte aber den friedliebenden Charakter der Signale Moskaus und erklärte, dass es keine Risiken für die Sicherheit der Republik Moldowa gebe. Wenn sie auftauchen würden, könne Rumänien Moldawier mit rumänischen Pässen in die Reihe seiner Armee einberufen.
Rumäniens Verteidigungsministerium hatte jüngst eine Gesetzesvorlage initiiert. Laut dieser würden die im Ausland lebenden rumänischen Bürger im Falle der Ausrufung einer Mobilmachung oder eines Kriegszustands durch Bukarest verpflichtet sein, innerhalb von 15 Tagen in die Heimat zurückzukehren, um die Reihen der Armee aufzufüllen. Somit werden zehntausende Bürger Moldawiens mit rumänischen Pässen zu einer aktiven Reserve der Streitkräfte Rumäniens. Laut unterschiedlichen Angaben haben rund eine Million Einwohner Moldawiens rumänische Pässe erhalten. Und daher können sie in die rumänische Armee einberufen werden, wenn sich beispielsweise eine Bedrohung für Moldawien an sich ergibt.
Dass die moldawischen Offiziellen nicht geneigt seien, sich auf die Worte des Pressesekretärs von Russlands Präsident über ein Nichtbestehen von Gefahren für Kischinjow aufgrund der Kampfhandlungen in der Ukraine zu verlassen, erklärte Parlamentsvorsitzender Igor Grosu. Nach seinen Worten hätte man sich in Kischinjow mit der Erklärung von Dmitrij Peskow vertraut gemacht, jedoch „haben wir widersprüchliche Signale seit dem 24. Februar erhalten“. Es gab „eine Erklärung von Generälen, Landkarten“ und andere Erscheinungen, die die Sicherheit der Republik anzweifeln. Die moldawische Seite verfolge aufmerksam die Situation in den angrenzenden ukrainischen Verwaltungsgebieten. Und „es gibt keine Anlässe für ein Nachlassen“, konstatierte Grosu.
Dabei verwies er auf die Existenz einer „5. Kolonne, die schläft und schaut, dass sie (die Opposition – „NG“) befreit werden, und fragt, wozu brauchen wir eine Armee? Lassen Sie uns für etwas Anderes Geld ausgeben!“. „Dies sind Spekulationen. Man muss in die Armee investieren. Wir haben Ressourcen aus der EU bekommen und werden sie in unsere Armee investieren. Die Militärs müssen gut ausgerüstet, gut ausgebildet, gut sichergestellt und bereit sein, das Land zu verteidigen“, ist der Parlamentsvorsitzende überzeugt. Grosu gab zu verstehen, dass man im Falle einer Zuspitzung rund um Moldawien der Republik von außer her „zu Hilfe kommen wird“. Die moldawische Seite müsse jedoch als erste ihre Bereitschaft sich zu verteidigen demonstrieren.
Bemerkenswert ist, dass dabei der Vorsitzende des moldawischen Parlaments für eine Fortsetzung des Dialogs mit „Gazprom“ plädierte. Er erklärte, dass man über das Unternehmen „Moldovogaz“ den Dialog mit dem russischen Konzern fortsetzen müsse, unter anderem „um die Frage bezüglich der Schulden (der Republik Moldowa gegenüber „Gazprom“ – „NG“) zu klären. Er fügte hinzu, dass „wir uns mit der Wirtschafts- und Finanzprüfung verspäten“. Dabei betonte er, dass er nicht alle Details offenlegen könne. In den nächsten Tagen würde es aber Nachrichten über alternative Gasquellen für die Republik geben. „Diese Fragen erörtern wir mit Rumänien, der Ukraine und anderen Partnern, da die Situation hinsichtlich der Logistik besser ist. Und Moldowa hat die technische Möglichkeit, Brennstoffe aus zur russischen Richtung alternativen Richtungen zu bekommen. Kiew strebt eine Diversifizierung an“, erläuterte Grosu.
Zur gleichen Zeit ist Kischinjow bereit, Strom vom Moldawischen Heizkraftwerk in Transnistrien zu kaufen, wobei so viel, wie möglich ist und wenn ein geringer Preis gesichert sein wird. „So viel, wie wir vom Moldawischen Heizkraftwerk kaufen können, werden wir zu geringen Preisen erwerben. Wenn wir es nicht können, werden wir uns an den ukrainischen Markt wenden, da gibt es ausreichende Mengen“, erklärte.
