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Der Anstieg der Verteidigungsausgaben deckt nicht die Zahlungen an die eingezogenen Reservisten ab


Die Ausgaben des Staates für die Verteidigung sollen laut den Plänen der Regierung von Premier Michail Mischustin im kommenden Jahr um 303 Milliarden Rubel angehoben werden. Die Summe ist scheinbar keine geringe. Aber sie wird ganz bestimmt nicht einmal für die Auszahlung der Dienstbezüge an die im Rahmen der Teilmobilmachung eingezogenen Reservisten reichen. Schon ganz zu schweigen vom Einkauf der erforderlichen Ausrüstungen, Bekleidung oder den Auszahlungen an Verwundete oder Hinterbliebene von Gefallenen. Die Staatsbeamten nennen mehr oder weniger akzeptable Zahlungen an die eingezogenen Reservisten in Abhängigkeit vom Dienstort und Dienstgrad. Ja, nur im Haushaltsentwurf für das kommende Jahr sind diese Zahlungen nicht auszumachen.

Den Militärangehörigen, die an der seit dem 24. Februar erfolgenden militärischen Sonderoperation Russlands in der Ukraine teilnehmen, steht ein monatlicher Dienstbezug in einer Höhe von mindestens 195.000 Rubel (umgerechnet etwa 3220 Euro) zu, meldete die das Regierungsblatt „Rossiskaja Gazeta“ unter Berufung auf den jüngst aus der Taufe gehobenen staatlichen Telegram-Kanal „Wir erklären.rf“. Die Gesamtsumme hänge vom militärischen Dienstgrad, der bekleideten Funktion und von zusätzlichen stimulierenden Zuschlägen ab.

„Der Erlass des Präsidenten der Russischen Föderation „Über die Ausrufung einer Teilmobilmachung in der Russischen Föderation“ verleiht den einberufenen Reservisten den Status von Armeeangehörigen, die einen Wehrdienst in den Streitkräften der Russischen Föderation auf Vertragsgrundlage absolvieren. Dementsprechend stehen ihnen auch die gleichen Vergünstigungen zu“, heißt es in einer Mitteilung.

Einmal angenommen, dass keiner der 300.000 einberufenen Reservisten nicht ums Leben kommt und keinerlei Verwundungen erleidet. In diesem Fall wird das Verteidigungsministerium jeden Monat den Teilnehmern der ersten Welle der Teilmobilmachung jeweils 58,5 Milliarden Rubel auszahlen müssen. Oder 702 Milliarden Rubel im Jahr. In den Haushaltsplänen für das kommende Jahr sind diese Summe jedoch nicht auszumachen. Aus den Tabellen des russischen Finanzministeriums wird deutlich, dass die föderalen Ausgaben hinsichtlich des Postens „Nationale Verteidigung“ von 4680 Milliarden in diesem Jahr bis auf 4983 Milliarden Rubel im Jahr 2023 steigen werden. Das heißt, die gesamte Zunahme der Verteidigungsausgaben wird laut den Regierungsplänen etwas weniger als 303 Milliarden Rubel ausmachen. Dies bedeutet, dass die gesamte Zunahme der Verteidigungsausgaben um mehr als 50 Prozent geringer als allein die zusätzlichen Auszahlungen an jene, die im Rahmen der ersten Welle der Teilmobilmachung einberufen wurden, sein wird.

Diese Zahlen für die Aufstockung der Verteidigungsausgaben wurden vom Finanzministerium Anfang September vorgestellt, als die Teilmobilmachung formal noch nicht verkündet worden war. Die eigentlichen „Hauptrichtungen der Haushaltspolitik für das Jahr 2023“ wurden jedoch bereits im siebenten Monat der ukrainischen Sonderoperation vorgelegt, die sich mit allen bekannten Ergebnissen entwickelte. Da ergibt sich, dass man in der Regierung der Russischen Föderation ernsthaft angenommen hatte, dass das Verteidigungsministerium der Russischen Föderation den Verlauf der militärischen Sonderoperation ändern oder zumindest eine militärische Niederlage vermeiden könne, wenn die Finanzierung für die Verteidigung aus dem Haushalt im kommenden Jahr um sechs Prozent erhöht werde.

Zum Vergleich: In diesem Jahr hat die Ukraine nach Beginn des russischen Angriffskrieges die Finanzierung ihrer Streitkräfte aus dem Haushalt um das 10fache erhöht. Dies hatte der ukrainische Premier Denis Schmygal mitgeteilt. Nach seinen Worten hätte die Ukraine früher für ihre Armee 5,28 Milliarden Dollar im Jahr ausgegeben, nunmehr sei aber die Finanzierung für die Streitkräfte der Ukraine bis auf 4,4 Milliarden Dollar jeden Monat angestiegen. Dabei würden sich die monatlichen Staatsausgaben der Ukraine nach Aussagen des Premiers auf rund 8,5 Milliarden Dollar belaufen. (Russland plante im Jahr 2022, für Verteidigungszwecke 75,27 Milliarden Dollar auszugeben. – Anmerkung der Redaktion)

Nach dem Februar dieses Jahres sind den Angehörigen der ukrainischen Streitkräfte monatliche Dienstbezüge – in Rubel umgerechnet – ab 48.000 Rubel in der Zeit der Ausbildung bis mehr als 200.000 Rubel für die Teilnehmer der Kampfhandlungen zugesichert worden. Hier und da tauchen Meldungen über Verzögerungen mit der Auszahlung dieser Dienstbezüge auf, insgesamt aber ist in der ukrainischen Armee kein Unmut über die Dienstbezüge festzustellen. Die Länder des kollektiven Westens sind an einer Fortsetzung des Krieges gegen Russland interessiert. Und sie lassen bisher keine Verringerung der materiellen Stimuli für die ukrainischen Militärs zu.

