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Der parallele Import hat lediglich zu 13 Prozent geholfen


Die Dimensionen des Rückgangs der Importe verringern sich in der Russischen Föderation dadurch, dass man sich sowohl auf andere Lieferanten umorientiert als auch dank dem parallelen Import. Aber im dritten Quartal war der Import immer noch um 14 Prozent geringer als im Vergleich zum Vorjahr. Der russische Zoll informiert über eine Einfuhr von Waren aus der Liste der kritisch wichtigen über eine Summe von 17 Milliarden Dollar. Dies sind aber nur rund 13 Prozent vom gesamten für Russland kritisch erforderlichen Import. Der Föderationsrat (das Oberhaus des russischen Parlaments – Anmerkung der Redaktion) hat am Mittwoch nicht nur den Bericht des Leiters des Föderalen Zolldienstes, sondern auch den Rücktritt des Chefs des Rechnungshofs, Alexej Kudrin angenommen. Seine früheren Kollegen berichtetet am Mittwoch von einer fruchtbaren Zusammenarbeit mit dem Zoll.

Etwa zwei Millionen Tonnen kritisch wichtiger Waren mit einem Wert von 17 Milliarden Dollar sind seit Mai dieses Jahres im Rahmen des sogenannten parallelen Imports in die Russische Föderation eingeführt worden, berichtetet am Mittwoch Wladimir Bulawin, der Leiter des Föderalen Zolldienstes, im Föderationsrat.

Gerade im Mai hatte die Regierung ein Verzeichnis legaler Waren erstellt, die man in die Russische Föderation ohne eine Zustimmung ihrer Rechteinhaber einführen kann. Die Erzeugnisse des parallelen Imports seien keine Schmuggelware bzw. Fälschungen/Duplikate, erinnerte der Chef-Zöllner den Senatoren, sondern originale Qualitätserzeugnisse, deren Rechteinhaber es aus irgendwelchen Gründen vorziehen, nicht an einem Warenaustausch mit Russland teilzunehmen. Laut einer Prognose des Ministeriums für Industrie und Handel werde der Umfang des parallelen Imports entsprechend den Ergebnissen des Jahres 2022 zwanzig Milliarden Dollar ausmachen.

Der Zoll hat sich auf die neuen Umstände im Außenhandel – den Worten Bulawins nach zu urteilen – eingestellt. Er teilte beispielsweise mit, dass in den Zollämtern derzeit das Prozedere einer erstrangigen Abfertigung sozial bedeutsamer Waren angewandt werde. Um aber in der Hitze der Arbeit keine Schmuggelware und Falsifikate passieren zu lassen, setze der Föderale Zolldienst digitale Technologien ein, wobei er im Online-Regime vom Industrie- und Handelsministerium und Gesundheitsministerium die Informationen über erteilte Lizenzen und Expertisen erhält, was erlaube, eine Reihe von Waren automatisch abzufertigen.

Beamte behaupten, dass es derzeit mehr Versuche einer Einfuhr von Schmuggel- und gefälschten Erzeugnissen als in den relativ ruhigen Zeiten geben würde. Doch laut den Worten des Zoll-Chefs sei es ungeachtet alle Vereinfachungen und Unterstützungsmaßnahmen gelungen, die Qualität der Kontrolle zu bewahren und dem gewissenlosen Business und Kriminellen entgegenzuwirken. In den ersten zehn Monaten dieses Jahres seien über 19 Tonnen Drogen und andere stark wirkende Rauschmittel, aber auch über 78 Millionen Zigarettenschachteln eingezogen worden. „Diese Werte übertreffen bereits die Werte des gesamten Jahres 2021“, betonte Bulawin. Eingeleitet wurden 122.000 Ordnungs- und 1.600 Strafverfahren, als Strafen wurden beinahe 79 Milliarden Rubel eingenommen. Dies sind um 56 Prozent mehr als im vergangenen Jahr.

Dabei sehe die Situation mit der Einfuhr von Heilpräparaten aus ausländischer Fertigung recht ruhig aus, meint Bulawin. „In diesem Jahr sind 127.500 Tonnen Heilpräparate nach Russland eingeführt worden. Dies ist um 14,5 Prozent weniger als im vergangenen Jahr, aber um 20 Prozent mehr als im Jahr 2020“, betonte er. Den geringen Rückgang erklärte mit dem Nachlassen des Bedarfs an Anti-COVID-Präparaten, wobei er mitteilte, dass die europäischen Länder, solche wie Deutschland, Frankreich, Italien und Bulgarien, Spitzenreiter bei den Lieferungen von Waren bleiben würden, die nicht unter die Sanktionen fallen würden.

Zu einer der Maßnahmen zwecks Stimulierung der Wiederherstellung des Imports wird die Schaffung vereinfachter Zollkorridore, über die der Chef des Föderalen Zolldienstes berichtete. Sie funktionieren bereits mit China, Aserbaidschan und dem Iran. Verhandlungen über die Schaffung solcher Korridore erfolgen mit Usbekistan, der Türkei und mit Indien. Damit verbindet unter anderem auch der Zoll die Zunahme des Warenumsatzes mit China um fast 27 Prozent seit Jahresbeginn. Und er kann entsprechend den Ergebnissen von 2022 160 Milliarden Dollar erreichen.

