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Der „grüne“ Transit macht den Strom um 26 Prozent teurer


Die Preise für Elektroenergie könnten in Russland bis zum Jahr 2030 um vier Prozent ansteigen, und bis zum Jahr 2050 – um 26 Prozent. Und dies ohne Berücksichtigung der alljährlichen Inflationsrate. Dies erklärte am 27. Oktober Maxim Reschetnikow, Minister für Wirtschaftsentwicklung, bei der Präsentation eines Strategie-Entwurfs für die Entwicklung des Landes bei Reduzierung der Rolle von Kohlenstoff. Das Aufnahmevermögen der Wirtschaft des Landes soll dabei hinsichtlich des Kohlenstoffs und der Kohlenwasserstoffe im Jahr 2050 nur noch ein Sechstel im Vergleich zur heutigen Situation ausmachen, sieht eines der Szenarios vor. Während ein anderes Szenario aus dem gleichen Ministerium für Wirtschaftsentwicklung eine Reduzierung der CO2-Emission nur um das 1,5fache vorsieht.

„Im intensiven Szenario verringert sich das Aufnahmevermögen der Wirtschaft in Bezug auf Kohlenstoff und Kohlenwasserstoffen bis zum Jahr 2030 um das 1,3fache und um das 2,8fache bis zum Jahr 2050“, teilte Reschetnikow mit. „Ich meine das Verhältnis nicht von reinen Emissionen, sondern gerade der Treibhausgasemissionen berechnet auf angenommen einen Rubel des BIP. Wenn wir eine reine Emission nehmen, so wird die Effektivität der Wirtschaft bei uns um das 6fache dadurch ansteigen, dass die Absorption noch aktiv entwickelt wird“, sagte der Minister.

Der Chef des Ministeriums für Wirtschaftsentwicklung fügte hinzu, dass beide Szenarios eine Verringerung der Netto-Emissionen an Treibhausgasen bei einer Gesamtzunahme der Werte für die CO2-Emission durch das Wachstum der Wirtschaft prognostizieren würden. Entsprechend dem Projekt würden sich die Netto-Emissionen bei einer inerten Entwicklung im Jahr 2050 um 460 Millionen Tonnen verringern, im Ziel-Szenario – um 1,57 Milliarden Tonnen. Der gegenwärtige Umfang der Schadstoffemissionen in der Russischen Föderation wird mit 1,5 Milliarden Tonnen im CO2-Äquivalent beziffert. Bis zum Jahr 2050 werde eine Emission von zusätzlich 800 Millionen Tonnen erwartet, erläuterte man im Ministerium für Wirtschaftsentwicklung.

Bei Realisierung des intensiven Szenarios ist das Ministerium der Auffassung, dass bis zum Jahr 2060 im Land eine Kohlenstoff-Neutralität (Klimaneutralität – Anmerkung der Redaktion) erreicht werde (die meisten entwickelten Länder deklarieren derzeit das Erreichen dieses Zieles bis zum Jahr 2050).

Bis zum Jahr 2030 werden sich die Entwicklungsszenarios für das Land nicht stark unterscheiden. Bis 2030 wird vorgesehen, dass das durchschnittliche Jahreswachstum des BIP im Jahrzehnt 2,8 bis 3,2 Prozent ausmachen wird. Gleichzeitig wird bis zum Jahr 2050 die Differenz des Umfangs des BIP zwischen beiden Szenarios im Bereich von 69 Billionen Rubel erwartet – 195 Billionen im Vergleich zu 264 Billionen im Ziel-Szenario. Das Ministerium für Wirtschaftsentwicklung prognostiziert, dass das durchschnittliche Jahreswachstum der real zur Verfügung stehenden Einkommen der Bevölkerung der Russischen Föderation bis zum Jahr 2050 2,5 Prozent ausmachen werde (1,7 Prozent im inerten Szenario).

Im Ressort von Maxim Reschetnikow hat man konservativ das Potenzial der Zunahme der absorbierenden Fähigkeiten der Wälder und landwirtschaftlichen Nutzflächen bewertet, mit 665 Millionen Tonnen Absorptionsvermögen bis zum Jahr 2050 zusätzlich zu den aktuellen 535 Millionen Tonnen. Dabei ist dem Strategie-Entwurf ein Spektrum für das potenzielle Wachstum von 545 bis 935 Millionen Tonnen im CO2-Äquivalent zugrunde gelegt worden.

