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Demografische Probleme stellen Russlands Regierung vor neue Aufgaben


In Russland herrscht laut offiziellen Angaben eine anormal geringe Arbeitslosigkeit, wobei eine der Ursachen dafür die Alterung der Bevölkerung und die Verringerung deren Anzahl sind. Der Rückgang der Anzahl der Bürger im arbeitsfähigen Alter kann von den Staatsbeamten eine Revision ihrer Herangehensweisen an die Finanzierung des Gesundheitswesens verlangen.

Entsprechend den Ergebnissen des Oktobers lag die offizielle Arbeitslosenrate in Russland bei 2,9 Prozent. Nach Meinung der meisten Experten sei dies ein Wert für einen bereits wesentlichen Mangel auf dem Arbeitsmarkt.

Der Hauptfaktor dafür ist der Schwund der Bevölkerung und ihre Alterung. Der natürliche Bevölkerungsrückgang entsprechend den ersten neun Monaten dieses Jahres belief sich auf mehr als 350.000 Menschen.

Die Zusammensetzung der Bevölkerung nach Altersgruppen verändert sich gleichfalls. Der Anteil der betagten Bevölkerung nimmt zu. Laut Angaben des staatlichen Statistikamtes Rosstat machte die Bevölkerungsanzahl im Alter von 20 bis 60 Jahren im vergangenen Jahr79,6 Millionen Menschen aus, in diesem Jahr – 78,7 Millionen. Zehn Jahre lang hatten sich in dieser Altersgruppe 86,5 Millionen Bürger Russlands befunden.

Dabei wird die Bevölkerung nicht gesünder. Das Gesundheitsministerium konstatierte in einem Bericht für das Jahr 2022 eine generelle Zunahme der Erkrankungsrate der Bevölkerung um 3,83 Prozent. Sie belief sich auf 174.500 auf 100.000 Einwohner des Landes gegenüber 168.000 im Jahr 2021. (Wobei sich nach wie vor viele Bürger mit einer Selbstbehandlung befassen und gar nicht erst einen Arzt aufsuchen. – Anmerkung der Redaktion) An erster Stelle lagen die Erkrankungen der Atmungsorgane mit einer Zunahme um 3,6 Prozent bis auf 47.300 je 100.000 Einwohner des Landes. An zweiter Stelle – Erkrankungen des Blutkreislaufsystems mit einer Zunahme um 5,8 Prozent bis auf 26.200 je 100.000 Bürger. An dritter Stelle – Erkrankungen des Knochen- und Muskelsystems mit einer Zunahme um 7 Prozent bis auf 12.900 je 100.000 Menschen.

Die Anzahl der Ärzte nimmt aber dagegen ab. Im vergangenen Jahr verringerte sich der Versorgungsgrad mit Ärzten in der Russischen Föderation um 1,3 Prozent und machte 37 Ärzte je 10.000 Menschen aus. Die Anzahl der Vertreter des mittleren medizinischen Personals erlebte einen Rückgang um drei Prozent und belief sich auf 81 medizinische Fachkräfte je 10.000 Menschen.

Und die langjährige sogenannte Optimierung des Gesundheitswesens in der Russischen Föderation führte auch zu einem wesentlichen Rückgang der Bettenzahl. Allein im vergangenen Jahr verringerte sich deren Anzahl fast um 20.000. Dabei hat sich summarisch in den letzten zehn Jahren der Bettenfonds im Land um beinahe 200.000 verringert, innerhalb von 20 Jahren gar fast um 500.000 Bettenplätze.

Die Ausgaben des föderalen Haushaltes für das Gesundheitswesen steigen – nominal. Im kommenden Jahr werden für dieses 1,6 Billionen Rubel gegenüber 1,57 Billionen im Jahr zuvor ausgegeben. Vergleicht man jedoch die entsprechende Preise erfolgt eine Verringerung um 1,2 Prozent, konstatierte der Rechnungshof des Landes. Der Anteil der Haushaltsausgaben für das Gesundheitswesen am Gesamtumfang des Etats bricht um 4,4 Prozent ein.

Früher waren die Rechnungsprüfer bei einer Analyse der Ausgaben für das Gesundheitswesen in der Russischen Föderation zu dem Fazit gekommen, dass in Russland bei einem geringen Anteil der Ausgaben des Staates weiterhin ein hoher Anteil der Ausgaben für eine Heilbehandlung aus den privaten Geldbörsen der Bürger Russlands besteht. In vielen Ländern gehört die Medikamentenversorgung bei einer ambulanten Heilbehandlung zu den Programmen der staatlichen Garantien für die Gewährung medizinischer Hilfe. In Russland aber kaufen die Kranken die Medikamente selbst und bezahlen sie aus der eigenen Tasche – ohne die Perspektive einer Kompensierung.

Die Ausgaben der Bürger Russlands auch für die eigentliche Heilbehandlung belegen wahrscheinlich deren unzureichende Finanzierung und die Tatsache, dass sie nicht überall zugänglich ist. Russlands Bürger geben heute aus der eigenen Tasche für medizinische Leistungen eine Summe aus, die fast mit dem föderalen Haushalt vergleichbar ist. Im vergangenen Jahr haben alle Bürger Russlands für kostenpflichtige medizinische Leistungen 1,2 Billionen Rubel ausgegeben. In den ersten zehn Monaten dieses Jahres haben die Bürger bereits 1,1 Billionen Rubel für kostenpflichtige Heilbehandlungen aufgewandt. Bei Wahrung der existierenden Dynamik können die Ausgaben die 1,3-Billionen-Rubel-Grenze bis zum Jahresende überschreiten.

Somit können sich die heutigen staatlichen Ausgaben für die Medizin als unzureichende erweisen, berücksichtigt man die Veränderungen in der Altersstruktur der Bevölkerung. Wenn die Anzahl der Bürger im arbeitsfähigen Alter auch weiterhin zurückgehen wird, wird dies in der Zukunft von der Regierung wahrscheinlich verlangen, ihre Herangehensweisen an die Ausgaben für die Medizin zu revidieren und in größerem Umfang in die Gesundheit der Bürger Russlands zu investieren.