Es sei daran erinnert, dass sich Kischinjow schon früher an den ukrainischen Markt gewandt hatte und dort laut Regierungsangaben heute 30 Prozent der Elektroenergie erwirbt. Premierministerin Natalia Gavrilița betonte, dass der ukrainische Strom etwas teurer sei als der russische, der vom Moldawischen Heizkraftwerk erworben werde, dessen Eigner der Konzern INTER Rao ist. Aber nach Aussagen der Ministerpräsidentin sei dies nur der Anfang der Diversifizierung der Stromlieferungen.
Außer dem Wunsch, den russischen Markt durch jeglichen anderen zu ersetzen, betonte Grosu die Möglichkeit eines Ausscheidens der Republik Moldowa aus der GUS. Nach seinen Worten hätte die Republik Moldowa die Teilnahme an Veranstaltungen der Gemeinschaft ausgesetzt. „Ich persönlich sehe keinen Sinn, auf die Einladungen (des GUS-Exekutivkomitees – „NG“) zu reagieren, wenn bei unserem Nachbarn ein Krieg tobt“, erklärte der moldawische Parlamentschef.
Der Expräsident der Republik und Chef der Partei der Kommunisten der Republik Moldowa, Vladimir Voronin, bezeichnete ein mögliches Ausscheiden aus der GUS als ein Verbrechen, worüber die Spitzenvertreter des Landes nach Erhalt des Status eines Kandidatenlandes für einen EU-Beitritt diskutieren. Und der Politologe Valeriu Reniţă konstatierte, dass sich Grosu von den nationalen Interessen leiten lassen müsse. Und sie würden, wie Reniţă meint, darin bestehen, mit allen eine Freundschaft zu unterhalten: „Moldowa ist ein kleines Land“.
Nicht einverstanden mit dem Parlamentschef ist auch der Verteidigungsminister des Landes. Anatolie Nosatîi erklärt, dass die nationale Armee im Falle eines Überfalls der Russischen Föderation auf die Republik Moldowa die Souveränität und territoriale Integrität des Landes verteidigen werde. Dabei versichert der Verteidigungsminister, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Gefahr eines Krieges weit von der Republik entfernt sei. Nach seinen Worten würden die aus Moskau eintreffenden offiziellen Signale einen friedliebenden Charakter tragen.
„Die Gefahr ist nicht verschwunden. Doch im Vergleich zu Ende Februar ist es weitaus besser um die Angelegenheiten bestellt. Die Situation in der Ukraine hat sich stark verändert. Die Kampfhandlungen haben sich weit von den Grenzen der Republik Moldowa entfernt. Die Handlungen der Ukraine haben die Front von Nikolajew und Odessa zurückgedrängt. Dank den internationalen Anstrengungen in Gestalt einer Unterstützung für die Ukraine mit Waffen hat das Land die Möglichkeit, seine Schwarzmeerkürste inkl. des Luftraums zu verteidigen, was für uns sehr vorteilhaft ist. Die schwersten Kämpfe ereignen sich im Osten. Ich denke, die Russische Föderation will ihr strategisches Ziel erreichen, das für die erste Etappe gestellt wurde – den Donbass einzunehmen. Über diplomatische Kanäle werden mit der Russischen Föderation Diskussionen geführt. Uns sagt man, dass die militärische Operation nicht gegen die Republik Moldowa gerichtet sei und es für Moldowa keine Gefahr gebe“, berichtete Anatolie Nosatîi in einer TV-Sendung.
Der Verteidigungsminister teilte mit, dass im Falle eines schlimmsten Szenarios, solch eines wie ein Hineinziehen der Republik in den Konflikt, die nationale Armee ihre Pflicht erfüllen werde. Nach Aussagen des Ministers werde auch ein Szenario für eine Mobilmachung einzelner Kategorien von Bürgern behandelt. Anatolie Nosatîi betonte gleichfalls, dass Rumänien als ein NATO-Mitgliedsland Moldowa nur durch Lieferungen von Waffen und militärischen Ausrüstungen Hilfe leisten könne.
„6500 – solch eine Anzahl von Militärs unterhalten wir gegenwärtig. Bei Bedarf werden aber Mobilmachungspläne zum Einsatz gebracht. Und die Armeestärke wird sich in Abhängigkeit von der bestehenden Gefahr erhöhen. Wir hoffen, dass es nicht dazu kommen wird, dass wir überfallen werden. Wir müssen aber bereit sein, sich zu verteidigen. Eine direkte Hilfe seitens Rumäniens unter Hinzuziehung von Truppenteilen ist nicht möglich. Es gibt da das anschauliche Beispiel der Ukraine, die enge Beziehungen mit Polen unterhält. Polnische Militäreinheiten nehmen aber nicht an den Kampfhandlungen teil. In schwierigen Situationen kann es um Hilfe durch Waffen und Technik sowie Ausrüstungen gehen“, betonte der Verteidigungsminister der Republik Moldowa.