In Berlin ist zu den Ergebnissen einer virtuellen Tagung der Finanzminister der G-7, die führende industriell entwickelte Länder vereint, eine Entscheidung zum sogenannten Preisdeckel für russisches Erdöl gefällt worden. Diese Obergrenze der Preise für russisches Rohöl soll bereits im Dezember wirksam werden, und für Erdölprodukte aus Russland – im Februar kommenden Jahres. Vorgesehen ist, dass die Länder von Russland kein Erdöl kaufen sollen, das über einem bestimmten Preisniveau liegt, das bisher nicht konkret bestimmt worden ist.
Die Entscheidung muss noch auf einer höheren Ebene bestätigt werden, es ist jedoch klar, dass es um den Versuch einer zwangsweisen Verringerung der finanziellen Einnahmen Russlands geht, mit denen – wie man in der G-7 meint – die Kampfhandlungen in der Ukraine finanziert werden. Die Finanzminister der USA, Kanadas, Großbritanniens, Japans, Deutschlands, Frankreichs und Italiens haben alle Länder aufgefordert, die von der Russischen Föderation Öl kaufen, sich an die Empfehlungen der G-7 zu halten und von Russland kein Erdöl über dem Preis, der gesondert festgelegt wird, zu erwerben. In einer entsprechenden Erklärung wird betont, dass die G-7-Länder anstreben würden, eine breite Koalition zu schaffen, um die Wirkung dieser Maßnahme zu maximieren. Moskau ist der Auffassung, dass die Einführung eines Preisdeckels den Ölmarkt destabilisieren werde.
Die Statistik belegt, dass der Anteil des Öl- und Gassektors am russischen BIP im vergangenen Jahr mehr als 17 Prozent ausmachte. Im ersten Quartal des laufenden Jahres machte er bereits 21,7 Prozent aus. Die Ölpreise schwanken weiterhin in Richtung einer Zunahme, was gerade mit den Befürchtungen der Verbraucher hinsichtlich dessen Mangels aufgrund der antirussischen Sanktionen zusammenhängt.
Die westlichen Länder besitzen Erfahrungen aus einer zwangsweisen Verringerung der Erdöleinnahmen Moskaus. Das Geschehen erinnert ein wenig an die Ereignisse der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, als die UdSSR nach Afghanistan einmarschierte. 1986 brach der Preis für einen Barrel Erdöl aufgrund der drastischen Forcierung der Erdölförderung durch Saudi-Arabien von 30 bis auf zwölf Dollar ein. Und die sowjetische Wirtschaft, die vom Öl abhing, begann zusammenzubrechen. Die Finanzminister der G-7 haben nicht ohne Grund unter den gegenwärtigen Bedingungen die Erdöl-Förderländer aufgefordert, ihre Förderung zu erhöhen. Freilich, heutzutage regulieren die zur OPEC gehörenden Staaten weiterhin die Ölförderung, da viele Unbestimmtheiten und Unsicherheiten auf dem Markt anhalten. Und sie werden sich wohl kaum auf eine drastische Anhebung der Förderung einlassen, um den G-7-Ländern zu gefallen.
Nur mit Erklärungen die Marktwirtschaft zu beeinflussen, ist recht schwierig. Daher haben sich die Finanzminister ein Instrument für die Realisierung ihrer Entscheidungen ausgedacht. Es steht mit der Versicherung der See-Transporte in einem Zusammenhang. Großbritanniens Schatzkanzler (Finanzminister) Nadhim Zahawi erklärte, dass die Restriktionen ein Verbot solcher Leistungen wie die Versicherung und Gewährung einer Finanzierung für Schiffe, die russisches Erdöl zu einem Preis über den abgestimmten Preisdeckel befördern, vorsehen würden. Eine ähnliche Maßnahme war bereits früher gegen den Iran eingeführt worden und hatte sich als eine recht erfolgreiche erwiesen. In der Perspektive werden die Seereedereien, die in ihrer Mehrheit russisches Erdöl unter fremder Flagge befördern, ohne eine Versicherung nicht auskommen können, die sich heute fast vollkommen in den Händen der G-7-Länder befindet. Der Iran musste seinerzeit vom Wesen her ein eigenes System zur Versicherung der internationalen Seetransporte schaffen. Das neue Instrument der G-7 ist eine ernsthafte Herausforderung für Russland, da es das gesamte System der Logistik umgestalten und den Bau eigener Tanker anschieben muss. Und das Wichtigste, es muss zum westlichen Versicherungs- und Rückversicherungssystem ein alternatives geschaffen werden. Gesucht werden müssen aber auch Verbündete im Versicherungswesen. Dies ist ein schwieriger und langwieriger Prozess, der nicht nur Gesetzesinitiativen, sondern auch wesentliche finanzielle Investitionen aus dem Etat der Russischen Föderation erfordert, gegen den die Maßnahmen der G-7 auch so – wie angenommen wird – einen Schlag führen werden.
Unter Berücksichtigung dessen desinformieren die auf einheimischen TV-Kanälen erklingenden hurrapatriotischen Erklärungen sogenannter Analytiker, dass der Westen ohne Erdöl aus der Russischen Föderation nicht auskommen werde, die russischen Politiker und Geschäftsleute und lenken sie von der Notwendigkeit einer schnellstmöglichen Suche nach einer Lösung dieses wichtigen Problems ab.