Die russische Staatskasse verliert weiterhin alljährlich über 100 Milliarden Rubel aufgrund der Ausdehnung des Schwarzmarktes für Tabakerzeugnisse. Die Ursachen für die Verluste sind die inadäquat hohen russischen Genusssteuern für Zigaretten und Alkohol, die zweimal höher als in Weißrussland und Kasachstan sind. Vor sechs Jahren hatten beim Petersburger Internationalen Wirtschaftsforum Beamte der Eurasischen Wirtschaftskommission versprochen, die Akzisen in allen Ländern der Eurasischen Wirtschaftsunion, zu der u. a. Russland, Weißrussland und Kasachstan gehören, anzugleichen. Aber dem sich ausdehnenden Schwarzmarkt nach zu urteilen, bleibt der Unterschied bei den Genusssteuern ein wesentlicher. Russische Staatsbeamte hoffen, dass man dieses Wirtschaftsproblem durch eine Verstärkung der polizeilichen Strafmaßnahmen in den Regionen lösen werden könne.
Der Genusssteuersatz für eintausend Filterzigaretten übersteigt in Russland mehr als 3.300 Rubel. Im benachbarten Kasachstan ist er halb so hoch. In der Bruderrepublik Weißrussland liegt diese Akzise unter 2.000 russischen Rubeln.
Bei solch einem Unterschied hinsichtlich der Akzisen und der Preise für Tabakerzeugnisse werden natürlich aus den Nachbarländern Millionen Zigarettenschachteln nach Russland gebracht. In den Grenzregionen Russlands liegt der Anteil illegaler Tabakerzeugnisse bereits über mehr als 33 Prozent. Und die russische Staatskasse erhält natürlich keinerlei Akzisen von den billigeren Tabakerzeugnissen aus Weißrussland und Kasachstan. Dabei werfen sich die russischen Finanzbeamten nicht sich selbst die Haushaltsverluste vor, sondern den Nachbarländern oder den Vertretern der Rechtsschutz- und Sicherheitsorgane, die angeblich schlecht die Einfuhr von Tabakerzeugnissen in die Russische Föderation kontrollieren würden.
Vor sechs Jahren hatten Vertreter der Mitgliedsländer der Eurasischen Wirtschaftsunion Pläne für ein Angleichen der Genusssteuern für Tabak und Alkohol angekündigt. Beim Petersburger Internationalen Wirtschaftsforum hatte 2016 der Vorsitzende der Eurasischen Wirtschaftskommission, Tigran Sarkisjan, versprochen, dass eine Harmonisierung der Genusssteuer-Sätze für Tabak und Alkohol schrittweise bis zum Jahr 2020 vorgenommen werden solle. Dabei solle durch die Länder die Dynamik des Ansteigens, darunter ein Nullwachstum oder eine Reduzierung, der Akzisen-Sätze in jedem Land abgestimmt werden. Doch auch im Jahr 2022 besteht zwischen den Ländern nach wie vor solch ein Unterschied bei den Akzisen, der zu einer Erweiterung des Schwarzmarktes in der Russischen Föderation führt.
Die Verluste für den föderalen Haushalt aufgrund des Schwarzmarktes an Zigaretten in der Russischen Föderation würden 100 Milliarden Rubel übersteigen, erklärte der 1. Stellvertreter des Haushaltsausschusses des Föderationsrates (des Oberhauses des russischen Parlaments – Anmerkung der Redaktion), Sergej Rjabuchin (Kremlpartei „Einiges Russland“), beim 25. Petersburger Internationalen Wirtschaftsforum, das am Samstag zu Ende ging. Nach seinen Worten sei ungeachtet der vom Staat in den letzten Jahren ergriffenen ernsthaften Maßnahmen zum Schutz des Marktes vor illegalen Tabakerzeugnissen für eine erfolgreiche Bekämpfung des Verkaufs illegaler Zigaretten ein wirtschaftliches Interesse der Regionen nötig.