Die russischen Militärs können nicht mit einer uneingeschränkten Finanzierung seitens des westlichen Blocks rechnen. In der vergangenen Woche „erlaubte“ Premier Michail Mischustin, für die Armee unter Umgehung des Haushalts des Verteidigungsministeriums Bekleidung, Medikamente, Lebensmittel, Baumaterialien und Hygienemittel einzukaufen. Regionale zivile Strukturen würden der Armee Nachrichtenmittel, Nachtsichtgeräte, Drohnen, LKW-Anhänger und Fahrzeuge liefern. Dabei versuchen bereits regionale Behörden, selbständig die Probleme mit der Versorgung ihrer einberufenen Reservisten, die in andere Subjekte der Russischen Föderation geschickt wurden, zu lösen.

Auf der Internetseite der Verwaltung des Gebietes Nowosibirsk sind Daten über die finanziellen Dienstbezüge für die Militärs veröffentlicht worden, die an der militärischen Sonderoperation teilnehmen: Soldat – Feldwebel: ab 200.242 bis 467.761 Rubel, Hauptfeldwebel – Oberfähnrich: ab 224.010 bis 481.766 Rubel, Leutnant — — ab 234.580 bis 491.959 Rubel.

Die Presse des Verwaltungsgebietes Wladimir berichtete unter Berufung auf den einheimischen Militärkommissar Jurij Gusarow, dass in der Zeit der militärischen Trainings die einberufenen Reservisten ab 40.000 Rubel im Monat erhalten würden, und ab 140.000 Rubel auf dem Territorium der militärischen Sonderoperation. Im Falle einer Verwundung eines einberufenen Reservisten verspricht der Militärkommissar von Wladimir Zahlungen von 500.000 bis drei Millionen Rubel.

Derweil gibt es bisher keine Bestätigungen über reale Zahlungen an einberufene Reservisten. In den einen Regionen verspricht man, die Zahlung der Gelder an die Einberufenen im Oktober zu beginnen, in anderen aber – erst im November. Dann wird man auch die Versprechen mit der Realität vergleichen können.

Vorerst aber sagen die regionalen Behörden zusätzliche Beihilfen für die eingezogenen Reservisten aus den regionalen Etats zu. So versprechen die Offiziellen des Verwaltungsgebietes Omsk, an ihre Einberufenen im Rahmen der Teilmobilmachung jeweils 100.000 Rubel zu zahlen, teilte Gouverneur Alexander Burkow mit.

Den aus Moskau Einberufenen verspricht man monatliche Beihilfen im Umfang von 50.000 Rubeln. Einen entsprechenden Erlass über finanzielle Auszahlungen an die jeweiligen Einwohner der Hauptstadt unterschrieb Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin. Die einmaligen Zahlungen im Falle einer Verwundung (Quetschungen, Verletzungen, körperliche Dauerschäden) bei Erfüllung der Pflichten des Wehrdienstes betragen eine Million Rubel im Falle einer schweren Verwundung und 500.000 Rubel bei einer leichten Verwundung. Die einmalige Beihilfe im Falle eines Todes von Militärs beträgt drei Millionen Rubel.

Die Haushaltskollision aufgrund des Mangels an Mitteln für die Dienstbezüge für die einberufenen Reservisten vor dem Hintergrund der Zunahme der Verteidigungsausgaben werde gelöst, meint Sergej Markow, Direktor des Instituts für politische Studien. Nach seinen Worten reflektiere das Haushaltsgesetz gewöhnlicherweise nicht in vollem Maße die realen Ausgaben des Staates. „Gelder für die einberufenen Reservisten wird man in anderen Ausgabeposten finden. Manipulationen mit den Finanzierungsquellen sind heutzutage keine Seltenheit“, betonte der Politologe.

In der Tat, neben dem Posten „nationale Verteidigung“ sind die Ausgaben hinsichtlich des Abschnitts „nationale Sicherheit und Rechtsschutz“ erheblich angehoben worden. Im laufenden Jahr wird der föderale Haushalt hinsichtlich dieser Richtung fast drei Billionen Rubel ausgeben. Und im kommenden werden die Ausgaben für „die nationale Sicherheit und den Rechtsschutz“ 4,6 Billionen Rubel übersteigen.

Dabei entwickeln sich die Ereignisse rund um die militärische Sonderoperation so rasant, dass die im Haushaltsentwurf verankerten Zahlen wahrscheinlich bereits nach dem ersten Quartal des Jahres 2023 revidiert werden. Zumal sich derartige Budget-Korrekturen auch in den vergangenen Jahren ereigneten.