Wie Irkutsker Medien berichten, behandeln Gerichte derzeit über zwei Dutzend Fälle gegen Verbraucher, die für die Bevölkerung festgelegten niedrigen Stromtarife für die Gewährleistung des Funktionierens kleingewerblicher Bitcoin-Minen ausnutzen. Die Bitcoin-Minen befinden sich in Garagen, Scheunen und Kellerräumen von Privathäusern. Solch eine Nachbarschaft schadet stark den übrigen Bewohnern, indem sich dies auf die Qualität der Stromversorgung auswirkt, und anderen Verbrauchern, die für die Personen mitzahlen, die sich mit dem Mining von Kryptowährungen befassen. Eine der von Experten vorgeschlagenen Varianten für ein Herauskommen aus der Situation ist die Nutzung kommerzieller Stromtarife bei einem überdurchschnittlich hohen Stromverbrauch.
Das kleingewerbliche Mining verursacht eine erhöhte Belastung des Stromversorgungsnetzes, was zu einer Verschlechterung der Qualität der Stromversorgung und Zunahme der Störfälle führt. Es kommt zu Bränden, Störungen bei der Stromversorgung, Havarie-Abschaltungen usw. Das Mining gehört von seinem Wesen her zu einer industriellen Belastung. Die Belastungsprofile beim Verbrauch von Elektroenergie in gewöhnlichen Haushalten und bei der Gewinnung von Kryptowährungen unterscheiden sich erheblich. Im Winterbeispielsweise beträgt die tägliche Verbrauchsmenge für kommunale und Haushaltszwecke bei einer erlaubten Leistung der angeschlossenen Elektrogeräte von 15 kW etwa 120 bis 140 kWh. Beim Mining aber und bei den gleichen erlaubten 15 kW – bereits 360 kWh.
„Wenn sich derartige Mining-Stätten schnell entwickeln, wofür die Netze nicht ausgelegt sind (schließlich hatte keiner die Miner in den Prognosen ins Kalkül gezogen), so birgt dies Probleme für das Netz in sich“, betont Valerij Semikaschew, Leiter des Labors für das Prognostizieren des Brennstoff- und Energiekomplexes des Instituts für volkswirtschaftliches Prognostizieren der Russischen Akademie der Wissenschaften. „Wahrscheinlich kann die Arbeit der Mining-Stätten die Parameter des Stroms im Netz beeinflussen. Im Stromnetz gibt es eine Menge Ausrüstungen und Anlagen, die die stabilen und nötigen Parameter für den Strom aufrechterhalten. Da keiner die Miner ins Kalkül gezogen hatte und sie spezifisch arbeiten können (beispielsweise schalten sie sich mal ein, mal schalten sie sich aus), kann ihre Tätigkeit irgendwelchen Elementen des Netzes Schaden zufügen“.
Ein anderes Problem besteht darin, dass für die Miner faktisch alle Verbraucher der Region draufzahlen, außer der Bevölkerung. Im Verwaltungsgebiet Irkutsk beträgt der Bevölkerungstarif etwa ein Rubel für eine Kilowattstunde, was um Einiges weniger ist als im Landesdurchschnitt. Gerade deshalb befasst sich hier eine riesige Anzahl von Menschen mit der Gewinnung von Kryptowährungen. Und Irkutsk bezeichnet man gar als die Hauptstadt des russischen Minings. Dabei kompensieren die Behörden die geringen Strompreise für die Bevölkerung durch deren Anhebung für die Industrieunternehmen der Region, für den Mittelstand und das Kleinunternehmertum. Derweil nutzen die Miner wie die Bevölkerung die geringen Stromtarife für sich aus.
Die Tätigkeit der illegalen Mining-Stätten führt zu einem Verlust umfangreicher Mittel durch die Energie-Unternehmen. Das Irkutsker Stromnetz-Unternehmen hat jüngst Informationen zu seinen Verlusten solcher Art offengelegt. Im vergangenen Jahr beliefen sie sich auf über fünf Milliarden Rubel. Das Unternehmen prognostiziert eine Verschlechterung der Situation in Bezug auf die Verluste im laufenden Jahr aufgrund der Zunahme des illegalen Minings. Das Problem ist für alle Regionen mit billigem Strom charakteristisch. Der Konzern „Rosseti“ („Russische Stromversorgungsnetze“), der einen Großteil der russischen Energienetze verwaltet, teilte mit, dass man seit 2017 „illegale Mining-Stätten gefunden hat, deren Tätigkeit einen Gesamtschaden von schätzungsweise mehr als 718 Millionen Rubel verursachte“.
„Aus der Sicht des Funktionierens des Energiesystems sind die illegalen Produktionsstätten von Kryptowährungen eine Form eines vertraglich ungebundenen und unerfassten Stromverbrauchs“, erklärt Sergej Sasim, Direktor des Zentrums für Untersuchungen in der Elektroenergiewirtschaft des Instituts für Wirtschaft und Regulierung von Infrastrukturbranchen der Nationalen Forschungsuniversität „Hochschule für Wirtschaftswissenschaften“. „Die Zunahme der kommerziellen Verluste fügt den Netzbetreibern einen technischen und finanziellen Schaden zu. Das Überschreiten des berechneten Belastungsumfangs verschlechtert die Zuverlässigkeit der Stromversorgung und erhöht die Kosten der Netzbetreiber für die Durchführung von Reparaturen. Außerdem werden die Verluste über die Normativen hinaus nicht bei der Tarifregulierung wettgemacht. Daher liegt die finanzielle Bürde der Zahlungen gegenüber den Lieferanten in diesem Fall auf den Netzbetreibern“.
