Die Hacker-Gruppierung „Cyber-Partisanen“ und das Kastus-Kalinouski-Regiment haben eine gemeinsame Erklärung über eine Vereinigung der Anstrengungen im Kampf gegen die derzeitigen weißrussischen Herrschenden abgegeben. Das Regiment will das Kampfpotenzial und den politischen Einfluss verstärken. Die Führungskräfte der Einheit positionieren sich als eine eigenständige Kraft und lassen sich auf keinen Kontakt mit dem Vereinigten Übergangskabinett der Opposition ein. Experten betonen jedoch, dass beide Lager keine reale Strategie für einen Sturz von Alexander Lukaschenko hätten.
Über eine Vereinigung des Kastus-Kalinouski-Regiments und weißrussischer Hacker hatten Vertreter beider Strukturen eine gemeinsame Erklärung abgegeben. Juliana Schemetowez, die einzige öffentliche Vertreterin der „Cyber-Partisanen“, erklärte, dass die Zusammenarbeit auf „das Zufügen eines Schadens für das weißrussische und russische Regime“ ausgerichtet sei.
„Es ist kein Geheimnis, dass unsere Zusammenarbeit bereits im Februar dieses Jahres begonnen hat. Die „Cyber-Partisanen“ helfen vielen Initiativen. Aber am intensivsten ist sie mit dem Regiment geworden. Wir sind der Auffassung, dass die Vereinigung unserer Ressourcen einer effektiveren Koordinierung dienen wird. Ich werde dem Stab des Kalinouski-Regiments beitreten“, erklärte Juliana Schemetowez. Sie erinnerte an die spektakulärste Aktion ihrer Gruppierung – an die Hacker-Attacke gegen die weißrussische Eisenbahn, die das Ziel hatte, die Bewegung von Zügen mit russischer Militärtechnik zu behindern.
Seinerseits unterstrich der stellvertretende Regimentskommandeur Wadim Kabantschuk: „Wir verkünden die Vereinigung des Kastus-Kalinouski-Regiments und der „Cyber-Partisanen“ zu einer gemeinsamen Struktur, die im Rahmen der Bewegung zur Befreiung von Belarus und des weißrussischen Volkes geschaffen wurde. Dies erfolgt für eine effektivere Koordinierung und die Effizienz unserer gemeinsamen Handlungen“.
In seinem Interview für die Internetressource „Charta 97“ (in Russland ist der Zugang zu dieser Seite eingeschränkt) beantwortete Kabantschuk die Frage, ob das Regiment bereit sei, die ukrainisch-weißrussische Grenze zu überschreiten. „Wir sind Militärangehörige der ukrainischen Armee. Und wir haben eine strikt vertikale Unterstellung. Daher kann ich nichts dazu sagen, was und auf was für eine Art und Weise (im Weiteren gehandelt wird – Anmerkung der Redaktion). Wir können in dem Fall auf das Territorium von Belarus gelangen, wenn die ukrainischen Streitkräfte entscheiden, die Kampfhandlungen auf das Territorium von Belarus zu verlagern. Ob dies im Ergebnis einer Gegenoffensive sein wird oder wird dies bereits irgendein Plan zur De-Okkupation von Belarus sein… Wir sind aber bereit, die Vorreiterrolle zu übernehmen. Und wir sagen dies unserer Führung“, erklärte der stellvertretende Regimentskommandeur.
Zur gleichen Zeit betonte er ab: „Wir erinnern uns an die ruhmreichen Traditionen des weißrussischen Volkes. Und jetzt gibt es da Menschen, die bereit sind, schon nicht mit Luftballons und Blümchen, sondern mit etwas Ernsthafterem eine De-Okkupation des Landes zu beginnen. Es ist klar, dass die Menschen einen bestimmten Trigger brauchen, bestimmte Ereignisse. Zu diesem Trigger kann der Beginn einer Landoperation werden. Daher habe ich keine Zweifel, dass sie im grenznahen Bereich gestoppt werden. Danach folgen eine Zerschlagung und ein Roll-Back. Ich denke, dass diese Frage schon lange herangereift ist. Sie ist sogar überreif geworden. Darüber, dass man dieses Regime liquidieren muss, dass hinsichtlich seines Wesens einfach ein Marionetten-Regime ist und eine permanente Bedrohung nicht nur für die Ukraine, sondern auch für die ganze Region darstellt“.