Die Umorientierung der einheimischen Wirtschaft auf den Ost hat die Logistik der Anlieferung der Waren verändert. Im Zusammenhang damit haben sich an den Grenzübergangsstellen bzw. Grenzzollämtern Warteschlangen gebildet, beklagten sich am Mittwoch die Senatoren mehrerer Regionen bei Bulawin. Im Fernen Osten würden Trucks mitunter mehrere Wochen lang auf eine Abfertigung warten, teilte Senator Iwan Abramow mit. Und sein Kollege Wjatscheslaw Timtschenko lenkte die Aufmerksamkeit auf die Verzögerungen bei der Abfertigung von Holzerzeugnissen an der Grenze mit Kasachstan. Wladimir Bulawin parierte, dass aufgrund der neuen COVID-Restriktionen in China die Passierstellen an der Grenze mit diesem Land derzeit praktisch nicht arbeiten würden. (Ein Viertel der Wirtschaft der Volksrepublik China befinde sich im Zustand von Lockdowns, teilte der Analytiker Anatolij Klim von der Investitionsfirma „BKS Welt der Investitionen“ mit.) Was die Ausfuhr von Holzerzeugnissen angehe, so sei sie über Kasachstan nur per Bahn möglich. Folglich würden sich die Fragen eines Ausfuhrverbots per LKW im Zuständigkeitsbereich der Regierung befinden, betonte Bulawin.

Die Senatoren beklagten sich auch über Staus an der Grenze mit Aserbaidschan in Dagestan. Eine Warteschlange aus 3.600 LKW hätte sich am Grenzpunkt Jarag-Kasmaljar aufgrund saisonbedingter Gründe, der Rekonstruktion des Punktes und der Verstärkung der Sicherheitsmaßnahmen ergeben, berichtete Bulawin. Nach seinen Worten würde es jetzt keine Warteschlänge geben, die Grenzübergangsstelle würde mit voller Kapazität arbeiten. Außerdem errichtet das russische Business in der Stadt Hudat in Aserbaidschan ein großes Logistik-Zentrum, in dem man die gesamten aserbaidschanischen Agrarerzeugnisse, die nach Russland geliefert werden, sortieren, abwiegen, verpacken und versenden wird. In der Zukunft ist geplant, dort auch eine Zollabfertigung für Erzeugnisse aus dem Iran, aus der Türkei und aus Georgien vorzunehmen.

Bulawin fügte hinzu, dass derzeit aktiv ein Programm zur Rekonstruktion von Zollämtern realisiert werde. Insgesamt sei geplant, 84 Kontrollposten und Grenzzollämter zu rekonstruieren. In sechs von ihnen würden die Arbeiten schon abgeschlossen werden. In zehn befinde sich man im aktiven Stadium einer Rekonstruktion. Man hoffe, dass bis zum Beginn des kommenden Jahres die Arbeiten dort abgeschlossen werden.

„Der Import in Russland wird wiederhergestellt, wobei er sich von den minimalen Werten nach dem drastischen Einbruch im Frühjahr erholt. Während am untersten Punkt im April der Rückgang bis zu 30 Prozent auf das Jahr hochgerechnet ausmachte, so waren es im September lediglich etwa 15 bis 16 Prozent im Vergleich zum analogen Zeitraum des Jahres 2021. Am stärksten haben im September im Jahresvergleich die Lieferungen aus der Türkei zugenommen (um das 2,3fache), aus Kasachstan (um 41 Prozent) und aus China (um 21 Prozent)“, sagte der „NG“ Mark Goichman, Chefanalytiker der Investitionsfirma „TeleTrade“. „Mit dem größten Tempo wächst die Einfuhr von Konsumgütern. Die Hauptrolle spielt dabei der parallele Import. Laut Angaben des Föderalen Zolldienstes machte er Ende September 1,6 Millionen Tonnen über eine Summe von 12,6 Milliarden Dollar aus. Prognostiziert wurde, dass er entsprechend den Ergebnissen des Jahres zwei Millionen Tonnen und 15 Milliarden Dollar übersteigen kann“.

In der Perspektive sei eine weitere Zunahme der Mengen des Imports zu erwarten, meint der Experte. „Sein Hochschnellen ist vor dem Jahreswechsel traditionell. Im nächsten Jahr wird die Tendenz fortgesetzt werden. Die Preise werden sich offensichtlich adäquat der generellen Verbraucherinflation erhöhen. Die genauen Messungen der Änderung der Preise gerade für Verbraucherwaren sind schwierig. Man kann aber deren spürbare Zunahme annehmen. Dies fördern die Verkomplizierung der Logistik-Ketten, die Zunahme der Lieferentfernungen, das Auftauchen zusätzlicher Zwischenhändler sowie die Verteuerung der Kredite und des Zahlungsverkehrs“, sagte Goichman.