Das illegale Mining verursacht eine Belastung für den Industriesektor und insgesamt für die Wirtschaft des Verwaltungsgebietes Irkutsk, betonte gegenüber Journalisten der Direktor des Stromversorgers „Irkutskenergosbyt“ Andrej Charitonow. „Dies muss man bekämpfen. „Irkutskenergosbyt“ ist nicht gegen das Mining, wenn es legal ist, wenn es außerhalb von Ortschaften an speziell bereitgestellten Standorten erfolgt“. „Das, was die illegalen Miner verbrauchen, bezahlen letztlich die agierenden Unternehmer. Bis zum Jahr 2023 ist eine Erhöhung des Tarifs für Unternehmer, für arbeitende Geschäftsleute möglich“, sagt der Vorsitzende des Energieausschusses der Irkutsker Abteilung der Unternehmervereinigung „Stütze Russlands“, Maxim Sisikow.
Dabei ist es, während die Stromversorger die Grundstücke mit Mining-Anlagen noch ermitteln können, recht kompliziert, sie zu bekämpfen. So einfach kommst du da nicht rein. Es gibt keine Vollmachten. Dennoch behandeln derzeit die Irkutsker Gerichte über 20 Fälle in Bezug auf solche Miner. Die ersten Entscheidungen gibt es bereits. Nach einer Neuberechnung muss jeder Verbraucher 100.000 bis zu sechs Millionen Rubel nachzahlen. Mit Gerichtsprozessen allein ist das Problem jedoch nicht zu lösen. Experten betonen, dass, wenn keine Maßnahmen ergriffen werden, die die Attraktivität der Nutzung regulierbarer Tarife für eine Tätigkeit zwecks Erhalts eines kommerziellen Gewinns verringern, eine Wiederholung der Ereignisse vom Dezember 2020 – Januar 2021 im kommenden Winter möglich sei. Damals waren Ortschaften der Verwaltungskreise Irkutsk und Schelechowo zeitweilig ohne eine Stromversorgung geblieben.
Ideen, wie man die Situation beheben könnte, erklangen bereits von Business-Vertretern. Eine der Methoden wäre eine Differenzierung der Tarife für die Bevölkerung in den Regionen mit geringen Strompreisen. Bei einem Verbrauch von bis 7.000 kWh im Monat könne man beispielsweise regulierbare Tarife nutzen, und wenn mehr – kommerzielle. Solch ein für Haushalte ungewöhnlich hoher Stromverbrauch weise auf die Realisierung einer kommerziellen Tätigkeit hin. Zusätzlich könne man die normative Basis korrigieren, indem man bestimmt, dass die Anlagen für ein Mining von Kryptowährungen nicht für einen kommunalen und Haushaltsverbrauch bestimmt sind, und indem man die vergünstigten technischen Anschlussarbeiten für natürliche Personen einschränkt.
„Jeglicher kommerzieller Energieverbrauch muss vollkommen bezahlt werden. Vergünstigungen für Haushalte sind nicht für eine Entwicklung des Business bestimmt. Sie werden durch erhöhte Zahlungen für Unternehmen und Organisationen finanziert“, betonte Valerij Dsjubenko, stellvertretender Direktor der Assoziation „Gemeinschaft der Energieverbraucher“. „Es ist zweckmäßig, eine maximal mögliche Menge festzulegen, die ein Haushalt für die Alltagsbedürfnisse benötigt. Laut unseren Berechnungen sind dies rund 6.000 bis 7.000 Kilowattstunden im Monat, die mit einem Bonustarif belegt werden können. Aber alles, was über die ausgewiesene Menge verbraucht wird, sollte zweckmäßigerweise zum vollen Preis bezahlt werden“.
„Entsprechend den geltenden normativen Rechtsakten haben die Bürger nur in den Fällen das Recht, mit Elektroenergie zu regulierten Bevölkerungstarifen zu rechnen, wenn die Nutzung dieser Elektroenergie für kommunale und Haushaltsbedürfnisse erfolgt“, unterstrich Sergej Sasim. „Es ist offensichtlich, dass die Gewinnung von Kryptowährungen in keiner Weise etwas mit kommunalen und Haushaltsbedürfnissen zu tun hat. Dies ist eine unternehmerische Tätigkeit. Gemäß der Logik der existierenden Gesetzgebung muss die natürliche Person in solch einem Fall eine getrennte Erfassung der Elektroenergie gewährleisten, die für kommunale und Haushalts- sowie für unternehmerische Zwecke verbraucht wird. Dabei müssen die Kosten der Elektroenergie, die für das Mining genutzt wird, entsprechend marktwirtschaftlichen und nicht gemäß regulierten Preisen berechnet werden. Es versteht sich von selbst, dass der Verbraucher in diesem Fall die Frage nach einer Erhöhung der Belastung auf entsprechende Art und Weise mit dem Betreiber des elektrischen Netzes regeln muss. Ich denke, dass in diesem Fall das kleingewerbliche Mining aufhören wird, ein Problem für die Betreiber der Stromversorgungsnetze und der Stromlieferanten zu sein“.
Dabei rief der Experte auf, keine Stigmatisierung des Begriffs „Mining“ zuzulassen. „Es ist notwendig, klar die illegalen Produktionsstätten von Kryptowährungen von den Unternehmen zu trennen, die ehrlich arbeiten und den anderen Marktteilnehmern keinen Schaden zufügen. Mit ersteren muss man genauso wie mit jeglichem widerrechtlichen Verbrauch umgehen – ermitteln und unterbinden. Eine legale Tätigkeit aber muss man stimulieren“.