Unabhängige Zeitung

Private Tageszeitung

China will gemeinsam mit Russland gegen „bunte“ Revolution kämpfen


Der Außenminister der Volksrepublik China Wang Yi bezeichnete auf einer Pressekonferenz die VR China und die Russische Föderation als ein Tandem und teilte mit, dass der russisch-chinesische Vertrag durch einen neuen Inhalt ausgefüllt werde. Er rief Washington auf, die unvernünftigen Einschränkungen für die Zusammenarbeit zu beseitigen und gemeinsam hinsichtlich solcher Probleme wie die Klimaveränderungen und die COVID-Pandemie zu arbeiten. Wang Yi gab zu verstehen, dass Peking keine Einmischung in seine inneren Angelegenheiten zulassen und nicht auf Taiwan verzichten werde. Gleichfalls bekundete er auch die Hoffnung, dass die Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Grenze mit Indien geregelt werden.

Die Tagungen des Parlaments und der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes (des wichtigsten beratenden Gremiums bei der Führung der Volksrepublik China) werden einmal im Jahr durchgeführt. Sie öffnen aber der Welt den Vorhang dazu, welche Gerichte in der politischen Küche Chinas zubereitet werden.

Das nunmehrige Forum, das am Donnerstag zu Ende gehen wird, ist zu keiner Ausnahme geworden. Der Leiter des Außenministeriums und Mitglied des Staatsrates (der Regierung) Wang Yi hat den Journalisten und Analytikern nicht wenig Nahrung für Überlegungen geliefert.

Eine der rätselhaften Äußerungen betraf den russisch-chinesischen Vertrag über gute Nachbarschaft, Freundschaft und Zusammenarbeit, dessen 20. Jahrestag der Unterzeichnung in diesem Jahr begangen wird. Dies wird eine historische Zäsur werden, schrieb die englischsprachige chinesische Staatszeitung „Global Times“. Die Seiten seien übereinkommen, behauptet das Blatt, den Vertrag zu prolongieren und ihn mit einem neuen Inhalt auszufüllen. Was ist konkret gemeint? Darüber kann man anhand der Worte des Ministers urteilen, wonach China und Russland auch weiterhin im Kampf gegen „bunte“ Revolutionen und gegen Desinformation zusammenarbeiten und gemeinsam die politische Sicherheit im Jahr 2021 gewährleisten werden.

„Je mehr Turbulenzen und Erschütterungen in der Welt, umso wichtiger ist es, die chinesisch-russische Zusammenarbeit voranzubringen. China und Russland treten als strategische Stützen füreinander wie wahre Partner hinsichtlich der dringendsten Probleme der internationalen Tagesordnung auf“, unterstrich der Minister.

Aber schließlich ist es unmöglich, „bunten“ Revolution allein mit Erklärungen entgegenzuwirken. Chinesische Analytiker meinen, dass die beiden Großmächte einen Austausch von Aufklärungsdaten und eine Zusammenarbeit hinsichtlich der Cybersicherheit und in militärischen Angelegenheiten anbahnen müssten. Yang Jin, wissenschaftlicher Assistent der Chinesischen Akademie für Gesellschaftswissenschaften, erklärte, dass es nötig sei, eine bilaterale Zusammenarbeit gegen mögliche „bunte“ Revolutionen anzubahnen, da ausländische Kräfte China und Russland eine Herausforderung stellen würden. Die USA und ihre Verbündeten würden versuchen, die Entwicklung Chinas und Russlands auszubremsen, wobei sie einen Sturz deren Regierungen zu erreichen suchen und Proteste unter dem Vorwand eines Schutzes der Menschenrechte fördern. In Russland seien die Demonstrationen zur Unterstützung von Alexej Nawalny zu einem Ergebnis dieser Anstrengungen geworden, beweist der Analytiker. Und in China – die Aktionen von 2019 gegen die Annahme des Gesetzes über die Auslieferung von Einwohnern Hongkongs an Gerichte in der Volksrepublik China. Kurzum, die gemeinsamen Sorgen schubsen Peking und Moskau in gemeinsame Umarmungen. Freilich, wie stark diese Umarmungen sein sollten, erklären die chinesischen Experten mit Vorsicht. Yang ist der Annahme, dass es doch keinen Sinn mache, ein Militärbündnis zu schließen, da es ein „unflexibles“ sein und „Probleme schaffen“ würde.

In einem Gespräch mit der „NG“ betonte Andrej Karnejew, Leiter der Schule für Orientalistik der Hochschule für Wirtschaftswissenschaften: „Die Diskussion darüber, ob nicht die russisch-chinesische Partnerschaft zu einem militärpolitischen Bündnis werden könne, erfolgt auch unter russischen Sinologen. Die meisten sind der Auffassung, dass die Formel der Partnerschaft in größerem Maße den Bedürfnissen beider Länder entspricht. Dennoch gehen einige Arten der Zusammenarbeit bereits über den Rahmen einer strategischen Partnerschaft hinaus. Beispielsweise sagte der Präsident der Russischen Föderation Wladimir Putin, dass Russland China bei der Schaffung eines Frühwarnsystems für einen Raketen- und Nuklearangriff helfen werde. Dies betrifft aber jene Bereiche, wo unsere Länder dem größten Druck seitens der USA und des kollektiven Westens ausgesetzt werden. Was die Proteste angeht, so hat sich in Moskau und in Peking die Meinung herausgebildet, dass westliche Geheimdienste hinter ihnen stehen würden. Eben deshalb ist man in beiden Hauptstädten der Meinung, dass man zumindest Standpunkte austauschen müsse. Die Erfahrungen Chinas, wo es gelang, die Protestbewegung schnell zu unterdrücken, kann man nicht einfach so nach Russland übertragen. Es geht da wohl eher um eine moralische Unterstützung.

Wang Yi sprach auch über die Beziehungen mit den USA. Peking berücksichtigt, dass es ein in- und ein ausländisches Publikum hat. Im Landesinnern besteht eine große Nachfrage nach einer konsequenten Verteidigung der nationalen Interessen. Die Volksrepublik China möchte aber gern das ausnutzen, dass in den USA eine neue Führungsriege an der Macht ist, und die heftigsten Widersprüche abschwächen, resümierte Karnejew.

Wie die Nachrichtenagentur Reuters meldete, hielt Wang Yi an einer harten Linie hinsichtlich der Vereinigten Staaten fest. Er verwies aber auf Bereiche, wo die beiden größten Volkswirtschaften der Welt zusammenwirken können. Dies seien die Klimaveränderung und die Bekämpfung der Pandemie. Man müsse sich auf halbem Wege treffen und so schnell wie möglich die ungerechtfertigten Einschränkungen auf dem Weg der Zusammenarbeit aufheben. Auf die Frage eines indischen Reporters antwortend, erklärte Wang Yi, dass China und Indien Freunde seien und die Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Grenze beilegen könnten.