Unabhängige Zeitung

Private Tageszeitung

Der Taurus-Abhörskandal in der Staatsduma am Dienstag das Thema Nr. 1


Nachdem am 1. März die Chefredakteurin des russischen TV-Propagandasenders RT, Margarita Simonjan, das Protokoll eines Gesprächs von Bundeswehr-Offizieren über möglichen Lieferungen von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine veröffentlicht hatte, wurde dieses Thema zu einem Dauerbrenner für die staatlichen Medien. Nicht nur Empörung darüber, dass gerade deutsche hochrangige Militärs einen Beschuss der Krim-Brücke mit Taurus-Raketen erörterten, war da zu vernehmen, sondern auch die Forderung: Deutschland müsse sich erklären. Dem deutschen Botschafter in Moskau, Alexander Graf Lambsdorff, wurde im russischen Außenministerium diesbezüglich eine Demarche erklärt. Der TV-Sender Rossia-1 ging im Zusammenhang mit dem Abhörskandal noch weiter. In der Wochenübersichtssendung „Vesti Nedeli“ spekulierte der Moderator Dmitrij Kisseljow am 3. März über die Möglichkeit, dass Brücken in Deutschland ins Visier russischer Zirkon-Hyperschallraketen genommen werden könnten. Und er nannte auch konkrete Ziele – unter anderem die Fehmarsund-Brücke, die Rügen-Brücke in Stralsund und die Hohenzollernbrücke in Köln.

Natürlich wollte die Staatsduma, das russische Unterhaus, dem nicht nachstehen, zumal ihr offensichtlich Vollmachten für eine informationsseitige Absicherung der Außenpolitik des Landes eingeräumt worden sind. Am Dienstag behandelten die Volksvertreter einen Appell an die Bundestagsabgeordneten, der durch Leonid Sluzkij, Vorsitzender des außenpolitischen Ausschusses, eingebracht worden war. Im Verlauf der Duma-Sitzung begründeten Andrej Kartapolow und Wassilij Piskarjow, Vorsitzende des Verteidigungs- bzw. Sicherheitsausschusses, gleichfalls die Notwendigkeit des Dokuments. Letzterer erklärte im gleichen Atemzug, dass man sich noch an die Generalstaatsanwaltschaft Russlands wenden wolle, um Anklage gegen die namentlich bekanntgewordenen Bundeswehr-Offiziere wegen Vorbereitung eines Terroraktes zu erheben. Und Vize-Duma-Chefin Irina Jarowaja bezeichnete die publik gewordenen Gespräche gar als einen Beleg dafür, dass in Deutschland eine Rehabilitierung des Nazismus erfolge. Nach solch einer massiven Vorbereitung war der Ausgang der Abstimmung zum Appell an die deutschen Parlamentarier nur noch eine Formalität. 406 Abgeordnete votierten für den Appell (ohne eine Gegenstimme und Enthaltung), der nun durch Leonid Sluzkij über diplomatische Kanäle nach Berlin geschickt werden soll.

Die Redaktion „NG Deutschland“ veröffentlicht nachfolgend eine Übersetzung des Appells, der nach Meinung von Beobachtern ein widersprüchlicher sei, denn er würde die deutschen Parlamentarier wohl kaum zu einem konstruktiven Dialog animieren:

 

„Die Abgeordneten der Staatsduma der Föderalen Versammlung der Russischen Föderation halten es für prinzipiell wichtig, zeitgemäß und notwendig, sich an die deutschen Parlamentarier – die Mitglieder des Bundestages der Bundesrepublik Deutschland — im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Informationen über die Erörterung von Lieferungen von Taurus-Flügelraketen an die Ukraine und deren Einsatz durch ukrainische bewaffnete Formationen für Schläge gegen kritisch wichtige Objekte der zivilen Infrastruktur auf dem Territorium Russlands inkl. der Krim-Brücke über die Kertsch-Meerenge durch das deutsche Militärkommando zu wenden. Der Luftwaffen-Inspekteur, Generalleutnant I. Gerhartz instruierte hochrangige deutsche Offiziere, wie Lieferungen von weitreichenden Raketen in die Ukraine zu planen, eine beschleunigte Ausbildung ukrainischen Personals zu gewährleisten und ihm die erforderlichen Aufklärungsdaten für die Vernichtung einer überaus wichtigen Transportarterie, die russische Regionen verbindet, zur Verfügung zu stellen seien. Sich in den Traditionen der Hitler-Luftwaffe in keiner Weise um mögliche Opfer unter russischen Zivilisten, aber auch um die humanitären Folgen für die mehrere Millionen Menschen ausmachende Bevölkerung der Krim im Ergebnis einer Zerstörung der Krim-Brücke Sorgen zu machen, sorgt sich dieser hochrangige Militär ausschließlich darum, auf welche Art und Weise die Beteiligung der deutschen Streitkräfte an den geplanten Verbrechen des Kiewer Regimes zu verschleiern und die unweigerlichen Vorwürfe an die Adresse der politischen Führung der Bundesrepublik Deutschland, in erster Linie von Kanzler O. Scholz abzuwenden sind.

