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Der Absturz und Verluste im Osthandel


„Im deutschen Osthandel haben sich im März 2022 die gravierenden wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine bemerkbar gemacht. Der deutsche Handel mit der Ukraine leidet erwartungsgemäß am stärksten unter dem Krieg. Sowohl die Exporte (-46 Prozent) als auch die Importe (-28 Prozent) gingen im März stark zurück. Umso wichtiger ist es, alles dafür zu tun, die Produktion unter Kriegsbedingungen aufrechtzuerhalten und bereits jetzt die Weichen für den Wiederaufbau zu stellen. Die deutsche Wirtschaft arbeitet bereits daran, um sich hier aktiv zu beteiligen. Der Ost-Ausschuss ist dazu in engen Abstimmungen mit der ukrainischen Seite und der Bundesregierung. Im Zuge des Wiederaufbaus und der weiteren Integration in die EU kann die Ukraine künftig ein wichtiger Produktionsstandort und Absatzmarkt in der Region werden.

 

Die deutschen Ausfuhren nach Russland brachen im Vergleich zu März 2021 massiv um 58 Prozent ein, der Export nach Belarus sank um knapp die Hälfte. Sanktionen, Logistik- und Finanzierungsprobleme und der Rückzug immer mehr deutscher Unternehmen von diesen Märkten hinterlassen deutliche Spuren. Der Abwärtstrend wird sich in den kommenden Monaten weiter beschleunigen.

 

Als Folge rutscht die Handelsbilanz mit Russland tief in die roten Zahlen, da gleichzeitig die Preise für Energie und Rohstoffe massiv gestiegen sind. Die Importe aus Russland kletterten daher im März wertmäßig um 44 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Es ist dennoch richtig, die Unternehmen mit einem Energieembargo nicht zu überfordern und ihnen Zeit für die notwendigen Anpassungen zu geben. Wir begrüßen daher die in Aussicht gestellten Hilfen der Bundesregierung. Die Defizite im Russland-Handel werden sich bis Jahresende deutlich abschwächen, sobald neue Bezugsquellen erschlossen sind.

 

Wirtschaftliches Rückgrat des deutschen Osthandels bleiben die mittelosteuropäischen Nachbarn Polen und Tschechien. Hier sind im März erfreuliche Zuwächse bei den Exporten zu verzeichnen. Positive Nachrichten gibt es auch aus Südosteuropa, dem Südkaukasus und Zentralasien. Die deutsche Wirtschaft profitierte nach der Corona-Krise von der teilweise kräftigen wirtschaftlichen Erholung dieser Länder, für die Deutschland häufig Handelspartner Nummer eins ist. Um solche Beziehungen weiter zu vertiefen, reist heute eine 60-köpfige Delegation des Ost-Ausschusses nach Kasachstan.

 

Im gesamten ersten Quartal 2022 lag der Warenaustausch mit den 29 Staaten Mittel- und Osteuropas mit gut 136 Milliarden Euro um 12,2 Prozent höher als im Anfangsquartal 2021. Damit entfielen knapp 19 Prozent des gesamten deutschen Außenhandels auf die Region. Die deutschen Exporte nach Osten stiegen um fast zehn Prozent auf 66,8 Milliarden Euro. Die deutschen Einfuhren aus Mittel- und Osteuropa stiegen, insbesondere aufgrund der höheren Rohstoffkosten, um 14,6 Prozent auf 69,2 Milliarden Euro.

 

Nach diesem insgesamt starken Anfangsquartal dürften der Krieg, aber auch die weltweiten Lieferkettenprobleme im weiteren Verlauf des Jahres in immer mehr Ost-Ausschuss-Ländern zu einer Konjunkturabkühlung führen. Auch vor diesem Hintergrund ist das nun anlaufende Hilfsprogramm der Bundesregierung für die vom Krieg betroffenen deutschen Unternehmen äußerst wichtig, um die schlimmsten Folgen abzufedern und eine Basis für einen künftigen Aufschwung zu legen.“

Über den Ost-Ausschuss:

Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft e.V. (gegründet 1952) fördert die deutsche Wirtschaft in den 29 Ländern Mittel-, Ost- und Südosteuropas, des Südkaukasus und Zentralasiens. Der deutsche Osthandel steht insgesamt für rund ein Fünftel des gesamten deutschen Außenhandels und ist damit bedeutender als der Handel mit den USA und China zusammen. Der Ost-Ausschuss hat rund 350 Mitgliedsunternehmen und wird von sechs Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft – BDI, BGA, Bankenverband, DIHK, GDV und ZDH — getragen.