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Chinas Staatsoberhaupt wird Kasachstans Präsidenten auf seine Zuverlässigkeit hin überprüfen


Das Oberhaupt der Volksrepublik China, Xi Jinping, wird in der kommenden Woche Kasachstan besuchen. Die GUS-Republik ist nicht bloß ein Nachbar Chinas, sondern auch ein großer Lieferant von Erdöl und Gas. Peking möchte sich davon überzeugen, dass ungeachtet der Unruhen vor einiger Zeit im Land und die Reformen, die Präsident Qassym-Schomart Tokajew durchführt, Kasachstan ein stabiler Partner der Volksrepublik China bleibt. Zur nächsten Etappe der Reise von Xi wird Samarkand, wo ein Gipfeltreffen der Shanghai-Organisation für Zusammenarbeit stattfinden wird. Dies wird Xi die Möglichkeit verschaffen, ein persönliches Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin durchzuführen. Den Kommentaren von Experten nach zu urteilen, werden sie die Frage erörtern, wie man dem Druck der USA auf beide Staaten Paroli bieten könne.

Laut einer Mitteilung der Regierung Kasachstans werde Xi Jinping am 14. September eintreffen. Dies wird seine erste Auslandsreise nach Ausbruch der COVID-19-Pandemie werden. Früher hatte es in den westlichen Medien viele Spekulationen zum Thema gegeben, wohin Chinas Staatsoberhaupt in erste Linie seine Schritte unternehmen wird. Genannt wurde Saudi-Arabien. Laut Angaben der „South China Morning Post“ hatte von den Mitgliedern des Politbüros der KP Chinas, das 25 Personen umfasst, lediglich Yang Jiechi, der die Aufsicht über das Außenministerium vornimmt, eine Reise ins Ausland unternommen. Und Parlamentschef Li Zhanshu, der dritte Mann in der Partei laut der inoffiziellen Rangfolge, nahm am 7. Östlichen Wirtschaftsforum in Wladiwostok teil und bricht danach in mehrere Länder auf.

Wie Kasachstans Regierung betonte, seien die Gespräche zwischen Tokajew und Xi darauf ausgerichtet, die allseitige strategische Partnerschaft zu vertiefen sowie die Zusammenarbeit im politischen, Wirtschafts- und Kulturbereich zu entwickeln. Temur Umarow, Experte der Stiftung „Carnegie Endowment for International Peace“, behauptet, dass Xi mit der Auswahl Zentralasiens für eine erste Auslandsreise demonstrierte, dass China anstrebe, dort seinen Einfluss zu erweitern. „Im Jahr 2023 jährt sich zum 10. Mal der Start der Initiative „Ein Gürtel, eine Straße“ („Neue Seidenstraße“ – Anmerkung der Redaktion). Und Zentralasien kann deren Erfolg zeigen. Freilich, die Unruhen in Kasachstan im Januar hatten Peking unvorbereitet getroffen. Es mussten zur Unterstützung Kasachstans russische Truppen dorthin entsandt werden. Jene Ereignisse wurden für Peking zu einem Weckruf, zu einem Signal, das verkündete, dass man über die Veränderungen in Zentralasien besser informiert sein muss“.

Und in Samarkand werden am Gipfel der Shanghai-Gruppe am 15. und 16. September – wie erwartet wird — alle Staats- und Regierungschefs der Staaten teilnehmen, die zu ihr gehören – Russland, China, Indien, Kasachstan, Kirgisien, Pakistan, Tadschikistan und Usbekistan. Die durch ihre historischen Reliquien berühmte Stadt wird damit im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der Weltpresse stehen. Eines der wichtigsten bilateralen Treffen der Staatsoberhäupter wird ein Gespräch von Xi mit Putin sein. Sie hatten sich das letzte Mal persönlich im Februar in Peking, am Vorabend der Olympischen Winterspiele getroffen. Damals hatten die Staatschefs erklärt, dass die russisch-chinesische Partnerschaft keine Grenzen besitze. Und drei Wochen später begann Russland seine international kritisierte militärische Sonderoperation in der Ukraine. Kommentatoren rätseln darüber, ob Putin Xi Jinping diese angekündigt hatte oder nicht.

Worum wird es bei den Gesprächen der beiden Staatschefs gehen? Wie man aus einem Interview von Zhou Weidi, stellvertretender Direktor des Instituts für Wirtschaft und Business-Verwaltung bei der Pädagogischen Universität Zentralchinas (in der Stadt Wuhan), schlussfolgern kann, werden sie über eine Verstärkung des Zusammenwirkens angesichts des Drucks der USA auf beide Länder sprechen. Die Zeitung „The New York Times“ unterstreicht dagegen aber, dass Peking offiziell die Sonderoperation nicht gebilligt, aber die Version des Kremls wiederholt habe, der die Vereinigten Staaten eines Schürens des Konfliktes bezichtigt. Außerdem gewährte China Russland Unterstützung in der für das Land schweren Zeit, als der Westen Sanktionen gegen Moskau verhängte. Seinerseits hat sich Moskau in der Taiwan-Frage entschieden auf die Seite der Volksrepublik China gestellt.

In einem Gespräch mit der „NG“ betonte Alexander Lukin, wissenschaftlicher Leiter des Instituts für China und das moderne Asien der Russischen Akademie der Wissenschaften: „Kasachstan ist für China ein wichtiges Land. Es gibt eine lange gemeinsame Grenze, China erwirbt dort Rohstoffwaren im großen Umfang, investiert dort seine Mittel. Es ist aber natürlich, dass das Treffen von Putin mit Xi Jinping bei den Beobachtern ein weitaus größeres Interesse auslöst. Es wird um die internationale Situation und die bilaterale Zusammenarbeit gehen. Die muss man angesichts der feindseligen Handlungen der USA und deren Verbündeten erweitern. Nicht ausgeschlossen ist eine Vereinbarung über neue Projekte im Öl- und Gassektor“.

Die Presse sagt gleichfalls voraus, dass nach Xi auch andere Vertreter der chinesischen Führung beginnen würden, oft zu reisen. „Die sogenannte Null-Toleranz gegenüber dem Virus löst in China große Streitgespräche aus. Der Wirtschaftsblock unter Führung von Premier Li Keqiang versuche angeblich nachzuweisen, dass sie die Wirtschaft negativ beeinflusse, und plädiert dafür, diese Herangehensweise zu ändern. Der Ausgang der Diskussion wird nach dem Parteitag im Oktober klar werden. Dann wird bekannt werden, wer von den Mitgliedern des Politbüros gehen und wer bleiben wird“, nimmt Lukin an.