Reschetnikow ist der Auffassung, dass der Anteil der Stromerzeugung auf der Basis von Kohle in der internationalen als auch in der russischen Energiebilanz niemals bis auf Null zurückgehen werde. Solch eine Reduzierung werde wirtschaftlich nicht zweckmäßig sein. Nach seinen Worten sei eine Zunahme des Anteils der Nuklearenergetik, des Anteils der erneuerbaren Energiequellen und eine Modernisierung der Stromerzeugung auf der Basis von Gas geplant, wobei die Stromerzeugung mit Kohle reduziert werde, aber nicht bis auf einen Nullwert. Die Stromerzeugung auf der Basis von Kohle werde in erster Linie im Fernen Osten und in Zonen isolierter Energiesysteme wirtschaftlich effektiv sein.

Bis zum Jahr 2030 erwartet das Ministerium für Wirtschaftsentwicklung einen Rückgang des Kohle-Exports um etwa 13 Prozent bei einer Verringerung der Werte des Exports von Erdöl und Erdölprodukten sowie einer Steigerung des Gasexports durch verflüssigtes Erdgas. Im Strategieentwurf ist eine Verringerung des durchschnittlichen Jahresexports von Energieressourcen der Russischen Föderation bis zum Jahr 2050 um 19 Prozent fixiert worden, bis auf 130 Milliarden Dollar im Zielszenario. Und um 32 Prozent, bis auf 110 Milliarden Dollar im inerten Szenario. Dabei wird im intensiven Szenario eine 4fache Zunahme des Exports (ohne Energieträger) bis auf 690 Milliarden Dollar vorausgesagt.

Das angestrebte, das Ziel-Szenario des Strategieentwurfs sehe eine Zunahme der Stromkosten vor, in ständigen Preisen um vier Prozent bis zum Jahr 2030, teilte Reschetnikow mit. Und bis zum Jahr 2050 werde ein Preisanstieg ohne Berücksichtigung der Inflation um 26 Prozent erwartet.

Die nominellen Preise für Elektroenergie steigen in Russland aber weitaus schneller. Allein im Jahr 2020 stieg der Strompreis auf dem Großhandelsmarkt in Russland um 3,4 Prozent an. Und im Zeitraum 2001-2013, das heißt innerhalb von zwölf Jahren sind die Preise laut Angaben der Energieunternehmen schon um 620 Prozent oder fast um das 7fache angestiegen.

Das Ministerium für Wirtschaftsentwicklung erstellte eine Prognose für eine schrittweise der Zunahme der Preise für die Stromerzeugung, offensichtlich bereits mit Blick auf eine gewisse Inflationskomponente, die ständig präsent ist und in diese zusätzlichen 26 Prozent innerhalb der 30 Jahre nicht einfließt, urteilt Pjotr Puschkarjow, Chefanalytiker der Firma „TeleTrade“. „Im Falle des inerten Szenarios (gänzlich ohne eine Kohlenstoff-Wende) werden sich die Endpreise für Strom bis zum Jahr 2030 ganz und gar nicht ändern, womit sie den Berechnungen für das BIP in den sogenannten ständigen Preisen entsprechen, das heißt unter Abzug der alljährlichen Wirkung des Deflators für die durchschnittliche Zunahme der Preise in der Wirtschaft. Bei einem intensiven Szenario mit einer Energiewende, das zweifellos von den Verbrauchern, dem Etat, von den eigentlichen Stromerzeugern Aufwendungen verlangt und bestimmt die Selbstkosten für eine Kilowattstunde (Strom) erhöhen wird, ist aber vorgesehen, den Strompreis – und dies schneller als die gesamte Inflation – summarisch um vier Prozent bis zum Jahr 2030 anzuheben. Das heißt, in dieser Etappe langsam, und weiter augenscheinlich schneller, ausgehend von der Berechnung von bereits rund einem Prozent im Jahr, was im Endergebnis auch den Preis faktisch nicht anheben kann, aber den relativen Anteil der Kosten für die Elektroenergie in Bezug auf die Wirtschaft um die erwähnten 26 Prozent. In solch einem Querschnitt wird diese Zunahme der Selbstkosten für den Strom schon ganz und gar nicht bescheiden aussehen, obgleich sie dem Entwurf ein wenig, Jahr für Jahr zugrunde gelegt wird“, sagte der Experte der „NG“.