 

Aus den verbreiteten Tonaufnahmen ergibt sich direkt, dass die Aufgabe den Offizieren der Luftstreitkräfte durch einen der höchsten militärpolitischen Spitzenvertreter des Landes gestellt wurde, wahrscheinlich durch Verteidigungsminister B. Pistorius. Somit findet der Kurs zur Veranlassung des Kiewer Regimes zu einer Ausdehnung des Territoriums des militärischen Konfliktes und zur Fortsetzung des Terrors gegen die Zivilbevölkerung, der aus Washington aufgezwungen wird, auch in Berlin Unterstützung.

 

Die zahlreichen Fakten, die einen Einsatz westlicher Waffen und Munition durch die Ukraine belegen, aber auch eine Beteiligung von Militärangehörigen der USA, Großbritanniens, Frankreichs und anderer NATO-Länder inkl. Deutschlands an den Kampfhandlungen in der Ukraine, darunter als Ausbilder und Militärspezialisten, die sich mit der Wartung komplizierter Militärtechnik befassen, geben allen Grund, die Glaubwürdigkeit und die extreme Gefährlichkeit der Pläne, die von der Bundeswehr-Führung gehegt werden, zu bestätigen. Unter diesen Bedingungen lösen die Aussagen von Kanzler O. Scholz über die Unzweckmäßigkeit von Lieferungen von Raketen großer Reichweite in die Ukraine gesetzmäßige Zweifel aus und können auf eine Verschleierung der wahren Ziele der deutschen Politik in der ukrainischen Richtung abzielen.

 

Die Abgeordneten der Staatsduma rufen den Bundestag der Bundesrepublik Deutschland auf, eine objektive Untersuchung der Teilnahme von Bundeswehr-Angehörigen an Kampfhandlungen auf dem Territorium der Ukraine durchzuführen. Entgegen den Behauptungen, dass die Militärlieferungen an Kiew „einen Frieden näherbringen“, leidet heute gerade am meisten die Ukraine, die durch die Anstrengungen westlicher Möchtegernpolitiker in ein blutiges Testgebiet verwandelt wurde, auf dem die Armeen der NATO-Länder und die westlichen Unternehmen des militär-industriellen Komplexes Tests unterschiedlicher Muster von Waffen und Militärtechnik durchführen, aufgrund des Wunsches der Schirmherren Kiews aus der NATO, einen Krieg gegen Russland „bis zum letzten Ukrainer“ zu führen.

 

Entsprechend dem Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland vom 12. September 1990, dem gemäß von deutschem Boden nur Frieden ausgehen wird, sind jedoch die Handlungen, die den Frieden zwischen den Völkern zerstören können und dieses Ziel verfolgen, insbesondere die Vorbereitung zur Führung eines Angriffskrieges, verfassungsfeindliche und strafbare. Die Abgeordneten der Staatsduma rufen den Bundestag auf, keine Handlungen zuzulassen, die Deutschland in den bewaffneten Konflikt auf der Seite des faschistisch-terroristischen ukrainischen Regimes hineinziehen.

 

Die Staatsduma ist überzeugt, dass die erfolgreichen langjährigen Erfahrungen der sowjetisch-deutschen und russisch-deutschen Regulierung, die Vernunft des deutschen Volkes und der Parlamentarier, die dessen Willen zum Ausdruck bringen, erlauben werden, die Katastrophe einer direkten bewaffneten Auseinandersetzung zwischen Deutschland und Russland zu verhindern und den Beginn eines gegenseitig vorteilhaften politischen Dialogs im Namen des Friedens und Wohlergehens in Europa näherzubringen“.