Bezeichnend ist, dass die Vertreter des Regiments beim Sprechen über Pläne und Perspektiven vollkommen die international anerkannte Anführerin der Opposition, Swetlana Tichanowskaja, und ihr Vereinigtes Übergangskabinett ignorieren. Dies musste Valerij Sachastschik, der Vertreter dessen Blocks für Sicherheits- und Rechtsschutzfragen, eingestehen, als er Journalistenfragen bei einer jüngsten Pressekonferenz dieses Kabinetts beantwortete. „Mit dem Stab des Regiments haben sich bei mir irgendwie keine Kontakte herausgebildet. Ich mache daraus keine Tragödie. Ich habe mir dennoch einen Plan abgesteckt. Ich hoffe, dass dieser Plan realisiert wird und wir normal zusammenwirken werden“, erklärte Sachastschik.
Das Problem bestehe jedoch darin, dass es nach Meinung von Experten eigentlich keinen klaren Plan für einen Kampf gegen Alexander Lukaschenko seitens seiner Gegner gebe. Sie alle würden versuchen, sich auf ein und dieselbe falsche Behauptung zu stützen.
Der politische Analytiker Alexander Klaskowskij kommentierte für die Internet-Ressource „Der Blick. Nachrichten über Belarus“ („Позірк. Навіны пра Беларусь“) so die These der Opposition, die unter anderem aktiv der Vertreter des Vereinigten Übergangskabinetts für den Machttransit, Pawel Latuschko, zu implementieren versucht: „Die Motivation Latuschkos ist derart: „Die Anerkennung des Status von Belarus als ein okkupiertes Territorium gibt uns die Möglichkeit einer legalen Anerkennung alternativer Machtorgane – de facto und de jure. Dies gibt uns die Möglichkeit der Schaffung von Streitkräften der Republik Belarus im Ausland. Dies gibt das Recht, eine nationale Befreiungsbewegung innerhalb von Belarus zu schaffen. Und all diese Handlungen werden legale sein. Wir stellen die Frage nach einer De-Okkupation“.
Der Experte erläutert: „Anders gesagt: Die Gegner Lukaschenkos würden gern über die Annahme gewisser Formulierungen ihn als einen politischen Akteur „für null und nichtig erklären“ und dadurch ihre Legitimität erhöhen. Aber durch bequeme Formulierungen wird sich das Wesen der Situation nicht verändern. … Der Herrscher von Belarus und seine ganze (Macht-) Vertikale sind nirgendwohin verschwunden. Lukaschenko setzt selbst die Kader ein, bestimmt das Wesen der Innenpolitik – von einem voluntaristischen Einfrieren der Preise bis zum Grad der Repressalien (die er offenkundig nicht einzustellen gedenkt)“.
Klaskowskij konstatiert: „Das Label einer äußeren Okkupation ist offenkundig für die Oppositionsführer bequem. Dies ist aber ein Anpassen der Wirklichkeit an ein Schema, wodurch die alte Opposition einst gesündigt hatte. Es sei hervorgehoben, dass sich der Westen nicht beeilt, den Vorschlag aufzugreifen. Augenscheinlich, weil dies nicht sehr mit den Parametern des internationalen Rechts zusammenpasst. Ja, und aus rein praktischer Sicht überlegt da irgendwer wahrscheinlich, Lukaschenko „für null und nichtig zu erklären“. Vielleicht gelingt es da doch noch, einen Keil zwischen ihm und Russland zu treiben“.
Außerdem wird ein gewaltsames Szenario an sich kaum Unterstützung in Weißrussland finden. Der Experte unterstreicht: „Das rhetorische Setzen der Gegner des Regimes auf ein gewaltsames Szenario für dessen Ablösung spielt eher Lukaschenko in die Hände, der einen weiteren Anlass erhält, die Flüchtigen – wie er sich ausdrückt – zu dämonisieren und mit der Angst des Durchschnittsbürgers vor einem Bürgerkrieg zu spielen“.