„Wir sehen, dass der Anteil geschmuggelter Tabakerzeugnisse ein recht hoher ist. Die staatlichen Organe kämpfen ineffizient gegen geschmuggelte Tabakerzeugnisse. Man muss die örtlichen Machtorgane interessieren, die die Situation näher sehen. Zumal jetzt die Markierung (von Zigarettenverpackungen) zu verfolgen erlaubt, auf welchem Territorium, mit was für einer Genusssteuer und in welchem Umfang Tabakerzeugnisse verkauft wurden. Es gibt alle Grundlagen dafür, die Einnahmen aus den Genusssteuern zwischen den Regionen aufzuteilen. Dann werden sie interessiert sein“, teilte Alexander Bubnow mit, ein Unternehmer aus der Stadt Witschuga des Verwaltungsgebietes Iwanowo.
Nach Aussagen Rjabuchins habe Präsident Wladimir Putin früher die Initiative zur Umverteilung der Akzisen unterstützt, indem er der Regierung einen entsprechenden Auftrag erteilte. „Jetzt sei es Sache der zuständigen Institutionen“, unterstrich der Senator. Es geht um eine Genusssteuer von 15 Prozent, die aus dem föderalen in die regionalen Haushalte umverteilt werden sollen. Der föderale Haushalt werde durch die Umverteilung nichts verlieren, da im Endergebnis die Verkaufszahlen für die legalen Erzeugnisse zunehmen würden, ist sich der Senator sicher.
Das Setzen auf die Vertreter der regionalen Rechtsschutz- und Sicherheitsorgane kann jedoch bei solch einer großen Rentabilität des Business für den Transport von Zigaretten aus den Nachbarländern auch floppen. Ja, und die Zuversicht des Senators, dass die Bürger der Russischen Föderation zustimmen würden, mehr Geld für Tabakerzeugnisse unter den Bedingungen eines Rückgangs der Löhne und Gehälter sowie Einkommen auszugeben, erfordert gleichfalls eine Begründung, um nicht als inkompetent zu erscheinen.
Im November vergangenen Jahres hatte der Rechnungshof der Russischen Föderation gleichfalls empfohlen, Änderungen am Haushaltskodex des Landes vorzunehmen und einen Teil der Einnahmen, die durch die Akzisen für Tabakerzeugnisse erzielt werden, direkt in die Haushalte der Regionen zu transferieren. Anfang Juni dieses Jahres hat das Ministerium für Industrie und Handel die Initiative des Rechnungshofes und des Föderationsrates unterstützt.
Die Akzisen auf Tabakerzeugnisse brachten im Jahr 2021 rund 740 Milliarden Rubel in den föderalen Haushalt. Dabei machte der Anteil des illegalen Marktes laut Angaben einer Untersuchung des Nationalen wissenschaftlichen Zentrums für Kompetenzen im dritten Quartal des vergangenen Jahres mindestens 11,5 Prozent aus. In einer Reihe von Regionen der Russischen Föderation übersteigt der Anteil der illegalen Tabakerzeugnisse, die sich im Umlauf befinden, 40 Prozent. Laut einer Schätzung des Rechnungshofs der Russischen Föderation machte die Summe der Verluste für den föderalen Haushalt aufgrund der Realisierung illegaler Tabakerzeugnisse im Zeitraum von 2016 bis einschließlich des ersten Halbjahres des Jahres 2021 295,6 Milliarden Rubel aus, darunter 246,3 Milliarden Rubel in Bezug auf die Akzisen und 49,3 Milliarden Rubel hinsichtlich der MWSt., erinnerte die Moskauer Nachrichtenagentur Interfax.
Laut Angaben einer Untersuchung des Tabakmarktes, die das Unternehmen Nielsen durchgeführt hat, bleibe die größte Quelle illegaler Tabakerzeugnisse in der Russischen Föderation Weißrussland. Zigaretten aus weißrussischer Produktion würden 36 Prozent des gesamten Umfangs der illegalen Zigaretten, die in Russland verkauft werden, ausmachen. In Kasachstan hergestellte Zigaretten machen fast neun Prozent des illegalen Marktes aus. Etwas geringer ist der Anteil der Zigaretten aus Armenien, das ebenfalls Mitglied der Eurasischen Wirtschaftsunion ist. Insgesamt sind die Länder der Eurasischen Wirtschaftsunion Herkunftsgebiet jeder zweiten Packung, die ohne eine Zahlung der Akzise und anderer Steuern an den russischen Haushalt verkauft wird. Und Zigaretten aus russischer Fertigung mit einer verdächtigen Genusssteuermarke nehmen weniger als zehn Prozent des illegalen Marktes ein.